Die Krone von Camelot
Ich blickte zu ihm auf und versuchte, sein Gesicht in der Dunkelheit auszumachen. »Medraut hatte vor, sie und ihre Kinder umzubringen. Aber ich habe es für unehrenhaft gehalten, Krieg gegen Diener zu führen, gegen Frauen und Kinder. Ich habe Medraut nichts davon gesagt, aber ich habe die Frau gewarnt, als Medraut die Macht ergriff, und ihr geholfen, Camlann zu verlassen. Die Familie ihres Mannes wohnt in der Nähe von Mor Hafren und besitzt ein Gehöft an einem Fluß, der Fromm heißt. Man erreicht das Gehöft, wenn man von der Hauptstraße, die von Baddon nach Caer Ceri führt, die zweite Abzweigung nach Osten nimmt. Der Älteste der Sippe heißt. heißt.«
»Sion ap Rhys«, sagte ich. Es war mir wieder eingefallen.
»Ja. Wenn du dort hingehst, my Lady, dann bin ich sicher, daß die Frau sich an dich erinnert und dafür sorgt, daß du verborgen und vor Medraut in Sicherheit gehalten wirst.«
Ja. Medraut würde sich niemals an die Sippe eines Dieners erinnern, geschweige denn ein Sippenmitglied kennen.
»Gut«, sagte ich. »Aber du kommst doch hoffentlich mit mir.«
Er lachte seltsam. »Ich glaube, ich werde bald ein Versteck finden, my Lady, wenn es auch nicht ganz nach meinem Geschmack ist. Aber vielleicht auch nicht. My Lady, um diese Zeit werden sie wissen, daß du fort bist. Wir müssen uns eilen, und wir können nur hoffen, daß der Schnee unsere Spuren auslöscht.«
Er wendete sein Pferd, spornte es zum Galopp, und ich folgte. Constans’ Pferd Schwerttänzer war schnell genug, aber ich mußte die Zähne zusammenbeißen, um bei seinem harten Gang im Sattel zu bleiben.
Wir galoppierten eine lange Strecke, bis die Pferde selbst in der Kälte gewaltig schwitzten. Dann trabten wir, und dann galoppierten wir wieder. Der Wind war bitter kalt, und ich neigte mich tief im Sattel und ritt blind. Ich gab mich mit dem Gefühl zufrieden, daß das Pferd seiner Gangart nach auf der Straße blieb. Der Schnee gefror in meinen Augenwimpern.
Rhuawns Pferd scheute plötzlich quer über den Pfad, und ich zog die Zügel und sah, während ich endlich aufblickte, daß der Sattel leer war. Einen Augenblick lang starrte ich verwirrt hin. Dann leitete ich mein Reittier zu Rhuawns Pferd hinüber und fing es am Zügel - das war nicht schwierig, denn die Pferde waren beide müde. Ich ritt die Straße zurück. Wir waren jetzt auf der Hauptstraße, der nördlichen. Es war ungefähr Mitternacht, und wir waren vielleicht sechzehn oder siebzehn Meilen von Camlann entfernt.
Ich fand Rhuawn ein paar Schritte die Straße hinunter. Er kniete mitten auf dem Weg und erbrach sich krampfhaft. Ich sprang aus dem Sattel. »Rhuawn!« sagte ich, und er blickte auf. Sein Gesicht war ein blasser Schatten in der Dunkelheit. »Was ist passiert?«
Schweigen. »Es tut mir leid. Mir ist so heiß.«
Der Wind peitschte die nassen Schneeflocken in unsere Gesichter. Die Zügel über meinem Arm schienen dort angefroren. Ich ging zu Rhuawn, nahm seinen Arm, berührte seine Stirn. Obwohl der Kragen seines Umhangs vom Eis wie glasiert wirkte, war seine Haut brennend heiß. »Was ist passiert?« flüsterte ich und hatte plötzlich große Angst.
Rhuawn lachte ein Lachen, das in einem Schluchzer endete. »Ich bin heute morgen zu Medraut gegangen und habe für dich gebeten. Er sagte mir, ich solle an diesem Abend mit ihm speisen und die Angelegenheit besprechen. Aber bei Tisch verlor er kein Wort darüber. Nur. er hat mich angeschaut. Ich erinnere mich daran, daß er mit diesen Augen auch Constantius angeschaut hat, an dem letzten Abend, als er mit ihm speiste. Sie sagen, Constantius sei an einem brennenden Fieber gestorben. Medraut sagte, es sei das Fieber gewesen.« Ein langes Schweigen folgte. Die müden Pferde atmeten schwer und kauten in der Stille laut auf den Gebissen. »Es muß in dem Wein gewesen sein«, sagte Rhuawn. »Ich dachte, der schmeckte ein bißchen bitter. Aber Medraut beschwerte sich auch darüber und sagte, wegen des Krieges mit Kleinbritannien hätten wir keinen guten Wein. Also schöpfte ich auch keinen Verdacht.«
»Du hättest es mir erzählen sollen!« begann ich - aber was hätte ich tun können, wenn er es mir erzählt hätte? Vielleicht hätte ein Chirurg Rhuawn helfen können, wenn es sofort geschehen wäre, aber kein Chirurg in Camlann hätte dazu die Erlaubnis bekommen. Und jetzt war es vielleicht zu spät. »Du mußt Wasser haben«, sagte ich und dachte schnell nach. »Iß ein bißchen Schnee.«
»Ich spucke es wieder
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