Die Krone von Camelot
freundliche und hervorragende Gwynhwyfar. Sieh sie an, wenn du meine Worte bezweifelst! Sie weiß, daß ich die Wahrheit sage!«
»Sei still!« schrie Artus, und selbst Medraut zuckte zusammen. »Die Lady Gwynhwyfar hat sich den ganzen Abend nicht wohl gefühlt, und welche Frau wäre nicht entsetzt darüber, wenn sie sich so verleumdet hörte? Du sagst, dieser Becher ist vergiftet? Gib ihn mir.«
»Herr!« krächzte ich, bekam keine Luft, hob die Hand, um nach ihm zu greifen.
»Es ist unwichtig, mein Herz. Ich glaube ihm nicht«, sagte Artus und schob mich beiseite. »Das ist also der Becher, Medraut, der schwarz von Gift ist?«
»Herr«, sagte Medraut, der jetzt unsicher geworden war, »willst du es wirklich riskieren.«
»Ich riskiere gar nichts. Gib mir den Becher. Da ich dein Herr bin
und dein Kaiser, gib ihn her.«
Langsam, mit starrem, verwundertem Blick, gab Medraut ihm den Becher. Artus blieb einen Augenblick stehen und hielt ihn fest, und seine Augen waren furchterregend. Der Amethyst an seinem Finger brannte in tiefem Purpur auf der Bronze.
»Mein Herr«, sagte ich noch einmal und versuchte, ihn aufzuhalten. Aber sein Fuß bewegte sich unter dem Tisch und trat fest auf meinen, obwohl er mich nicht anschaute.
»Dein Giftbecher, Medraut«, sagte er, »ist nichts als ein Becher voller Lügen und billigem Geschwätz. Ich schenke dem nicht mehr Glauben als all den anderen Geschichten, die hier in Camlann erzählt werden, in denen dein Bruder zum Verräter gestempelt und ich zu einem schwachen Narren gemacht werde, der von einem intrigierenden Weib an der Nase herumgeführt wird. So!« Er setzte den Becher an die Lippen. Ich versuchte zu schreien, stellte fest, daß jeder Klang in meiner Kehle gefroren war. Artus trank langsam, seine Hand bedeckte die Bronze völlig. Er hob auch die andere Hand an den Becher, als ob er ihn zu schwer fände, aber er trank ihn aus und stellte ihn leer auf den Tisch. Ich umklammerte die Tischkante, bis meine Finger schmerzten.
»Es ist alles in Ordnung damit, Medraut«, sagte Artus ruhig und lächelte über Medrauts Wut und Verwirrung. »Nichts ist auszusetzen an dem Met oder an der Ehre meiner Frau. Dein Witz war wüst und überhaupt nicht amüsant. Du hast meine Erlaubnis, dich zu entfernen. Taliesin!« Der oberste Poet verbeugte sich. »Musik. Es ist mir gleich, was du singst. Irgend etwas, damit diese betrunkenen Narren still sind.«
Taliesin schlug die Saiten seiner Harfe an, und Artus nahm seinen Platz wieder ein. Er betrachtete Medraut noch immer mit einem kalten Lächeln. Medraut starrte zurück, bleich vor Schrecken, aber nur einen Augenblick lang. Dann fing er an zu lachen, laut, so daß es die Musik übertönte. Noch immer lachend verbeugte er sich ganz tief und verließ die Halle. Artus schnippte mit den Fingern und reichte den leeren Becher einem Diener. »Mehr Met«, befahl er, und der Diener verbeugte sich und huschte davon.
»Herr«, flüsterte ich.
»Still!« zischte er kaum hörbar.
»Artus, er war vergiftet. Ich hab’ ihn vergiftet. Laß schnell Gruffydd holen und ein Brechmittel. Es ist noch nicht zu spät.«
»Ich habe es nicht getrunken. Verstehst du? Ich hab’ nur einen
Mundvoll oder so geschluckt. Den Rest habe ich in meinen Ärmel geschüttet. Sieh!« Er drehte seinen rechten Arm unter dem Tisch herum, und ich sah, daß die Innenseite des Ärmels seiner Tunika vom süßen Met durchweicht war. Dann erinnerte ich mich an einen Trick, den er mir einmal gezeigt hatte, eine Möglichkeit, der Trunkenheit auf dem Fest eines anderen Herrschers aus dem Weg zu gehen: Man hielt den Becher hoch oben am Rand und goß den größten Teil seines Inhalts über die Handfläche in den Ärmel.
Ich spürte, wie mir die Tränen kamen, und ich hustete, um sie zurückzuhalten und um das Würgen in meiner Kehle zu unterdrücken. »Aber.«
»Um Gottes willen, lächele. Tu so, als ob es nur ein böser Witz gewesen wäre. Ewiger Gott, du willst doch nicht, daß sie Verdacht schöpfen, oder? Komm, jetzt tu so, als ob du an meiner Schulter vor Erleichterung kicherst. so.«
Ich preßte mich an ihn. Der Met an seiner Tunika sickerte in mein Kleid, und ich nahm mir vor, ehe ich aufstand, nachzusehen, daß man es nicht sah. Ich wußte, daß Artus lächelte, aber während ich meinen Kopf an seine Schulter preßte, spürte ich den bitteren Zorn in ihm, den Zorn über den Verrat. Und ich mußte noch mehr darum kämpfen, die Wellen der hysterischen Erleichterung und des
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