Die Krone von Camelot
damals lieber selbst verdammt sein, als zuzusehen, wie das Reich von Medraut zerschlagen wird. Aber ich habe es meinem Mann nicht gesagt, und als er meinen Plan, meinen Anschlag entdeckte, war er sehr zornig.« Rhuawn beobachtete mich, betrachtete mich mit weißem Gesicht und völlig erschüttert. »Medraut hatte dich die ganze Zeit angelogen. Er wollte immer nur Macht - denk doch nach! Erinnere dich daran, als er zum erstenmal hier auftauchte! Und jetzt, wo er die Macht besitzt - benutzt er sie gerecht und gnädig? Sagt er dir auch nur, was er vorhat? Du hast jetzt Angst vor ihm, deinetwegen und um der anderen willen.«
Rhuawns Gesicht zeigte mir ganz deutlich, daß ich recht hatte, und eine verzweifelte, fast überwältigende Hoffnung sprang mich an. Ich hatte Rhuawn nie für böse gehalten, nur für betrogen. »Rhuawn«, flüsterte ich, »hilf mir fliehen.«
Abrupt öffnete sich die Tür, und ein anderer Krieger stand da und schaute Rhuawn grimmig an. Rhuawns Gesichtsausdruck wurde sofort leer, vorsichtig.
»Herr Rhuawn, du solltest nicht hier sein«, sagte der andere.
»Der Herr Medraut wollte, daß die Lady bedient wird«, stellte Rhuawn fest. »Und Mabon, der vor mir die Wache hatte, ist kein Grund eingefallen, warum ich mich nicht um sie kümmern sollte.«
»Du meinst, der Kaiser wollte, daß sie bedient wird«, korrigierte der Wächter und warf mir einen kurzen Blick zu.
»Der Kaiser Medraut. Ich will gerade jetzt zu ihm, ihm von ihr erzählen.« Rhuawn warf mir einen weiteren unergründlichen Blick zu und ging dann. Er überließ es dem anderen Krieger, mich wieder zu binden.
Der Tag verging mit quälender Langsamkeit. Man brachte mir am Vormittag etwas Essen und erlaubte es mir, zu stehen und mich zu waschen. Die Möglichkeit, zu stehen, war mir willkommen. Ich konnte jetzt, so gut es ging, die Risse in meinem Kleid zusammenbinden und es in sauberem Wasser waschen, aber ich hatte keinen Hunger.
Einige Zeit nach Mittag wurde mir noch mehr Essen gebracht, aber diesmal konnte ich es noch nicht einmal ansehen, und am Abend brachte man mir nichts. Ich versuchte, meine Hände von den Seilen zu befreien, aber ich konnte nicht an die Knoten kommen, obwohl ich meine Hände herumdrehte und fummelte, bis meine Handgelenke bluteten. Das Bettgestell war allzu solide gemacht, und ich konnte es nicht auseinanderzwingen.
Es wurde dunkel. Rhuawn war nicht zurückgekehrt, und meine kurze Hoffnung kam mir plötzlich sinnlos vor. Die Angst und das elende Gefühl waren so sehr gewachsen, daß ich sie nicht länger spürte, sondern nur noch dasaß, mich an die Bettstelle lehnte und mein betäubtes Gehirn dazu zwang nachzudenken.
So saß ich, als ich an der Tür Stimmen hörte, und zum erstenmal schaute ich vom Feuer weg in die dunkle Ecke des Zimmers, die sich zur Welt öffnete.
»Ich habe Medrauts Erlaubnis, sie zu sehen«, klang Rhuawns protestierende Stimme.
»Der Kaiser hat nichts davon gesagt, daß ich dich durchlassen soll«, erwiderte einer der Wächter.
»Ich brauche keine Erlaubnis. Ich bin von Anfang an sein Freund gewesen.«
»Ein Freund, bei dem er mehr und mehr abkühlt, Rhuawn ap Dorath, jedenfalls seitdem er den Purpur genommen hat. Geh weg.«
»Na gut.« Ein seltsames Grunzen war zu hören.
»Was?« klang eine andere Stimme - der andere Wächter. »Hueil
- he!« Ein kurzes Geräusch ertönte, Metall auf Metall, und ein Keuchen. Die Tür wurde aufgestoßen, und Rhuawn kam herein. Er hielt das blanke Schwert in der Hand, aber es glänzte nicht im Feuerlicht. Es war Blut daran. Er eilte zu mir herüber und schwang das Schwert hart gegen das Seil, das um die Bettstelle geschlungen war. Dann packte er meine Hände und zerrte mich hoch. »My Lady«, sagte er, »wir müssen uns beeilen.«
»Schneide die da durch«, sagte ich ihm, denn meine Handgelenke waren noch gebunden. Er starrte mich an, und ich legte meine Hände auf das Schwert. Er sah, was ich wollte, riß die Klinge zwischen meinen Handgelenken abwärts. Die Stricke teilten sich. Ich wandte mich ins Zimmer zurück, fand das Seil aus Decken, das ich am vergangenen Tag gemacht hatte, und folgte Rhuawn aus dem Haus.
Die Wächter lagen bei der Tür. Der eine lag ausgestreckt quer über der Schwelle und starrte gen Himmel. Sein Gesicht war in einer Grimasse des Schmerzes verzerrt. Seine offenen Augen starrten in die Dunkelheit der Nacht, auf die paar nassen Schneeflocken, die vom niedrigen Himmel herabtrieben. Rhuawn starrte ihn an und schüttelte
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