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Die kritische Dosis

Die kritische Dosis

Titel: Die kritische Dosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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sinnierte Mrs. Chester. »Das Gesetz schreibt vor, daß ein Autofahrer anhalten und Hilfe leisten muß, wenn er mit einem Fußgänger zusammenstößt, aber davon, daß ein Fußgänger anhalten und Hilfe leisten muß, wenn er mit einem Autofahrer zusammenstößt, steht nirgends etwas. Jedenfalls ist mir nichts davon bekannt.«
    »Haben Sie in den einschlägigen Paragraphen nachgesehen?« fragte ich.
    »Jemand hat für mich nachgesehen«, antwortete sie.
    »Sie haben mit Donald Lam einen Vergleich über zehntausend Dollar geschlossen?« fragte Sellers.
    »So war das nicht«, protestierte sie. »Donald Lam wird Ihnen sagen, wie es wirklich war.«
    »Das möchte ich ja gerade von Ihnen hören.«
    »Ja, also — es war so: Donald Lam kam zu mir. Zuerst gab er sich als Zeitschriftenvertreter aus. Dann erzählte ich ihm von dem Unfall, und er sagte, er hätte einen Bekannten, der manchmal solche Schadensersatzansprüche aufkauft und dann einen Prozeß anstrengt und sich eine goldene Nase daran verdient. Ich habe angedeutet, daß das Geschäft mich interessiert.«
    »Mit anderen Worten: Wenn er genug zahlte, würde kein Prozeß stattfinden«, sagte Sellers.
    »Ach wo! Er wollte meinen Anspruch aufkaufen, weil er sich einen Gewinn davon versprach.«
    Sellers starrte zur Abwechslung einmal mich an. »Wissen
    Sie, halbe Portion, hier ist irgendwas nicht astrein. Hoffentlich haben Sie saubere Finger behalten.«
    »Ich kann nur bestätigen, daß ich gesagt habe, ich käme nicht von der Versicherung und hätte nicht die Absicht, ihr einen Vergleich vorzuschlagen. Ich hätte aber einen Bekannten, der manchmal — als eine Art Spekulation — derartige Ansprüche auf kauft.«
    Sellers warf mir einen finsteren Blick zu. »Das haben Sie ja wieder mal fein hingekriegt.«
    »Nach ihrer Darstellung hatte sie beste Aussichten auf Schadensersatz, vorausgesetzt, daß der Wagen gefunden wurde, der den Unfall verursacht hat.«
    »Aha!« meinte Sellers. »Und wie der Zufall so spielt, war der Mann, von dem Sie sich das Geld holten, der gleiche Mann, der den Unfallwagen fuhr...«
    An der Tür wurde energisch geklopft, und eine Männerstimme forderte: »Aufmachen!«
    Mrs. Chester sprang eilfertig auf und öffnete.
    Ein Mann in den Fünfzigern, mit breiten Schultern, Stiernacken, rotem Gesicht, blanken braunen Knopfaugen und einem Kinn, das einem Preisboxer zur Ehre gereicht hätte, fragte: »Was, zum Teufel, geht hier vor?«
    Sellers stand auf, die Zigarre wippte angriffslustig nach oben. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Marvin Estep Fowler, Rechtsanwalt, und vertrete Mrs. Chester. Ich möchte wissen, was hier vorgeht. Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Sergeant Sellers.« Er zog seine Brieftasche hervor und ließ seine Dienstmarke vor Fowlers Nase aufblitzen.
    »Nicht so hastig«, sagte Fowler, als Sellers das Lederfutteral wieder in die Tasche stecken wollte.
    Er nahm es ihm aus der Hand, sah sich die Dienstmarke an und bemerkte tiefsinnig: »Aha. Los Angeles.«
    »Sehr richtig«, meinte Sellers harmlos.
    »Ich wußte gar nicht, daß die Stadtgrenzen von Los Angeles sich bis nach Nevada ausgedehnt haben«, sagte I Fowler.
    »Haben sie auch nicht.«
    »Dann ist das nicht Ihr Amtsbezirk«, meinte Fowler.
    »Ich gehe einem Hinweis nach. Einem wichtigen Hinweis.«
    »Dazu meldet man sich bei der Polizei am Ort, holt einen Kollegen dazu und bearbeitet den Fall mit ihm gemeinsam — wohlgemerkt unter seiner Verantwortung.«
    »Dazu war keine Zeit«, meinte Sellers. Aber seine Zigarre senkte sich um drei Grad.
    Der Anwalt wandte sich an mich. »Und wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Lam. Donald Lam.«
    Mrs. Chester meldete sich. »Das ist der, von dem ich Ihnen gestern abend erzählt habe, Mr. Fowler. Der mir das Geld gegeben hat und dem ich unterschreiben mußte, daß ich ihm alle Schadensersatzansprüche übertrage.«
    »Auf Ihrem Zettel stand aber, daß Sie im Bad auf mich warten«, sagte Fowler zu Mrs. Chester.
    »Er hat die Tür eingetreten«, meinte sie und zeigte auf Sellers.
    »Was hat er getan?«
    »Die Tür hat er eingetreten.«
    »Zeigen Sie mir das mal.«
    Sie führte ihn zum Badezimmer und zeigte ihm das zersplitterte Holz.
    »Das ist ja eine schöne Geschichte«, sagte Fowler.
    »Moment — habe ich das richtig kapiert, Mrs. Chester?« fragte Sellers. »Sie sind ins Badezimmer gegangen, haben das Fenster auf gemacht und einen Zettel hinausgeworfen?«
    Sie strahlte ihn an. »Richtig. Ich wollte meinen Anwalt dabeihaben. Das kann mir kein Mensch

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