Die Krone der Macht
sollten. Sarja rastete darum auch nicht in einem der Dörfer, um neugierigen Fragen zu entgehen. Zwar waren ihre Vorräte fast gänzlich aufgebraucht, aber die Stadt war nahe, wo sie alles bekommen würde, was sie benötigte.
Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Sarja das Stadttor von Farona e rreichte. Die Straße in die Stadt war breit und gut gepflastert, und Sarja kam an vielen erleuchteten Fenstern vorbei. Da es noch nicht spät war, begegnete sie auch noch einigen Bürgern, die in Geschäften oder zum Vergnügen noch unterwegs waren. Die Blicke, die man ihr zuwarf, waren nicht unfreundlich, aber doch kritisch.
Farona war eine recht große Stadt, und man war den Anblick von Fremden g ewöhnt. Doch Bewaffnete in voller Rüstung sah man doch selten. Nur die Stadtwachen und gelegentlich Männer aus dem Heer der Königin kamen in diesem Aufzug. Fahrende Kämpfer waren selten in diesen Zeiten.
„Ach“ , dachte Sarja, die die Blicke wohl bemerkte, „hoffentlich verhütet ein gütiges Schicksal, dass ihr euch nicht bald an diesen Anblick gewöhnen müsst!“
Sarja kam zum Marktplatz und fand ein Wirtshaus. Sie band die Tiere vor der Tür an und betrat die Gaststube. Als der Wirt sie sah, kam er auf sie zu und fragte: „Womit kann ich dienen, Gnädiger Herr?“
Sarja antwortete: „Vor der Tür stehen meine Pferde. Wenn du die versorgen willst, bitte ich für mich nur um ein Nachtmahl und eine kleine Stube zum Schlafen.“
„Ihr sollt alles so haben, wie Ihr es wünscht, junger Herr“, sagte der Wirt. „Setzt Euch nur schon ruhig irgendwo nieder. Für alles weitere werde ich Sorge tragen.“
Der Schankraum war gut besetzt, und an fast allen Tischen saßen fröhliche Zecher, die immer wieder auf das Wohl von Königin Maridor und der neu gekrönten Königin Sarja anstießen. Schankmädchen und Hausknechte rannten hin und her, um neue Krüge mit Wein zu bringen und dampfende Speisen aufzutragen. Als man den jungen Edelmann bemerkte, trat einer der Leute an Sarjas Tisch.
„Edler Herr, Ihr kommt doch gewiss aus der Hauptstadt?“ fragte er. „Sagt, wie war die Krönungs- und Geburtstagsfeier?“
„Du bist dumm!“ sagte ein anderer. „Die Feier war erst gestern. Wie kann der Herr davon berichten? Man reitet mindestens fünf Tage von Ellowa bis hier her.“
„Ach ja, das stimmt!“ meinte der Erste verlegen. „Wie schade! Ich hätte gern etwas von der schönen Prinzessin erfahren.“
Sarja war mit den Ministern übereingekommen, den Tod der Königin und den Verlust der Krone vorerst noch geheim zu halten, um das Volk nicht zu beunruhigen. Daher sagte sie: „Ich kann euch trotzdem Neuigkeiten berichten, obwohl ich fürchte, dass es nicht die sind, die ihr gern hören wollt.“
Von allen Seiten traten die Menschen zu Sarjas Tisch, um die Nachrichten zu hören, die sie brachte.
„Keine gute Botschaft ist es, die ich bringe, denn die Krönung hat nicht stattgefunden, da unsere Königin erkrankt ist. Die Feier wurde verschoben, bis Maridor wieder genesen ist. Doch fürchten wir, dass das lange dauern wird, denn die Krankheit ist ernst. Ich bin in einem Auftrag der Königin unterwegs und gleichzeitig soll ich diese Nachricht überbringen.“
Erschrockenes Schweigen herrschte zuerst rings herum, doch dann stürmten die Leute mit Fragen auf Sarja ein, denn die Königin wurde vom Volk sehr geliebt.
„Fragt mich nicht“, sagte Sarja, „denn mehr kann ich euch auch nicht sagen, da ich selbst nicht mehr weiß. Aber bald werden Herolde kommen, die euch Genaueres sagen werden. Bittet nur die Götter, dass sie das Unheil von unserem Volk abwenden. Doch nun bitte ich euch, mich allein zu lassen. Ich habe eine lange Reise hinter mir und bin hungrig und müde.“
Mit gesenkten Köpfen gingen die Leute an ihre Tische zurück, die Fröhlichkeit war verschwunden. Nur noch leises Stimmengemurmel war zu hören, und nach und nach verließen die Leute das Gasthaus. Der Wirt brachte Sarja das Essen und einem Krug mit Wein: „Schlimme Nachrichten bringt Ihr uns, junger Herr. Doch sagt, ist noch Hoffnung, oder wird Maridor sterben?“
„Ach, guter Mann“, seufzte Sarja, „die Lage ist ernst. Doch sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich alles noch zum Guten wendet. Noch ist der Königsthron nicht verwaist, denn wir haben ja noch die Prinzessin. Sie wird alles tun, was in ihren Kräften steht, um das Volk vor allem Unheil zu bewahren. Darum
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