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Die kritische Dosis

Die kritische Dosis

Titel: Die kritische Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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an, die auf der Karte stand.
    Das Bürogebäude wenigstens gab es. Aber an der Tür, hinter der laut Visitenkarte die Geschäftsleitung der feudalen Firma hätte schalten und walten sollen, stand auf einem Schild: »Helen Loomis, Schreibbüro«. Darunter, in Klammern: »Telefon-Kundendienst«. Darüber eine ganze Latte von Namen, hauptsächlich von Hüttenwerken. Die Dawson Diskont- und Effekten-Verwertungs-AG war nicht dabei.
    Ich trat ein.
    Das Büro bestand aus zwei Räumen, einem Vorzimmer und dem eigentlichen Kontor, mit einem Schild »Privat« versehen, das vermutlich den Kunden für Geschäftsgespräche zur Verfügung stand.
    Die Frau am Vorzimmerschreibtisch, eine elektrische Schreibmaschine neben sich, hatte in ihrem Leben schon etliche Quadratkilometer gutes weißes Papier vollgetippt. Ihre Augen waren verwaschen und müde, aber auf ihr Aussehen hatte sie große Sorgfalt verwandt, so daß man ihr Alter ebensogut auf fünfzig wie auf fünfundsechzig schätzen konnte. Sie strahlte nüchterne Tüchtigkeit aus.
    Sie war eine von jenen Hunderttausenden von Frauen, die als Tippse anfangen, zur Sekretärin aufsteigen, heiraten und den Beruf an den Nagel hängen. Wenn dann der Mann stirbt und sie wieder arbeiten müssen, stellen sie fest, daß sie für die guten Jobs nicht mehr jung und wendig genug sind. Im Gegensatz zu Hunderttausenden von Frauen aber hatte Miss Loomis mit schierer Beharrlichkeit wieder eine annehmbare Stellung ergattert und sich stetig hochgearbeitet, bis irgendein Oberboss befunden hatte, in ihrem Alter sei sie nicht mehr dekorativ genug und gehöre eigentlich aufs Abstellgleis.
    Aber Helen Loomis war nicht bereit gewesen, sich aufs Abstellgleis schieben zu lassen. Sie hatte genug Geld zusammengekratzt, um zwei Räume in einem Bürohaus mieten zu können, hatte sich einen Kundenstamm gewonnen, der ihr ein Auskommen als Schreibbüro-Chefin sicherte, hatte einen Telefonkundendienst eröffnet und diente einem halben Dutzend hoffnungsvoller Firmengründer, die sich kein eigenes Büro leisten konnten, sowie vermutlich einigen zweifelhaften Existenzen, die auf dem Versandwege Geschäfte machen Wollten, als Briefkastenfirma.
    »Miss Loomis ?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Ich habe gehört, daß Sie einen Telefonkundendienst unterhalten und Büroräume zur Verfügung stellen.«
    »Sehr richtig.«
    »Dazu habe ich einige Fragen. Ich möchte hier in Denver eine Firma auf die Beine stellen. Wie hoch sind Ihre Gebühren?«
    »Das kommt ganz auf die Art der Firma an, auf den Arbeitsanfall und auf die Zahl der Telefongespräche.«
    »In meinem Fall wären es wahrscheinlich nicht mehr als ein Anruf pro Tag und nicht mehr als dreißig Briefe im Monat. Aber ich brauche vermutlich ab und zu das Büro.«
    »Für geschäftliche Unterredungen steht Ihnen dieser Raum dort zur Verfügung, und... Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Lam«, antwortete ich. »Donald Lam.«
    »Und welcher Art sind Ihre Geschäfte, Mr. Lam?«
    »Ich bin Investitionsberater«, sagte ich. »Ich möchte klein anfangen.«
    »Ich berechne fünfundvierzig Dollar für Entgegennahme und Weitergabe von Nachrichten, für das Namensschild an der Tür, den Telefon- und Kundendienst und Benutzung des Kontors in angemessenem Rahmen. Selbstverständlich sind Sie nicht mein einziger Kunde, und da sind Überschneidungen nicht zu vermeiden.«
    »Vielen Dank«, sagte ich. »Das muß ich mir erst noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich gebe Ihnen in den nächsten Tagen Bescheid.«
    »Einverstanden. Aber sagen Sie... Wie sind Sie ausgerechnet auf mich gekommen?«
    »Ein Kunde hat Sie empfohlen«, sagte ich. »Ein gewisser Clayton Dawson.«
    Ihr Blick wurde wachsam. »Ich habe doch gleich Ihre Stimme erkannt. Haben Sie nicht vorhin angerufen und Mr. Dawson sprechen wollen?«
    »Ganz recht. Ich bin ein alter Bekannter von ihm und wollte mich eigentlich von ihm bei Ihnen einführen lassen.«
    »Meine Kunden sind selten hier«, meinte sie. »Sie lassen ihre Geschäfte hauptsächlich durch mich abwickeln.«
    »Und Sie wissen nicht, wo ich Clay jetzt erreichen könnte?«
    »Clay?«
    Ich lachte entschuldigend. »Clayton Dawson, meine ich.«
    »Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Mr. Dawson war heute schon hier. Er hat sich einen Eilbrief abgeholt und ist wieder gegangen. Seine Privatadresse habe ich leider nicht.«
    »Na, wenn er sich wieder blicken läßt, richten Sie ihm doch bitte aus, er möchte sich mit seinem alten Kumpel Donald Lam in Verbindung

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