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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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einen Fehler begangen hatte. Er war nicht bereit, diesen Kampf auszufechten, und das wusste Sandra aus Dutzenden ähnlicher Gespräche ganz genau.
    »Doch, Papa.« Sie lächelte nach wie vor. »Mein Seelenheil ist mir wichtiger als deine Befehle.«
    Damit drehte sie sich um - und wäre beinahe mit Luca zusammengestoßen, der im Türrahmen stand. Felix fragte sich, was er alles mitgehört hatte.
    »Luca«, sagte Sandra erfreut. Sie breitete die Arme aus und schürzte die Lippen.
    Ihr Bruder wich geistesgegenwärtig einen Schritt zurück. »Hör auf mit dem Mist. Das ist eklig.«
    »Du wirst es schon noch verstehen«, sagte sie, dann ging sie über den Platz auf Norberts Hütte zu.
    Luca trat ein. Felix konnte sehen, dass das, was er gehört hatte, ihn wütend machte. »Weißt du, dass sie heute wieder herumgelaufen ist und Leute geküsst hat? Sie hat einen Typen quer über den Platz verfolgt, bis er vor ihr in den Wald geflohen ist. Du musst ihr das verbieten, Papa.«
    Müdigkeit legte sich wie eine schwere Decke auf Felix’ Schultern. Er hatte einen wenn auch einseitigen Streit hinter sich, ein zweiter überforderte ihn.
    »Wie denn?«, fragte er.
    »Weiß ich nicht. Du bist doch der Vater hier, oder?« Luca lehnte sich an den Balken in der Mitte der Hütte und sah ihn an. »Willst du denn wirklich gar nichts unternehmen, um sie zurückzuholen?«
    Felix zuckte mit den Schultern. Angela hätte eine Lösung gewusst, aber er war hilflos. »Das ist nur eine Phase«, sagte er lahm. »Ich hatte in ihrem Alter ebenfalls ein paar davon. Das geht schon vorbei.«
    Täuschte er sich, oder las er Enttäuschung in Lucas Blick? Er war sich nicht sicher.
    »Papa, das ist keine Phase. Sie rennt herum und infiziert Leute mit ihren Küssen. Sie verwandelt sie in ...« Er suchte nach dem richtigen Wort. »Glückszombies.«
    »Jetzt übertreibst du aber. Ich weiß, dass du das glaubst, aber das ist schon weit hergeholt.«
    »Nein.« Luca schüttelte den Kopf. »Die Verstrahlten da draußen werden von Sandra erschaffen. Mit ihren Küssen bringt sie die Leute erst zu Rimmzahn. Und du tust nichts dagegen!«
    Luca hatte recht. Felix senkte den Kopf und betrachtete den Boden vor sich. Er versuchte, sich vorzustellen, wie Angela an seiner Stelle reagiert hätte, bemerkte dann aber plötzlich, dass es ihm schwerfiel, sich ihr Gesicht vorzustellen. Angst und Trauer überkamen ihn. Sein Unterbewusstsein begann bereits, Angela aus der Erinnerung zu tilgen, so als glaubte es nicht, dass sie jemals zurückkehren würde. Hatte er wirklich die Hoffnung verloren?
    Erst als Luca auf die Tür zuging, erkannte Felix, dass er ihm nicht geantwortet hatte.
    »Ich gehe zu den Höhlen, was essen«, sagte sein Sohn.
    »Bleib nicht zu lange weg.«
    Luca winkte nur ab und ging. Felix schloss die Augen. Ich verliere sie alle, dachte er. Erst Angela, dann Sandra und jetzt Luca. Was soll ich tun?
    Ein Schrei ließ ihn hochfahren.
    »Feuer!«

9
     
    Wandlungen
     
    A ngela gelang es zwar, die Scherben zu beseitigen, doch die Schäden an Wänden und Boden konnte sie nicht vertuschen. Trotzdem hob Alberich nur kurz eine Augenbraue, als er das Zimmer betrat. Kurz ließ er den Zeigefinger über den tiefen Kratzer in der Wand gleiten. Er sagte nichts.
    Sie aßen, was der Turm ihnen gewährte: gebratenes Huhn, frisches Brot und eine Soße aus Datteln, Honig und Essig. Alberich bestellte, ohne Angela zu fragen, aber sie beschwerte sich nicht. Das Essen schmeckte, ebenso der Wein. Draußen war es dunkel geworden. Wie eine schwarze Decke lag der sternenlose Himmel über der Landschaft. Kühle Nachtluft wehte in das Zimmer herein und ließ die Kerzen auf dem Tisch flackern.
    »Wo kommt das alles her, was der Turm uns gibt?«, fragte Angela nach einer Weile, als ihr Alberichs Schweigen zu viel wurde.
    Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht genau. Wahrscheinlich erschafft der Turm diese Dinge auf magische Weise. Er existiert bereits so lange, dass er die gängigsten Wünsche mittlerweile verstehen dürfte.« Alberich leckte sich die Finger ab. Im ganzen Zimmer roch es nach Huhn. »Ich könnte mir vorstellen, dass man ihm am Anfang die Grundlagen beigebracht hat. Was ist ein Huhn? Was passiert, wenn man es brät? Wie sieht eine Tasse aus oder ein Handtuch? Es gab sicherlich eine Menge Probleme, bis der Turm verstand, was man von ihm wollte.«
    Angela betrachtete den Schenkel, den sie bereits zur Hälfte gegessen hatte. »Dann glaubst du nicht, dass er diese Dinge jemandem

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