Die Krone von Camelot
Abbrennen. Über ihnen hing der Rauch von den Feuern wie ein Nebel. In der Ferne erhob sich Ynys Witrin hoch und grün über den dunklen Marschen; die Stadt schien über der Hauptstraße zu schweben, auf der eine lange Reihe von Reitern in gleichmäßigem Trab vorwärts rückte. Die Reiter waren schon nah genug, als ich auf den Turm stieg, so daß ich ein paar einzelne Gestalten ausmachen konnte. Ich sah, daß Artus’ fünfzig Krieger mit Medrauts Leuten gemischt waren, wegen der größeren Sicherheit. Zwei Gestalten ritten Seite an Seite an der Spitze der Reihe, einer trug einen Purpurmantel und ritt ein bekanntes graues Pferd, der andere steckte in einem Umhang, der mit Safran gefärbt war, und trug einen goldenen Halsreifen. Er ritt einen schönen Fuchs. Es waren Artus und Medraut. Als sie näher kamen, wartete ich darauf, daß die Reihe schneller ritt, daß sie im kurzen Galopp, mit einem Klingeln von Geschirr und mit blitzenden Waffen und Schmuckstücken in einer Kurve zum Tor gestoben kam, wie Artus das immer in der Freude der Heimkehr tat. Aber die Reihe behielt ihren langsamen, ungleichmäßigen Trab bei, und während sie noch näher kam, sah ich, daß Artus’ Schultern wie gegen die Kälte hochgezogen waren, während Medraut den Umhang über eine Schulter zurückgeworfen hatte und mit gleichgültiger Grazie zu Pferde saß. Schon jetzt war der Schatten auf uns gefallen; schon jetzt hatte Medraut eine Kälte auf das Herz gelegt.
Ich stieg vom Turm hinab und ging wieder den Hügel hinauf zur Halle. Während Artus’ Abwesenheit hatte ich keine außergewöhnliche Macht, ich hatte ihm an den Toren nichts zu übergeben, und niemand erwartete, daß ich Medraut in Camlann willkommen hieß, nicht nach der Art, wie er die Burg verlassen hatte. Und ich hatte den Wunsch, den unvermeidlichen Kummer um ein paar Stunden aufzuschieben.
Natürlich sah ich Medraut beim Mittagsmahl in der Halle. Er verbeugte sich steif, und ich nickte gleichermaßen steif mit dem Kopf. Aber ich konnte sehen, daß ihm seine Königschaft gut bekommen war. Er wirkte schlanker als je zuvor, elegant und königlich in dem safranfarbenen Mantel mit dem Gold um den Hals und an den Fibeln seines Mantels und an den Armen und Fingern. Er hatte auch noch das gleiche lässige, einschmeichelnde Lächeln - das Lächeln, das mich schon vor langer Zeit verstört hatte und das ich mittlerweile haßte. Aber er sah auch mehr wie Artus aus, als das früher der Fall gewesen war, und mir wurde klar, daß er seinen Bart und sein Haar in der gleichen Art trug, die Artus eigentümlich war.
Nach dem Mahl, als Artus vorgeblich von der Reise ausruhte, erzählte er mir, was in Caer Gwent passiert war. »Medraut hat angefangen, seine Geschichte zu verbreiten, wie ich gedacht hatte«, meinte er sehr ruhig. Er sah älter aus als seine dreiundvierzig Jahre, und er hockte zusammengesunken beim Feuer wie ein alter Mann, dessen Blut dünn geworden ist. »Cynyr von Caer Gwent hat sie mit Sicherheit gehört. Nein, er hat nichts gesagt - aber er schaute mich an und dann Medraut, und dann sah er mich wieder an, die ganze Zeit, die ich da war. Und er war sehr still. Gewöhnlich klatscht er wie ein Barbier, aber diesmal war er ruhig. Und außerdem - du weißt ja, daß ich am Sonntag in Caer Gwent war? Als wir zur Messe gingen, da gab Cynyr irgendeine Entschuldigung ab und wollte nicht an der heiligen Kommunion teilnehmen. Auch da hat er mich angesehen. Er hat Angst, sich vor Gottes Augen zu beschmutzen, indem er die Kommunion nach einem Mann einnimmt, der mit seiner Schwester geschlafen hat.« Artus lachte bitter. »Und seine Männer haben es gehört, und meine Männer werden es wohl von denen gehört haben. Ich konnte nicht sagen, ob Medraut einfach dort und jetzt ein Gerücht losgelassen hat oder ob er es schon seit Monaten verbreitet und unsere Spione es einfach nicht gehört haben. Aber es hat sich jetzt festgesetzt, und er braucht selbst nichts mehr zu sagen - wenigstens nicht direkt. Er kann einfach warten, bis jemand ihm Fragen stellt. Hast du bemerkt, wie er sich das Haar geschnitten hat? Er ist schon bereit, den Kampf ernsthaft anzufangen. Aber er will es mir gegenüber immer noch nicht zugeben: Als ich ihn traf, da bestand er nur aus Lächeln und Verbeugungen und Höflichkeiten. Bei ihm kann man irgendwie nicht richtig durchkommen. Ich weiß nicht, wie ich mich gegen ihn wehren soll, jetzt genausowenig wie früher.« Artus rieb die Hände und hielt sie über das Feuer.
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