Die Kristallwelt der Robina Crux
nicht! Also!“ Er hatte sie an sich gezogen, ihr einen flüchtigen Kuß auf die Wange gedrückt und war in den Fahrstuhl getreten.
Und sie hatte gefühlt, danach, als er abgeflogen war, daß er ihr zwar doch fehlen würde, daß er aber recht, nur zu recht hatte.
Aber wozu könnte ich nützlich sein? Ob hier eine Robina Crux existiert oder nicht, das ist so gleichgültig!
Niemand und nichts hat ein Recht, mir das Messer, mit dem ich das Seil zerschneide, zu entwinden. „Die da draußen…“, und da käme wieder die Donassche Geste, „sind für ihre Entscheidungen verantwortlich!“ Stimmt das?
Aber da sind doch noch die Anderen, die hier das Funkfeuer, jene Kuppel mit der pulsierenden Lichtquelle, zurückließen! Langsam, ganz langsam fand Robina in die Wirklichkeit zurück. Ja, die Anderen! Sie richtete sich auf.
Sie könnten doch wiederkommen, mich finden! Und – und, Robina stieg eine heiße Welle zu Kopf, und ich wäre der erste Mensch, der Kontakt mit ihnen hätte!
Einen winzigen Augenblick lang kostete Robina aus, wie sie in einem fremden Raumschiff auf der Erde landen und den entgegeneilenden Menschen fremde, intelligente Wesen als ihre Retter und Freunde vorstellen würde.
Fast unbewußt drehte sie am Ring. Sie fühlte das Klicken, als die Sicherung wieder einrastete.
Dann verzog Robina die Mundwinkel: Was will Mandy festgestellt haben? Das Funkfeuer sei vor mehr als vierhundert Erdjahren errichtet worden, und. nichts deute darauf hin, daß seine Erbauer in der Zwischenzeit auch nur einmal hiergewesen seien. Und von der Erde? Dort wissen sie zwar, daß wir den Boliden entdeckt haben, aber wer wird in zehn Jahren – eher werden sie auf keinen Fall hiersein können – dieses vagabundierende Mineralstäubchen finden? So gut wie ausgeschlossen ist das! Wieder spielte Robina am Ring.
Aber diese Anderen! Sie könnten morgen, in den nächsten Stunden schon hiersein. So ein automatisches Feuer errichtet man nicht einfach so – um es dann völlig im Stich zu lassen. Die Energiequelle müßte doch wenigstens aufgefrischt werden…
Als könnte sie es nicht erwarten, sprang Robina auf und wandte sich dem Ausgang zu. Ihre Bewegung war zu heftig gewesen. Sie stieß an die Decke, der Anzug schabte über hervorstehende scharfkantige Tetraeder. Robina stützte sich mit den Händen ab und drückte sich durch die Ausgangsöffnung. Das plötzliche Aufspringen vervielfachte den bohrenden Kopfschmerz.
Draußen stand Robina und blickte zum Himmel. Schnell zogen die Sterne, kalt wie vordem. Keiner brach aus der Starre seiner Zuordnung, veränderte die Position. Keine Hoffnung, daß ein wanderndes Lichtpünktchen künstlichen, vernünftigen Ursprungs sein könnte.
„Verrückt!“ sagte Robina laut. Sie griff sich an den Kopf. „Die Arzneikassette werde ich holen!“ Und ohne noch einmal zum Eingang der Grotte hinüberzusehen, marschierte sie forsch drauflos, ungeachtet des unerträglichen Pochens in den Schläfen und ungeachtet der vier Stunden Wegs, die vor ihr lagen.
Robinas optimistische Anwandlung währte nur kurze Zeit.
Später hätte sie nicht zu sagen gewußt, wie sie zur Grotte zurückgekommen war.
Schon am Wrack hatte sie sich den Medikamentenkoffer und einen Konservencontainer wie in Trance aufgeladen, hatte dann mechanisch, Schritt für Schritt, den Rückweg angetreten. Das schmerzhafte Pochen in den Schläfen hatte nachgelassen, hatte einem Gefühl Platz gemacht, als bestünde der Kopf aus einem großen Gefäß mit Flüssigkeit, die nach jeder Drehung, dem Gesetz der Schwere folgend, noch ein Stück weiter schwappte. Dieser Zustand hatte Robina taumeln lassen und sie an den Rand der Besinnungslosigkeit gebracht.
Sie hatte das unbändige Verlangen gespürt, den Kopf in kaltes Wasser zu tauchen. An der Grotte angekommen, hatte sie mit Mühe die Schleuse geöffnet und erst wieder geschlossen, als das Gas bereits ausströmte. Sie hatte den Helm abgerissen, sich mit Wasser aus einem Kanister übergossen – und dann wußte sie nichts mehr…
Später, irgendwann, befand sie sich in einem Pulk von Sternen, in dem sie mitflog, die dann auf sie zukamen, zu Feuerbällen anschwollen, ganz knapp an ihr vorbeiglitten, platzten und als Kristalle davonstoben. Aus dem All tauchte die leuchtende Bolidenschale auf. Und einen Augenblick lang befand sich Robina unter den Gefährten. Sie standen alle vier in der Steuerzentrale, hatten trotz der Meteoritenwarnung den Panzerschild von der Vollsichtscheibe genommen
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