Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kristallwelt der Robina Crux

Die Kristallwelt der Robina Crux

Titel: Die Kristallwelt der Robina Crux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
ausgeschnittene Teil der Pyrittreppe abklappen mußte, wenn er oben belastet wurde. Deutlich zeichneten sich an den Seiten zwei Stummel eines Rundmaterials ab, die offenbar ein Scharnier bildeten. Robina spürte Erregung: Vor ihr lag wieder ein Zeugnis vernünftigen Wirkens.

    Vorsichtig stieg Robina nach oben. Als sie die letzte Stufe betrat, fühlte sie einen Hub unter den Füßen. Sie drehte sich um. Langsam, wie in Zeitlupe, klappte die Treppe hoch. Aber bevor der stufige Quader wieder eins mit der Pyritkaskade wurde, hatte Robina eine Öffnung dahinter gesehen.
    Auf Überraschungen gefaßt, betrat Robina das ausgeschnittene Stück erneut, diesmal mit dem Gesicht der Treppe zugewandt. Nachdem sie die Mitte überstiegen hatte, begann sich der Untergrund langsam zu bewegen. Sie balancierte sich aus. Wie bei einer Wippe gelang es ihr, das Kippen zu beeinflussen.
    Vor Robina tat sich eine Öffnung auf, Stufen, an die sich die Schwingtreppe anglich. Ein Gang führte nach unten, in den Boliden hinein: Die Wände waren verwaschen farbig, lumineszierten intensiv. Manchmal zeichneten sich an den Stößen Schlieren ab, oft war das Ebenmaß durch emporführende Schlote und Metallintrusionen gestört. Robina zögerte. Was wird geschehen, wenn ich weitergehe? Die Treppe wird hochklappen! Und – wird sie sich von der anderen Seite öffnen lassen?
    Das ist anzunehmen. Der Mechanismus ist sicher nicht als Schutz gegen unbefugtes Betreten gedacht, eher gegen Naturunbilden.
    Obwohl Robina eigentlich überzeugt war, daß ihr der Rückzug nicht abgeschnitten werden würde, versuchte sie sich zu sichern.
    Sie trat abermals hinaus, band das Seil an einen Berghaken, den sie in die mulmigen Asbestsäulen getrieben hatte, prüfte die Festigkeit und ließ dann die Treppe abermals nach unten wippen. Beim Hochklappen würde sich das Seil einklemmen, und durch Zug müßte sich dann die Treppe auch von innen bewegen lassen.
    Wenige Augenblicke später erwies sich diese Vorsichtsmaßnahme als unbegründet. Die Unterfläche des Treppenstücks war ziemlich roh bearbeitet, und oben, in etwa anderthalb Meter Höhe, befand sich eine Vertiefung wie eine in einem gefliesten Bad eingelassene Seifenschale. Wenn man mit beiden Händen dort anfaßte, was Robina natürlich sogleich probierte, ließ sich der Stein mühelos nach unten ziehen. Hände! Bei dem Gedanken wurde es Robina eigenartig wohl und leicht. Sie schritt die Treppe leichtfüßig nach unten, aber nur sieben oder acht Meter. Rechts im Gang befand sich eine Vertiefung, einer Türfüllung nicht unähnlich. Über einen Spalt hinweg führte sie in eine Kabine aus milchglasartigem Material. Der Vergleich mit einem Fahrstuhl drängte sich nachgerade auf. Sechs durch einen Ring zusammengefaßte fingerkuppengroße Vertiefungen in einem Tableau an der linken Wand verstärkten den Eindruck noch. Sensoren!
    Aus der gesamten Anlage schloß Robina, daß es ein Schrägaufzug sein mochte, der der Treppe parallel lief. „Lieber nicht!“ beantwortete sie sich selbst die Frage, obwohl sie brennend gern ausprobiert hätte, ob die Einrichtung funktionierte. Sie begann, mit einem zunehmenden Ziehen in der Magengegend, die Stufen abwärts zu steigen.
    Es wurde beschwerlich. Der Gang war höchstens ein Meter und siebzig hoch und gar nicht so regelmäßig beschaffen, wie es, von oben her gesehen, den Anschein gehabt hatte. Außerdem ließen sich die Stufen miserabel steigen. Sie zwangen zu Trippelschritten, weil sie zu niedrig und nicht breit genug waren.
    Aber immerhin, es war eine Treppe, die irgendwohin, zu irgend etwas führte, und das zählte.
    Flüchtig kam Robina der Gedanke, daß die Abmaße Schlüsse auf den Körperbau der Bauherren zuließen.
    Entdeckereifer und blanke Furcht wetteiferten in Robina – und aufflackernde Hoffnung, Hoffnung, vielleicht doch nicht die gesamten fünfunddreißig Jahre…
    Und auch Freude verspürte sie. Freude darüber, daß es ihr vergönnt war, wenn auch rein zufällig, aber was bedeutete das schon – dem Geheimnis des Funkfeuers näher zu kommen wie kein anderer Mensch. Der nächste Mensch, der den Boliden betreten würde, bekäme Kenntnis von Robina Crux' Entdeckung, jawohl! Und wenn es noch so lange dauerte.
    Die Treppe fiel mit nahezu fünfzig Gon ab. Robina bereute, die Stufen nicht gezählt zu haben, aber das ließ sich nachholen. Als sie mit Zählen begann, hatte sie vielleicht schon dreihundert hinter sich. Und noch immer war das Ende nicht abzusehen.
    Wieder

Weitere Kostenlose Bücher