Die Krone von Camelot
größer als damals, während des Krieges oder kurz danach. Alles glänzte und glitzerte, und es sah so aus, als ob die Bänke selbst in der unteren Halle von Juwelen flammten. Taliesin sang von großen Dingen, die von uns und anderen vollbracht worden waren, bis die Männer von der Musik wie vom Met schwindlig waren, betäubt vom Ruhm der Vergangenheit und eifrig darauf bedacht, ihn zu genießen.
Es gab aber auch Zeiten, wo Camlann abgesehen von den großen Festen vom Rest der Welt abgeschnitten schien, als ob es auf halbem Weg zum Himmel läge: Das waren die klaren Wintertage, an denen der Schnee dick auf dem Boden lag und ich von meiner Tür aus die Felder bis in die weite Ferne sehen konnte - noch weiter selbst als Ynys Witrin, das wie Glas und Silber im Licht schimmerte. Die Kinder der Burg rannten dann schreiend umher und warfen Schneebälle, und manchmal ritten die Krieger ihre Pferde im vollen Galopp über die Hügel, aus der reinen Freude der Geschwindigkeit. Es war ein Fest aus stampfenden Hufen, weißen Atemwolken und zurückgeschleudertem Schnee, und im Vorübersausen klingelte das Geschirr und blitzte das Lächeln des Reiters. Drinnen bei den rauchigen Feuern sangen die Frauen am Webstuhl und die Handwerker an der Werkbank - oder sonst versammelten sich Freunde und Familien und lachten und stritten. Für mich gab’s nicht viel zu tun; ich konnte mich jeder Gruppe anschließen, die sich zu Gesprächen oder Musik versammelt hatte. Der Winter ist eine stille Zeit: Die Ernte ist eingebracht und gelagert, alles ist überprüft und aufgezeichnet, der Tribut ist eingezogen. Das Reisen wird schwierig, also gibt es nur wenige Bittsteller, die um Gerechtigkeit ansuchen, und Boten, die auszusenden sind, warten gewöhnlich, bis der Frühling die Straßen auftaut und die See beruhigt, ehe sie zurückkehren. Ich hatte also Zeit - Zeit, die ich mit Artus verbringen konnte, in der ich Lieder hörte, in der ich Bücher las, die ich im Sommer zuvor von reisenden Händlern gekauft hatte und die jetzt auf dem Regal lagen und auf mich warteten. Aber selbst mitten in diesem ruhigen Winter spürte ich, daß es die Ruhe vor dem Sturm war - dennoch war ich entschlossen, das Beste daraus zu machen. Und, so sagte ich mir, sehr wahrscheinlich können wir den Sturm durchstehen, wenn er kommt. Noch haben wir Kraft.
Etwas, das mich weiterhin schmerzte, war Gawain. Die Feste des Dezember und des Januar vergingen, und er blieb höflich und distanziert und brütete über den Tod seines Bruders. Nur wenn er
Gwyn unterrichtete, schien er fröhlicher zu werden.
Der Junge kam jetzt sehr gut in Camlann zurecht. Er hatte die anderen Jungen der Burg in der Fertigkeit mit den Waffen eingeholt, und jetzt fingen die anderen an, ihn zu akzeptieren. Er wuchs schnell, und es sah immer aus, als ob er zu groß für seine Kleider sei, aber er verlor mit seiner hohen Stimme nicht wie viele andere Jungen sein sanftes Benehmen.
Eines Tages allerdings, Anfang Februar, als Gwyn und ich die Rechnungen des nächsten Monats in der Halle durchgingen, betrat ein Mönch das Gebäude und schaute sich um, als ob er jemanden suchte. Gwyn erkannte den Mann sofort.
»Es ist Pater Gilla aus dem Kloster Opergelei, in der Nähe der Abtei meiner Mutter!« sagte er mir in großer Aufregung, während ich den Mönch zweifelnd musterte - Klosterbrüder neigten dazu, Artus stark abzulehnen, und es war selten, daß wir einen Mönch mit irgendeinem Auftrag oder irgendeiner Klage in Camlann sahen. »Er bringt mir sicher eine Nachricht. He! Pater Gilla, hier bin ich!«
Gwyn schrieb an seine Mutter, wann immer er einen Händler oder einen Reisenden finden konnte, der nach Gwynedd ging und den Brief mitnahm. Die meisten Reisenden taten das gern, denn solch ein Brief sicherte ihnen eine Unterkunft für die Nacht und eine Mahlzeit von der dankbaren Mutter. Gwyn hatte einmal einen Brief zurückbekommen, aber auch der war von einem Reisenden gebracht worden, der zufällig dort gewesen war. Ich hatte angenommen, daß die Mutter des Jungen zornig auf ihren Sohn war, weil er gegen ihren Wunsch weggelaufen war, um die Kunst des Krieges zu lernen, und daß es daher kam, daß sie ihm nicht öfter geschrieben hatte. Niemals war ein Bote mit einem Brief ausgeschickt worden, und ich hatte plötzlich Angst wegen des Jungen, und das um so mehr, als der Mönch nähertrat und ich sein Gesicht sah. Gute Nachrichten laufen auf zwei Füßen, sagt man, aber schlechte Nachrichten haben Flügel
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