Die Krone der Macht
überlassen?“
„Das ist bereits geklärt“, erwiderte Ástino. „Wir werden mit allem versorgt werden.“
„Halt!“ warf Sarja ein. „An eines haben wir nicht gedacht: Wir haben kein Pferd für Ástino!“
„Doch, ich habe ein Pferd“, trumpfte Ástino auf, „und eines, das sich mit den Euren wohl messen kann! Es ist ein unscheinbares Tier, und man sieht ihm nicht an, was in ihm steckt. Aber es ist schnell wie der Wind und so klug, wie ihr ein zweites kaum finden werdet. Ich kaufte es einst um ein paar Kupfermünzen von einem Bauern, der es vor einem Pflug gespannt hatte. Es war erbärmlich abgemagert und darum nicht in der Lage, den Pflug zu ziehen. Er prügelte auf das arme Tier ein. Ich verdrosch ihn kräftig und ließ ihm dann die Wahl, mir entweder das Pferd zu verkaufen, oder eine verbesserte Auflage der soeben bezogenen Prügel zu erhalten. Er hat das Erste vorgezogen.“
Nador und Sarja brachen bei dieser todernst vorgetragenen Geschichte in herzliches Lachen aus. Ástino war ein Mann nach ihrem Geschmack und hatte das Herz auf dem rechten Fleck.
„Da dieser Punkt nun auch geklärt ist“, sagte Sarja, „lasst uns noch ein paar Stunden schlafen. Ich bin todmüde.“
6. Die Verfolgung
Der Morgen graute, als Ástino Sarja und Nador an der Schulter rüttelte.
„Wacht auf!“ sagte er. „Wir sollten aufbrechen, ehe das ganze Lager auf den Beinen ist, denn ich hasse Abschiedsszenen und bin auch nicht gewillt, Erklärungen abzugeben.“
Schnell kleideten die beiden sich an und zogen die neuen Kettenhemden über. Das zweite Kettenhemd passte Nador, als wäre es für ihn angefertigt worden. Ástino trug bereits die Lederweste, die der Händler für ihn ausgesucht hatte. Alle drei gürteten eines der neuen Schwerter. Das vierte wurde im Gepäck verstaut. Dann gingen sie leise zu den Pferden. Die beiden Männer sattelten auf und beluden dann das Packpferd, während auch Sarja ihr Tier fertig machte. Dann führten sie die Pferde so geräuschlos wie möglich aus dem Lager. Erst als sie das Lager ein Stück hinter sich gelassen hatten, saßen sie auf und jagten im Galopp davon. Sie hielten auf die Handelsstraße zu, die nach Nabea führte. Frühnebel hing über den Feldern und verbarg die Landschaft vor ihren Augen. Keiner der drei sprach ein Wort, jeder hing seinen Gedanken nach. Sie waren bereits einige Zeit geritten, als Sarja das Schweigen brach.
„Ich weiß nicht recht“, meinte sie, „wir sind einfach losgeritten, ohne darüber zu beratschlagen, ob wir auch den richtigen Weg einschlagen. Ich bin nicht sicher, ob Nabea wirklich unser Ziel sein sollte. Ich weiß aber auch nicht, welche andere Richtung wir einschlagen sollten.“
„So wirst du den Stein befragen müssen“, antwortete Nador. „Hätten wir den dritten Gefährten schon gefunden, müssten wir versuchen, das Meer zu erreichen, um Dorons Insel zu finden. Dann wäre unser Ziel klar. Nur in Gendana können wir ein Schiff anheuern, das uns übers Meer bringt. Doch so kann auch ich keinen Rat geben. Die Richtung, in die wir jetzt reiten, ist immer noch dieselbe, die der Stein vor den Toren Ellowas wies.“
Sarja zügelte ihr Pferd und sprang ab. Wie schon beim ersten Mal begann sie sich - den Stein vor sich hinhaltend - langsam im Kreis zu drehen. Und wieder flammte der Stein auf. Diesmal jedoch wies er ihnen den Weg fast in entgegengesetzter Richtung zum Meer hin.
„Ach du liebe Güte!“ rief Ástino. „Das heißt, dass wir wieder nach Mandora zurück müssen. Na, die werden sich schön wundern, wenn wir dort wieder auftauchen.“
„Nein, wir werden nicht dorthin zurückkehren!“ sagte Nador bestimmt. „ Wir werden einen Bogen um die Stadt schlagen, der so groß ist, dass wir auch die Dörfer nicht berühren, die in der Nähe der Stadt liegen. Ich möchte so wenig wie möglich gesehen werden. Vielleicht gelingt es uns so, unsere Spur zu verwischen, denn bedenkt, Sarja fühlte in der Stadt die Anwesenheit des Feindes. Also ist man uns auf den Fersen.“
Kurz entschlossen lenkte er sein Pferd vom Weg ab. Sarja und Ástino, der das Packpferd am Zügel führte, folgten ihm. Wenig später erreichten sie den Saum des Waldes. Dieser Wald hatte sich schon seit einiger Zeit zu ihrer rechten Hand hingezogen und musste riesig groß sein, denn soweit das Auge blickte, war sein Ende nicht abzusehen. Nador ritt ohne Zögern in den Wald hinein. Es war nicht schwer
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