Die Krone von Lytar
griff.
Der Anführer sah nun genau in Garrets Richtung. Jetzt oder nie, dachte dieser.
Er spürte, wie sein Herz raste und seine Handflächen feucht wurden. Er schluckte, erhob sich und machte dann einen Schritt nach vorne.
»Den Göttern zum Gruße, Hauptmann Hendriks«, sagte er und war erleichtert, dass seine Stimme einigermaßen ruhig klang.
Der Mann mit der Armbrust am Sattel machte eine Bewegung, um nach der Waffe zu greifen, aber der Anführer schüttelte den Kopf.
»Bleibt ruhig, Leute! Und Tarik, halte dich zurück! Der Junge ist unbewaffnet.«
»Das könnte auch eine Falle sein, Hauptmann«, antwortete der Mann. Er ließ seine Augen den Waldrand entlangwandern. »Eine gute Stelle für einen Hinterhalt, würde ich meinen.«
»Das wissen wir alle«, sagte der Hauptmann ruhig. Er sah Garret aufmerksam an, seine Hände lagen ruhig auf dem Sattelknauf und hielten die Zügel seines schweren Schiachtrosses locker. »Du kennst meinen Namen, Junge. Also nehme ich an, dass du uns im Lager belauscht hast«, stellte er schließlich fest.
Garret nickte nur.
Der Anführer ließ seine Blicke über die Waldsäume zu beiden Seiten des Weges gleiten, bevor er Garret wieder ansah. »Du bist ein guter Späher«, sagte er dann. »Ich habe dich nicht bemerkt.« Er sah nach vorne, wo sich in der Entfernung die Bäume lichteten, und dann wieder zu Garret zurück.
»Also habe ich recht. Unseren Leuten ist etwas geschehen.« Seine Stimme war ruhig, und nichts deutete darauf hin, dass er sich Sorgen machte. »Bist du dafür verantwortlich?«
Wenn es so wäre, dachte Garret, dem sich indes der Magen zusammenzog, dann würde er es nicht überleben. Die Botschaft war klar und deutlich. Garret versuchte, so ruhig wie möglich zu wirken. Jede Unsicherheit konnte ihn das Leben kosten. Er schüttelte den Kopf.
»Nein«, sagte er dann. »Aber ich kenne den Schuldigen.«
»Und wer ist es?«, fragte der Hauptmann leise.
Nur ein Pferd schnaubte, sonst war alles ruhig. Doch Garret wusste, dass es nur einen Lidschlag brauchte, um das zu ändern. Ihm schien es fast, als könnte er die Gedanken der Männer lesen, als könnte er hören, wie jeder von ihnen den nächsten Schritt bedachte, noch bevor der Hauptmann ein Zeichen gab. Diese Leute, dachte Garret mit einer Bewunderung, die ihm missfiel, waren perfekt aufeinander eingespielt. Für einen Sekundenbruchteil fühlte er sich in eine ferne Zukunft versetzt, in der Tarlon, die anderen und er so sein würden wie diese Söldner, nach einem Krieg, der ein Leben lang währte. Und genau in diesem Moment wusste Garret, dass er ein solches Leben nicht wollte.
»Ihr seht den Wald hier?«, fragte Garret schließlich und schluckte. Plötzlich hatte er einen trockenen Hals. »Ihr fühlt, wie verdorben er ist, und habt auch die unsäglichen Kreaturen gesehen, die in diesem Bereich hausen?«
Der Anführer nickte, und auch die anderen schienen die Veränderungen durchaus bemerkt zu haben, denn während der Hauptmann Garret ansah, musterten sie den Wald ringsumher noch intensiver.
»Der Wald ist seit Jahrhunderten mit einem Fluch belegt. Seit Jahrhunderten birgt er Böses und Verdorbenes. Wenn Ihr wissen wollt, wer für den Tod Eurer Männer verantwortlich ist, fragt den, der Euch herschickte, obwohl er wusste, was Euch hier erwartet.«
Der Hauptmann nickte langsam, und seine Züge wurden noch härter. »Habt ihr sie in einen Hinterhalt gelockt?«, fragte er dann tonlos, und in diesem Moment fröstelte es Garret. Ein unbedachtes Wort von ihm, und er war so gut wie tot.
»Nein«, antwortete Garret so ruhig wie möglich, doch es fiel ihm schwerer, als er es für möglich gehalten hätte. »Es waren die verdorbenen Kreaturen. Sie hätten auch uns beinahe erwischt.« Garret schluckte. »Durch die Toten auf der Lichtung vor dem Turm waren wir gewarnt, das hat uns das Leben gerettet.« Er spürte den Blick des Mannes schon fast körperlich. »Ich werde Euch zeigen, wo sie liegen und was geschehen ist. Und so auch Euch das Leben retten.« Garret holte tief Luft. »Die Götter nehmen … und sie geben.«
Der Hauptmann sagte noch immer nichts, stattdessen ergriff der Armbrustschütze das Wort.
»Fallt nicht auf den Jungen herein«, sagte er. »Er hat etwas vor, das rieche ich.«
»Da magst du recht haben, Tarik«, erwiderte der Hauptmann langsam. »Nur sage mir lieber, was er vorhat. Außerdem scheint er mir kein Junge mehr zu sein, sondern ein Mann.«
Der Söldner namens Tarik nickte nur, aber
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