Die Krone von Camelot
Bewußtsein wieder. Mir war klar, als er nicht mehr atmete, daß ich ihm nicht dafür gedankt hatte, daß er mich gerettet hatte. Nun, sagte ich mir, es ist eine böse Welt. Möge Gott ihn dafür belohnen.
Lange Zeit saß ich da und schaute seine Leiche an. Dann, weil die Nacht kalt war, obwohl der Schnee aufgehört hatte, zog ich die Decke von ihm ab und wickelte sie um mich.
Ich hatte keine Möglichkeit, ihn zu begraben. Ich besaß weder die Werkzeuge noch die Kraft, ein Grab zu schaufeln. Ich konnte auch sein Pferd nicht mit der Leiche beladen und weiter die Straße hinunterreiten. Dann hätte ich zuviel Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Allein, in meinem schmutzigen Bauernkleid, ging ich vielleicht unbemerkt als die Frau eines Bauern durch, die zufällig ein schönes Pferd besaß. Wenn ich aber noch ein anderes Pferd mitführte, das mit der Leiche eines Kriegers beladen war, dann würde man mich bemerken, sich an mich erinnern, mich aufgreifen -und die ganze Flucht wäre für nichts gewesen. Aber ich konnte auch nicht einfach die Leiche für die Raubtiere hier liegenlassen. Außerdem konnten Medrauts Männer, wenn sie mir folgten, die Leiche finden oder erfahren, daß sie gefunden worden wäre. Sie würden dann wissen, daß ich diese Straße genommen hatte. Dazu kam noch, daß ich weder Essen für mich selbst noch Futter für die Pferde hatte und daß ich keinen weiteren Tag ohne Nahrung reiten konnte.
Ich kauerte mich beim Feuer hin, und ich mußte ein bißchen gedöst haben, denn als ich wieder aufblickte, stand die Sonne schon über den Feldern. Der Schnee glitzerte hell, und die Bäume, die über den Feldern standen, zerschlitzten ihn mit ihren langen blauen Schatten. Im Nordosten, ganz in der Nähe, erhob sich weiß und dick fedriger Rauch in die Morgenluft.
Ich erhob mich, fing Rhuawns Pferd ein, sattelte es und brachte es mit Mühe fertig, die Leiche darüberzuzerren und sie anzubinden. Dann sattelte ich mein eigenes Pferd, saß auf und ritt auf den Rauch zu, während ich das andere Tier am Zügel führte.
Es war ein kleines Gehöft, eine Scheune und zwei Häuser. Als ich in den Hof einritt, kam gerade eine Frau von der Scheune zu einem der Häuser herüber. Sie trug zwei Eimer Milch. Sie schaute mich an, kreischte, ließ einen der Eimer fallen, packte den anderen gerade noch und klammerte ihn fest.
»Ich will dir nichts tun«, sagte ich ihr, während Männer aus der Scheune und dem nächsten Haus herausgerannt kamen. »Könnt ihr in eurem Haushalt ein Pferd brauchen?«
Das war ein Risiko, aber kein allzu großes. Ich wußte, daß die Landsleute von Dumnonia Medraut gegenüber sehr feindselig eingestellt waren - er hatte schließlich ihren König umgebracht und einen Kampf vom Zaun gebrochen, der mit Sicherheit ihrem Land schadete. Und es war wahrscheinlich, daß sie sich über ein Geschenk wie das schöne Pferd Rhuawns sehr freuen würden, wenn sie es annahmen. Sie mußten auch fürchten, es wieder zu verlieren, wenn sie mich verrieten.
Die Männer des Hofes gruppierten sich um die Frau und starrten mich an. Plötzlich kam mir der Gedanke, wie ich wohl aussehen mußte - mein Gesicht eingefallen und rot von der Kälte, bedeckt mit blauen Flecken. Mein Haar zerzaust und durcheinander und ich selbst von Kopf bis Fuß schlammbespritzt. Dazu ritt ich noch ein erschöpftes Schlachtroß und hatte ein anderes Pferd bei mir, das mit einer Leiche beladen war.
»So«, sagte einer der Männer schließlich, »du bist aus Camlann?«
»Ja.«
Er kam zu Rhuawns Pferd herüber und starrte die Leiche an. Er berührte sie vorsichtig und fühlte, daß sie kalt war. Er wandte sich wieder mir zu. »Dein Mann? Hat dieser Hexenbastard ihn umgebracht?«
»Ja«, erwiderte ich, und die Welt war viel zu fern für mich, als daß ich eine Lüge oder Wahrheit hätte sagen können. »Ich gebe dir das Pferd, wenn du dich um die Leiche kümmerst und mir etwas
Korn für mein eigenes Pferd gibst. Ich habe noch weit zu reiten.«
Der Mann konnte natürlich von mir nehmen, was immer er wollte, ohne sich Sorgen darum zu machen, wie er mich bezahlen wollte. Aber das hier war ein dumnonischer Hof, und er lag in der Nähe der Straße. Wenn es ein Gesetz gab, dann mußte es eigentlich hier herrschen - und so war es auch. Der Mann nickte. »Es ist ein schönes Pferd. Und wahrscheinlich war das auch ein guter Mann. Ich habe Mitgefühl mit dir, Lady. Komm doch nach drinnen und ruh dich aus. Ich sorge dafür, daß sich jemand um dein Pferd
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