Die Krone von Camelot
zur Tür, in eins der anderen Zimmer und stammelte eine Begrüßung. Dann rannte er zu der Tür hin und öffnete sie. Ich ging hindurch und stand plötzlich in strahlendem Fackelschein. Ich sah Gawain, der sehr still auf dem einzigen Bett lag und dessen Kopf mit einer Bandage umwickelt war, die vom Blut purpurrot gefärbt war. Ein Chirurg beugte sich gerade über ihn.
Ich blieb stehen, starrte hin, und Schrecken erfüllte mich. »Was.« begann ich, aber dann sah ich Rhys, der neben dem Chirurgen kniete. Er hatte sich umgedreht und schaute mich an. »Rhys, was ist geschehen?«
Rhys stand schnell auf, während er einen Augenblick sehr grimmig auf Gawain hinabschaute. Der Chirurg nickte ihm zu, und er kam herüber. Er drängte mich durch die Tür zurück in das andere Zimmer, und dann schloß er die Tür hinter sich.
»My Lady«, sagte Rhys, nahm dann meine Hand und preßte sie ganz fest. Er war bleich, und sein Gesicht und seine Hand waren feucht vom Schweiß. »Sie haben mir gesagt, du wärst hier und sie würden nach dir schicken. Ich konnte es kaum glauben. Der Chirurg hier sagt, daß mein Herr stirbt. Kann er das wissen?«
»Er. er ist ein Mönch aus Ynys Witrin. Sie sagen, er ist sehr geschickt. Aber was ist passiert? Wie. Hat Artus Gawain als Boten hierhergeschickt?«
Rhys ließ meine Hand los und rieb sich über das Gesicht und durchs Haar. Er stand da, und sein Gesicht war einen Augenblick verborgen. Dann ließ er die Hände sinken und nickte müde. »Mit ihm war nichts anderes mehr anzufangen. Er wollte nicht ruhen, und er wollte wieder in die Schlacht reiten, sobald es ihm gut genug ging, überhaupt zu reiten. Es war besser, solange wir noch auf der Reise zurück nach Britannien waren - auf dem Schiff mußte er Ruhe geben. Aber seit wir angekommen sind - my Lady, die Chirurgen haben gesagt, er dürfe sich nicht aufregen. Also hat der Kaiser ihn mit einer Botschaft hierhergeschickt, damit er bei den Kämpfen nicht dabei ist. Aber heute - gestern vielmehr - nun, das Land im Norden ist voller bewaffneter Männer, die für jeden Herrn kämpfen, den man sich nur vorstellen kann, oder auch einfach für sich selbst. Wir haben ein paar getroffen, die uns wegen unserer Pferde umbringen wollten. Gawain hat ein paar von ihnen gefällt, und die anderen hatten Angst genug, um uns wegreiten zu lassen. Aber eine halbe Meile weiter auf der Straße ist er von seinem Pferd gestürzt und ohnmächtig geworden, genau wie jetzt. Sein Kopf fing an zu bluten. Ich konnte ihn nicht aufwecken, und ich konnte auch die Blutung nicht zum Stehen bringen. Ich hab’ versucht, sie auszubrennen; das hat ein bißchen geholfen, und dein Chirurg hier hat es gerade noch einmal getan. Manchmal auf der Straße ist er wach genug geworden, um zu reden. Aber meistens sprach er mit Leuten, die gar nicht da waren. Also habe ich ihn hierhergebracht. Aber sie haben mir gesagt, er wird sterben, wahrscheinlich in ein paar Stunden. Von der Hüfte abwärts wäre er sogar schon tot.«
Nach einer kurzen Pause fragte Sandde: »Wie lautet die Botschaft?«
Rhys starrte ihn an. Sandde starrte zurück, kaute auf seinem Schnurrbart und fummelte an seinem Schwertgurt herum. Nach einem Augenblick schüttelte Rhys den Kopf. »Du hast ihn nie gekannt - und deswegen sind wir schließlich gekommen.« Er fummelte an seinem Gürtel und zog einen Brief hervor. »Da. Ich hab’ ihm den Brief abgenommen, nachdem er gestürzt war.«
Sandde nahm das Pergament gespannt auf, schaute das Siegel an und reichte es dann mir, so daß ich es ihm vorlesen konnte. Ich starrte das Schreiben wie betäubt an. Es war mit Kalk und Lampenruß versiegelt, aber Artus’ Drachensiegel war fest darauf eingeprägt.
»Bitte, my Lady«, sagte Sandde, »wir müssen doch wissen, was wir tun sollen.«
Ich erbrach das Siegel und rückte näher an die Lampe, um zu lesen. »An Sandde, den Herrn von Ynys Witrin, von Artus Augustus, Imperator Britanniae: Meinen Gruß«, las ich vor; dann starrte ich die kühne, wohlbekannte Handschrift an und senkte den Brief. »Sandde, Herr Gawain ap Lot ist mein Freund. Weißt du, warum er stirbt? Gibt es eine Hoffnung?«
Sandde machte eine verlegene Handbewegung. »Sie haben mir einfach gesagt, er läge im Sterben.«
»Es ist ein Knochensplitter«, antwortete Rhys. »Er ist gebrochen, als Gawain verwundet wurde, aber er hat sich nicht gelöst. Vielleicht wäre alles wieder zusammengewachsen - das sagt wenigstens dein Chirurg. Aber jetzt schneidet der Splitter
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