Die Krone von Camelot
war«, erzählte mir Eivlin. »Er sagte, Medraut solle jetzt Kaiser sein, und ich müsse fliehen. Und ich war verwirrt, fast bis zum Wahnsinn. Denn wie konnte ich mit dem Baby fliehen, und die kleine Teleri ist noch nicht mal drei? Aber Rhuawn sagte, Medraut hätte die Tore noch nicht gesichert, und alles sei in großer Verwirrung. Er hätte gesehen, wie bei den Ställen ein paar Karren angeschirrt würden. Also schleifte ich die Kinder raus in die Dunkelheit, und Sion und Teleri brüllten beide. Ich rannte dann mit ihnen hinunter zum Tor, und Gott sei gelobt, es war ein Karren da. Rhuawn half mir, er trug ein paar Sachen, mit denen ich die Reise bezahlen konnte. In Gedanken hatte ich ihm Unrecht getan, my Lady, denn ich hatte ihn als einen Verräter gehaßt. Ach, aye, nein, meine ich. Nicht alle von Constantius’ Männern kamen um. Ich hab’ gehört, daß einige in die sächsischen Königreiche fliehen konnten und sich von dort nach Kleinbritannien eingeschifft haben. Es wird nicht lange dauern, ehe der Hohe König zurückkommt und der Frieden wieder einkehrt.«
Ich sagte nichts dazu. Ich bezweifelte allerdings, daß das, was zerstört worden war, wieder zurückkommen könnte. Bis zu einem gewissen Grad konnte man einen zerbrochenen Topf oder einen Besenstiel wieder zusammenstückeln, aber ein Reich, das ist etwas Lebendiges - es besteht aus den Herzen von Menschen. Und wenn es zerschlagen wird, dann wird es nie wieder gerade wachsen, selbst wenn man es gut einrichtet. Die >Familie< führte Krieg gegen sich selbst, und Britannien war in einem Bürgerkrieg geteilt, wie damals vor zwanzig Jahren, als Artus die Macht ergriff. Medraut hatte offenbar Verbündete im Norden: Ergyriad ap Caw, der König von Ebrauc, war von seiner eigenen Sippe zur Abdankung gezwungen worden und mußte seinen Titel an seinen Halbbruder Hueil abgeben
- einen oder zwei Tage, ehe Medraut im Süden die Macht ergriff. Hueil machte immer Ärger und haßte Artus, dem er für den Tod seines Vaters Caw und seines Bruders Bran die Schuld zuschob. Unter seiner Führung erhob sich Ebrauc in Rebellion. Unser Verbündeter Urien von Rheged hatte seine Armee zusammengerufen, und mit seinen restlichen Leuten - die anderen hielten sich ja mit Artus in Gallien auf -, versuchte er, die Rebellion zu unterdrücken. Dafür konnten wir ihm dankbar sein, denn der Zeitpunkt, zu dem dies stattfand, zeigte deutlich, daß Hueil mit Medraut unter einer Decke steckte. Aber andererseits war Urien unsere größte Hoffnung gewesen, wenn Artus zurückkehrte. Jetzt war es nicht sicher, ob Artus Medraut und Maelgwyn mit den Streitkräften, die ihm noch zur Verfügung standen, besiegen konnte.
Denn Maelgwyn kämpfte in der Tat mit Medraut Seite an Seite. Zwei Tage, nachdem ich auf dem Gehöft angekommen war, hörten wir, daß Maelgwyns Armee im Norden von uns den Saefern überquert hatte und daß er eilig nach Süden, nach Camlann ritt. Er hatte keine vereinigte Gegnerschaft. Die mittleren Königreiche von Britannien würden weder für Artus noch für Medraut kämpfen. Alte Feindseligkeiten und Mißverständnisse und neue Gerüchte verbanden sich und brachten sie dazu, ihrem Kaiser die Unterstützung zu versagen, aber wenn Artus starb, dann würden sie ohne Zweifel gegen Medraut aufschreien und gegen ihn und gegeneinander in den Krieg ziehen und versuchen, jeden Vorteil aus der Anarchie für sich herauszuschlagen. Nur Dumnonia von allen südlichen Königreichen hätte uns vielleicht geholfen. Aber Dumnonia war führerlos und machtlos. Der König war tot, die Hälfte der königlichen Truppe war mit Artus in Gallien, und die restlichen waren tot und verhungerten langsam in den Lagerhäusern in
Camlann.
Als ob dies alles nicht schlimm genug wäre, gab es noch mehr Grund zur Furcht. Medrauts Streitkräfte wuchsen ständig. Unzufriedene Adlige, Krieger, die den Frieden satt hatten und auf Beute und Ruhm hofften, Schuldner und Verbrecher, die eine Lösung für ihre eigenen Probleme im Zusammenbruch des Reiches sahen - sie alle liefen in Scharen zu Medraut über. Und Medraut war in der Lage, einen ähnlichen Zulauf zu Artus zu verhindern. Fast täglich hörten wir von Adligen aus Artus’ Gefolgschaft, die verhaftet oder hingerichtet worden waren, von Geiseln, die anderen genommen wurden, von beschlagnahmten Gütern und verlorenen Burgen.
Dennoch, das Land um Mor Hafren wenigstens schien Artus zu unterstützen. Ein Mitglied aus Sions Sippe - gewöhnlich sein zweiter Sohn,
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