Die Krone von Camelot
den Kopf. Ich zögerte. Dann blieb ich stehen und machte den schweren Wintermantel von dem einen los, der so starrte. Ich zog das Kleidungsstück hoch. Ich würde es brauchen, und der Wächter spürte die Kälte nicht mehr.
»Ja. gut«, sagte Rhuawn, der selbst zitterte. »Und die Armreifen, nimm die auch. Hier, nimm auch meine. Du wirst Geld
brauchen. Ich muß dein Pferd holen.«
»Ich könnte nicht auf meiner Stute durch das Tor reiten, und du könntest sie nicht aus den Ställen holen. Aber würden sie dich durch die Tore hinauslassen? Dann nimm irgendein Pferd - nicht meins -und sag. sag, du hättest eine Botschaft nach Caer Uisc zu bringen und du nähmst ein Ersatzpferd mit. Führ die Tiere um den Wall herum zu Llarys Feld, auf der anderen Seite der Mauer. Dort kann ich sie überklettern.«
»Ja. Ich bringe dein Pferd. ein Pferd.« Rhuawn holte tief Luft.
»Und deins - hast du die Zeit, kannst du durch das Tor hinausreiten?« fragte ich, denn er schien mir in solcher Verwirrung, daß ich nicht sicher war, ob er mich verstanden hatte.
»Sie werden mich nicht aufhalten«, erwiderte er.
»Dann triff mich am anderen Ende von Llarys Feld, sobald du kannst. Bei Llarys Feld.«
»Ja, ja. ich werde. die Pferde holen.« Er schüttelte wieder den Kopf und sagte nichts, während ich mir die Kapuze meines Mantels über den Kopf zog und in die Dunkelheit hinausrannte.
Zu dieser Nachtzeit war es ruhig in der Burg, und die paar, die unterwegs waren, sahen mich nur als Gestalt, die sich gegen den Wind gekrümmt hat. Der Schnee fiel dichter, als ich die Baumgruppe erreichte, wo ich mich früher mit Bedwyr getroffen hatte. Ich blieb stehen und beobachtete. Nach kurzer Zeit ging über mir auf der Mauer der Posten vorüber, und sobald er gegangen war, eilte ich hinüber zu der Vorratshütte, kletterte von dem Holzstoß daneben auf das Dach hoch und arbeitete mich von da auf den Wehrgang hinauf, der am Rand der Mauer entlanglief. Ich blieb stehen, keuchte von der Anstrengung, befestigte dann mein Deckenseil an einem eisernen Krampen. Ich mühte mich über die Mauerkrone und kletterte ein Stückchen das Seil hinab. Dann fiel ich - meine Hände waren noch immer zu taub, um fest zuzupacken. Bei dem Fall verstauchte ich mir den Knöchel und fiel Hals über Kopf in den Schlamm des Feldes. Aber ich sprang wieder auf und versuchte, das Seil loszuschütteln. Es hatte keinen Zweck - es ging nicht ab. Ich würde einfach hoffen müssen, daß der Wächter es im Schnee irgendwie nicht bemerkte. Ich stolperte von der Mauer weg, den Graben hinab, das Ufer hinauf. Ich machte mich auf den Weg zum anderen Ende des Feldes und hoffte, daß Rhuawn es schaffte, mit den Pferden durch das Tor zu kommen. Ich glaubte nicht, daß ich weit laufen konnte. Ich war noch nicht weit gekommen, als ich den Wächter auf der Mauer als Silhouette vor dem Himmel sah, und ich fiel im Lehm des gepflügten Feldes auf die Knie, hüllte mich in meinen Umhang und betete, daß er das Seil nicht sah. Er ging vorüber, ohne mir einen Blick zuzuwerfen. Ich war einfach ein dunkler Fleck in dem Schwarzweiß des Feldes und des Schnees. Als ich sicher war, daß er weg war, sprang ich auf und fiel wieder um, als mein Knöchel unter mir nachgab. Ich setzte mich, fühlte die Tränen der Erschöpfung in meinen Augen und wünschte mir, ich hätte an diesem Tag doch etwas gegessen. Aber es blieb mir nichts anderes übrig, als hinüberzustolpern zum anderen Ende des Feldes und dort zu warten. Da saß ich und lehnte mich an den Zaun. Der nasse Schnee fiel vom schweren Himmel, und alles war sehr, sehr still.
Nach einer dunklen Ewigkeit hörte ich Hufschlag und das Klingeln von Pferdegeschirr und stand auf. Das Geräusch wurde deutlicher: Zwei Pferde. Ich humpelte vorwärts.
Da ragten sie aus der Dunkelheit hervor, eine undeutliche Gestalt auf einem dunklen Tier und ein anderes Pferd am Zügel. Ich rief Rhuawns Namen, und die kleine Gruppe hielt.
»Hier«, sagte ich. Er kam herüber, saß ab und half mir in den Sattel. Ich schämte mich, weil ich seine Hilfe brauchte.
»Dein Pferd hat Constans gehört, es heißt Schwerttänzer«, sagte Rhuawn. »Es ist ein Schlachtroß, gut ausgebildet.« Ich nickte, nahm die Zügel und tätschelte den Hals des Tieres. Das Pferd zuckte unruhig mit den Ohren, unsicher, warum es in einer solchen Nacht den Stall verlassen mußte.
»My Lady«, fuhr Rhuawn fort und sprach mit leiser Stimme, »du kennst doch noch Eivlin, die Frau von Gawains Diener?«
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