Die Krone von Camelot
ihm widerstrebte, was er aber für unumgänglich hielt - eine Hinrichtung, eine Aufgabe, die diejenigen, die sie erledigten, das Leben kosten konnte. Cei erkannte den Blick auch, und obwohl er Artus überragte, schien er vor ihm zusammenzuschrumpfen. Langsam setzte er sich wieder.
»Aufgrund welcher Vorkommnisse könnten wir denn den Krieg erklären?«
»Medraut wird seinem Bruder ohne Zweifel eine glänzende Bestattung bieten und außerordentlich um ihn trauern. Dann wird er nach Süden eilen und mir Gefolgschaft schwören. Wir können nichts beweisen. Und wenn ich mit diesen Feinden von Medraut Verbindung aufnehme, die ihm weder offen entgegenzutreten wagen noch bekannt werden lassen wollen, daß sie von mir Nachrichten erhalten haben, was soll ich ihnen dann sagen? >Ermordet ihn, und ich will euch belohnen?< Das ist schändlicher als Gift, und viel weniger wahrscheinlich könnte es Erfolg haben. Nein. Wir müssen uns vorbereiten auf das, was Medraut als nächstes plant.« Er machte eine Pause; dann fügte er mit sanfterer Stimme hinzu: »Geh zu Bett, Cei. Ich werde deine Kraft brauchen.«
Cei nickte. Er stellte seinen leeren Becher hin und stand langsam auf. Dann hielt er inne, und es fiel ihm offenbar etwas ein. Seine Erinnerung berührte meine.
»Er teilt ein Haus mit Gawain«, sagte ich. »Er sollte Agravains Bruder diese Geschichte heute nacht nicht erzählen müssen.«
Cei nickte. »Ganz recht, my Lady. Es ist eine zu bittere Nachricht. Ich habe nach Gawain geschickt, als ich angekommen bin, damit ich nur einmal reden muß. Ich weiß nicht, wo er.«
Die Tür öffnete sich plötzlich, und Gawain trat ein. Sein Gesicht war sehr ruhig, aber einen Augenblick lang konnte ich ihn nicht erkennen. Er sah unirdisch und geistesabwesend aus. Offensichtlich hatte er seit einiger Zeit draußen gestanden, denn der Schnee schmolz in seinem Haar und hatte die Schultern seines Umhangs durchweicht. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte er mit nur leicht rauher Stimme, während er sich vor mir und Artus verbeugte. »Ich war draußen. Ich habe gehorcht. Aber ich habe erraten, was passiert ist, als dein Bote mich geweckt hat, Cei. Ich hatte Angst hereinzukommen. Vetter, es ist ein langer Weg zu den Inseln, und du solltest besser schlafen. Es braucht keine Worte mehr. Mein Herr, Lady Gwynhwyfar, gute Nacht.« Er hielt Cei die Tür auf. Cei bekreuzigte sich, nachdem er ihn eine Minute lang angestarrt hatte, nahm dann seinen Umhang auf, zog ihn über die Schultern und ging hinaus. Gawain verbeugte sich noch einmal leicht und glitt zurück in die Nacht. Der Riegel, der sich wieder ins Schloß schob, gab ein leises Klicken von sich, und dann war Stille.
Artus riß seinen Blick von der Tür los. Dann setzte er sich schwer in Ceis leeren Stuhl und starrte lange Zeit ins Feuer. Ich setzte mich auf den Boden neben ihn. Nach einer Weile legte er den Arm um mich, und ich lehnte meinen Kopf an seinen Schenkel. Das Feuer knisterte, und der Rauch, den der Schnee im Raum zurückhielt, brannte in unseren Augen. »Mein Herz«, sagte Artus endlich, »vielleicht hattest du damals recht.«
»Es ist böse, jemanden zu vergiften.«
»Aber jetzt hat Medraut seinen Bruder vergiftet, meinen Krieger.«
»Vielleicht ist es nicht wahr. Agravain ist lange krank gewesen.«
»Und du glaubst, es war ein natürlicher Tod?«
»Nein.«
Artus fuhr mir mit der Hand durchs Haar und drehte mein Gesicht dann zu sich hin. »Es tut mir leid«, sagte er mit sehr leiser Stimme. »Und trotzdem, es muß böse gewesen sein. Wenn wir solche Dinge tun, dann sind wir nicht besser als unsere Feinde. Nur, ich habe großen Schmerz um Agravain und um Gawain - und um uns alle. Gwynhwyfar, mein Herz, es wäre besser für dich gewesen, wenn du mich nie kennengelernt hättest. Dann wäre der Weg der Tugend wie eine römische Straße gewesen, wo wir jetzt. Furchen durch die pfadlosen Wellen ziehen. Meine Freude, es tut mir leid.«
Danach mußten wir einander umarmen, denn um uns waren nur die Stille, die Dunkelheit und der Wind.
5
Gawain hatte seinen Bruder Agravain geliebt. Unter allen Umständen hätte sein Tod ihn tief geschmerzt, aber daß der Tod wahrscheinlich von seinem eigenen Bruder verursacht worden war, das machte alles noch schlimmer. Ich erinnerte mich daran, wie Agravain und Gawain vor Jahren in Camlann am Tisch gesessen hatten und wie sie sich sprudelnd auf irisch unterhielten: Agravain goldenhaarig mit heißen blauen Augen, zornig, aufgeregt über
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