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Die Krone von Camelot

Die Krone von Camelot

Titel: Die Krone von Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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ist schon zu lange her, seit jemand dich hat singen hören.«
    »Eine Gnade, über die ihr euch alle freuen müßt«, gab ich zurück. »Aber ich glaube, diese Angelegenheit ist vertraulich -glücklicherweise für dich. Sonst würde ich vielleicht dein großzügiges Angebot annehmen und dein schönes Harfespiel dadurch verderben, daß ich versuche, eine Melodie dazu zu krächzen.«
    Wir gingen die Halle hinunter, Gawain und ich. Gawain blieb in der Tür stehen und horchte, während sein Sohn zu singen begann. Gwyns Stimme hatte sich vom Quietschen eines Heranwachsenden zu einem tiefen Tenor umgewandelt. Er war jetzt fünfzehn und kein Kind mehr. Schon jetzt war er so hochgewachsen wie sein Vater. Gawain lächelte, warf noch einen Blick in die Halle und ging dann energisch hinaus in die Sonne. Ich folgte ihm.
    Es war einer dieser Frühlingstage, bei denen man das Gefühl hat, als ob die Barrieren zwischen Welten gefallen wären und als ob Britannien zum Königreich des Sommers geworden wäre. Die Luft war weich und süß, das Gras unmöglich grün, und der Himmel wirkte lebendig vom Licht. Die Lerchen sangen, und selbst die paar Hühner, die in der Festung umherliefen, streckten sich und schlugen mit den Flügeln, als ob auch sie im Himmel schweben wollten. Meine Stimmung hob sich. Vielleicht irrte ich mich in dem, was Gawain wohl mit mir besprechen wollte. Aber als ich ein paar Takte von dem Lied summte, das er gerade in der Halle gespielt hatte, da schaute er mich scharf an.
    »Cei war in der Halle«, sagte er, »also ist mein Haus leer, my Lady, wenn du Zeit hast für eine private Unterredung.«
    »Danke, edler Herr«, antwortete ich und versuchte, wieder härter zu werden. »Gehen wir also dorthin.«
    Er bot mir Wein an, als wir da waren, und ich nahm einen Schluck. Er schenkte auch sich einen Becher ein, stellte ihn aber unberührt auf den Tisch beim Feuer und saß einen Augenblick nur da und schaute mich mit dem gleichen dunklen, ernsten Ausdruck an.
    »Also«, sagte ich und fühlte mich völlig leer und fast uninteressiert daran, wie es jetzt tatsächlich geschehen würde - jetzt, wo ein Freund mir die direkte Frage stellte. »Was gibt es?«
    Er schaute schnell weg. »My Lady, letzte Woche, als mein Sohn und ich von unserer Reise nach Powys zurückkamen, stellten wir fest, daß in Camlann noch immer dieses neue Gerücht umgeht. Wir waren überrascht, daß es noch nicht entkräftet worden war, besonders nachdem Bedwyr deswegen einen Zweikampf ausgefochten hat.« Er hielt inne, schaute mich an und wartete. Ich sagte nichts, und nach einer Weile fuhr er fort. »Medraut kam zu mir und sprach unter vier Augen mit mir darüber. Er ist sehr befriedigt darüber. Er sagt, es sei wahr.«
    »Jeder weiß, daß Medraut alle Gerüchte auf die Reise schickt«, gab ich zurück. »Warum solltest du diesem Gerücht besondere Aufmerksamkeit schenken?«
    Er stand schnell auf und ging zur Tür, die wegen des besseren Lichts offen stand. Er lehnte sich an den Türrahmen und schaute hinaus auf die Mauern und die fernen Felder. »My Lady«, sagte er mit tiefer, gequälter Stimme, »spiel mir nichts vor. Ich weiß, daß die Hälfte der Geschichte eine Lüge ist. Medraut hat das zugegeben.
    Aber er sagt auch, daß ein Teil davon nichtsdestoweniger die Wahrheit ist. Und ich kenne Bedwyr seit vielen Jahren, und ich weiß. was möglich wäre. Und Medraut kann mir gegenüber nicht lügen.«
    Ich hatte in meiner Phantasie diese Entdeckung schon tausendmal durchlebt, und die Wirklichkeit hinterließ in mir jetzt einfach ein müdes Gefühl oder - seltsamerweise - auch ein Gefühl der Erleichterung.
    »Warum ist er zu dir gegangen und hat dir all das erzählt?« fragte ich. »Und warum sollte er unfähig sein, dich anzulügen?«
    »Er kommt tatsächlich manchmal zu mir, um zu reden - wenn auch nur sehr selten. Du weißt das, my Lady. Ich bin der einzige, den er nicht belügen kann, und ich glaube, das gibt ihm irgendwie Erleichterung. Und ich kannte unsere Mutter genauso gut wie er. My Lady, ist die Geschichte wahr?«
    Ich war still. Er drehte sich um und schaute mich an. Ich spürte, wie mein Gesicht langsam heiß wurde, und stand auf. »Ich möchte gehen«, sagte ich ihm.
    »Nein, ich bitte dich, warte. My Lady, um der Freundschaft willen, die zwischen uns geherrscht hat, setz dich.«
    Ich setzte mich wieder, und er ließ sich mir gegenüber nieder. Er wirkte sehr abwesend, sehr angespannt und unglücklich, und ich spürte etwas in der Leere,

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