Die Krone von Camelot
in Artus’ Gesicht verwandelte sich jetzt in einen gequälten Blick, erschöpft, als ob seine Kraft ihn verließe und er nicht mehr viel länger aushalten könne. Ich wußte: Er hatte nicht vor, mich zu demütigen. Von Menw wußte er nur sehr wenig - und wahrscheinlich hatte er das wenige, das er wußte, vergessen. Die Urteilssprüche waren gnädig, erstaunlich gnädig, ausgefallen. Und ich wollte nicht bei ihm betteln und ihn bitten, den Spruch zu ändern, und ihm erklären. Er wünschte keine Erklärungen, und ich wollte mich nicht an seiner Gnade festklammern und weinen. Ich wollte die Bande der Liebe nicht ausnutzen, die vierzehn Jahre, die wir miteinander verbracht hatten, um eine Bitte zu verstärken wie ein Bettler, der eine Eiterbeule vorzeigt. Ich hatte ihm weh getan, und er wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Das reichte, um mich verstummen zu lassen bis zum Tod.
Als Artus vom Podium herabtreten wollte, trat Medraut vor ihn. »Herr«, sagte er, »ich bitte dich, mir zu erlauben, mein Eintreten für deine Ehre deutlich zu machen. Laß mich diese Frau zu ihrer Familie zurückgeleiten.«
Artus schaute ihn nur an.
»Ich bin zutiefst bewegt, Herr«, fuhr Medraut fort und konnte Artus nicht in die Augen schauen, »über das Unrecht, das du erlitten hast. Und ich bin eifrig darauf bedacht, weiteres Unrecht zu verhindern, indem ich dafür sorge, daß diese Frau in sicherem Gewahrsam gehalten wird und daß sie nicht ihren Wachen
entschlüpft und schamlos hinter ihrem Liebhaber herrennt.«
Artus wandte sich ab und ging mit seinem langen, festen Schritt zum Ausgang hinüber. »Du redest sehr unverschämt von meiner Frau, Sohn des Lot«, warf er zu Medraut hinüber, ohne sich umzudrehen. »Aber wie du willst. Cei, wähle fünf andere, die ihn begleiten sollten - nicht Gawain und nicht dich selbst, denn euch brauche ich. Sie sollen morgen früh losreiten.«
Cei, der Artus vom Hohen Tisch hinunter gefolgt war, schaute hinter ihm her, während er durch die Menge schritt, die vor ihm dahinschmolz. Dann drehte er sich selbst um und machte ein wildes, finsteres Gesicht. Gwyn sprang vom Podium und kam zu ihm herüber. »Laß mich mit Lady Gwynhwyfars Eskorte reiten«, bat er.
Medraut warf Gwyn einen giftigen Blick zu. Aber Cei nickte ihm zu, grinste und schlug ihm auf die Schulter. Gwyn lächelte zurück und kam zu mir herüber. Er war noch immer sehr verwirrt über das, was geschehen war, aber er neigte mehr dazu, Medraut die Schuld zu geben als mir. Das war unvernünftig, aber freundlich. »Wenigstens werde ich noch eine weitere Woche oder zwei die Freude haben, in deiner Gesellschaft zu sein, my Lady«, sagte er.
Ich lächelte. Ich stellte fest, daß mein Gesicht steif war und daß es weh tat zu lächeln. Plötzlich hatte ich den Wunsch, mich irgendwo hinzusetzen und allein zu sein. Ich wollte nicht weinen, sondern einfach stillsitzen, bis der Schmerz verging. »Danke, Gwyn«, sagte ich rauh. »Herren, laßt mich zurückgehen in mein Haus, damit ich mich auf die Reise vorbereiten kann.«
Cei nickte, und ich ging mit meinen Wachen hinüber.
Ich sah Artus erst, als ich am nächsten Morgen abreiste. Es war der letzte Tag des Juni, und das Tageslicht kam früh. Die Sonne stand schon hoch, als ich mich der Gruppe, meiner Eskorte, bei den Ställen anschloß. Aber trotzdem war es noch früh. Sechs Krieger standen da: Medraut, sein Freund Rhuawn und Gwyn mit drei anderen von der Gruppe der Getreuen. Es waren auch vier Diener dabei, und unsere Gruppe hatte sechzehn Pferde. Auf mich wartete mein eigenes Pferd, meine wunderschöne, temperamentvolle kleine Fuchsstute, und sie wieherte eifrig, als sie mich sah, und schnupperte an meiner Hand und suchte nach Äpfeln. Gwyn reichte mir die Hand, um mir in den Sattel zu helfen, und wir ritten unter dem blaßblauen Himmel los. Ich hielt mich in der Mitte, und meine Eskorte flankierte mich, und die Diener kamen hinter uns mit den Packpferden. Die Leute von Camlann drängten sich dicht an der
Straße, die zum Tor führte, und betrachteten unseren Zug. Zu meiner Überraschung rief jemand, sobald wir den Stall verlassen hatten, »Leb wohl, edle Dame!« Und viele andere nahmen den Ruf auf. Eine Frau stürzte aus der Menge, zwang die Eskorte zum Halten und reichte mir einen Strauß Rosen und ein Päckchen mit süßen Weinkuchen. »Das Glück sei mit dir, my Lady«, sagte sie, nahm meine Hand und preßte sie an ihre Stirn. Ich erkannte Eivlin, die Frau von Gawains Diener.
Weitere Kostenlose Bücher