Die Kristallhexe
antwortete. »Ich kann verstehen, dass du mich nicht liebst. Um ehrlich zu sein, bin ich jahrelang morgens aufgewacht und habe mich gefragt, womit ich dieses Glück verdient habe. Dass eine Frau wie du etwas an mir finden konnte ...«
»Du langweilst mich.«
»Denke nicht an mich, Angela, sondern an deine Kinder. Lass dich von mir scheiden, bring mich um, wenn es sein muss, aber lass sie nicht im Stich. Sandra und Luca brauchen eine Mutter.«
Angelas Mundwinkel zuckten. »Dann sollten sie anfangen, nach einer zu suchen, denn ich bin es nicht.«
»Was?«, stieß Laura hervor.
»Ich bin nicht ihre Mutter, dieser Körper vielleicht, aber nicht ich. Ich bin auch nicht Angela, sondern Angelina, die Reinkarnation von Alberichs Urenkelin. Von ihr habe ich meine Kräfte.«
»Nein, das kann nicht sein.« Ungeachtet der Gefahr ging Felix auf sie zu. Naburo und die Todfeinde spannten sich an. »Alberich hat dir diese Gedanken eingepflanzt, um dich zu verhöhnen und sich an uns zu rächen. Du bist keine Reinkarnation, du bist Angela.«
»Ich bin Angelina!«, schrie sie. Eiszapfen bildeten sich an ihren Fingern. Sie holte damit aus und schleuderte sie Felix entgegen. Er duckte sich, und sie bohrten sich über ihm ins Regal. »Angelina!«
»Wenn ich mich kurz einmischen dürfte.« Alberich hob die Hand wie ein Schuljunge, der sich in der Klasse meldete. »Er liegt nicht ganz falsch, um genau zu sein, stimmt erstaunlich viel von dem, was er sagt.«
Angela ließ die Hände sinken. Ihr Blick flackerte, ihr Gesicht spannte sich an. »Was soll das ...?«
Alberich ließ sie nicht ausreden. »Du bist nicht die Reinkarnation von Angelina. Sie ist möglicherweise nicht einmal tot.«
»Du lügst.« Angelas Stimme zitterte. »Du willst mich schützen, damit sie mich nicht umbringen, sollten wir den Kampf verlieren.«
»Loyal bis zuletzt.« Alberich seufzte lächelnd. »Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als ich dir erzählte, wer du seist. Du wolltest es mit solcher Macht, dass ich keine Magie brauchte. Es war fast schon zu leicht. Aber der Sex wurde danach um einiges besser.« Seine Blicke zogen Angela gleichsam aus. »Phänomenal besser.«
»Warum sagst du so furchtbare Dinge?«, flüsterte sie. »Ich bin Angelina. Ich habe sogar ihre Kräfte.«
»Das war wirklich Glück. Du bist talentiert, für den Rest hat der Turm gesorgt - und ich natürlich. Du kannst mir glauben, ohne diese kleine Scharade wäre der Aufenthalt für uns beide hier schrecklich langweilig geworden. Brettspiele, Patiencen, Spaziergänge bei Sonnenuntergang ... grauenhaft.«
Laura konnte Angela kaum noch ansehen. Die Worte schnitten wie Messer in sie. Auf einmal wirkte die Kleidung, die sie trug, nicht erotisch, sondern lächerlich. Make-up lief mit ihren Tränen in schwarzen Bahnen über ihr Gesicht.
Alberich schien das nicht einmal zu bemerken. »Und so konnten wir die Zeit genießen. Jetzt gehst du zurück zu diesem ...«
»Felix«, flüsterte Angela.
»... und ich ...« Alberich unterbrach sich. Sein Blick fiel auf den Dolch in Lauras Hand. »Und ich mag nicht, was ich da sehe, also lebt wohl.« Er fuhr herum, setzte einen Fuß in das Portal.
Alles geschah gleichzeitig.
»Er entkommt!«, schrie Spyridon. »Laura!«
Der Dolch in ihrer Hand wurde auf einmal schwer. So lange hatte sie auf die Gelegenheit gewartet, Alberich töten zu können, doch nun sah sie seinen ungeschützten Rücken, holte aus - und zögerte.
»Wirf!«, schrie Naburo. »Mach schon!«
Alberich war kein Mensch, niemand, der Gnade verdient hatte. Er war ein Ungeheuer, eine Kreatur des Bösen, ein tyrannischer, sadistischer Despot.
»Wirf!«, rief nun auch Yevgenji - und Laura warf.
»Lass mich nicht zurück!« Angela stieß den Satz im gleichen Moment hervor, als Laura die Waffe losließ, und sprang. Quälend langsam und doch unaufhaltsam schnell drehte er sich in der Luft und schoss dem Portal und Alberichs Rücken entgegen. Und bohrte sich in Angelas Seite.
Alberich verschwand. Das Portal begann zu flackern. Ausschnitte von Landschaften wechselten sich in rasender Geschwindigkeit ab. Wie erstarrt stand Laura da. Angela schrie entsetzlich schrill auf und taumelte in das Portal hinein.
»Nein!« Felix sprang vor. Naburo stieß Laura zur Seite und hechtete auf ihn zu, doch seine Fingerkuppen streiften nur noch Felix’ Hemd, dann war er ebenfalls im Portal verschwunden. Der Riss fiel mit einem lauten Zischen in sich zusammen. Das Portal hatte sich geschlossen.
Wie durch
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