Die Krone von Lytar
hergebracht hatte.
»Wir müssen zurück aufs Dach«, presste Tarlon hervor, als er fast allein den schweren Körper des Hauptmanns herumwuchtete. Selbst hier, tief im Innern des Gebäudes, warfen die Blitze noch Schatten, und der Donner grollte unaufhörlich.
Doch dann wurde es plötzlich dunkel und still. Tarlon fluchte und warf sich den Söldnerhauptmann kurzerhand über die Schulter, dann rannte er die breiten Treppen hoch, die im Dunkel fast nicht mehr zu erkennen waren. Garret wollte ihn schon fragen, was die Eile zu bedeuten hatte, als er unter seinen Sohlen ein Vibrieren spürte, das von einem fernen Grollen begleitet wurde, welches immer stärker anschwoll. Er entschied sich augenblicklich, schneller zu rennen.
Für Argor war der Abstieg in den Bauch des Damms das Schlimmste, das er jemals getan hatte. Dies war etwas gänzlich anderes, als den Stollen einer Mine zu betreten, denn hier war das Wasser allgegenwärtig und ließ ihn keinen Augenblick lang vergessen, dass auf der anderen Seite dieser mächtigen Mauern ein riesiger See gegen das Bauwerk drückte. Überall lief das Wasser an den Wänden herab, sprühte aus feinen Ritzen hervor oder tropfte von der Decke und überflutete so den Boden, von wo es in kleinen Bächen die Treppen des Schachts hinunterstürzte. Das Licht des Stabs, den Knorre in seiner linken Hand führte, war für Argor hell genug, um die Ablagerungen von Kalk zu erkennen, den die Feuchtigkeit im Laufe der Jahre aus dem Stein getrieben hatte. Die Risse, aus denen das kalte Wasser des Sees hervorsprühte, schienen ihm größer zu werden. Einmal wurde er so hart von einem Strahl getroffen, dass er zur Seite geworfen wurde und seine Rüstung sich verschob.
Indes führte Knorre ihn wortlos immer tiefer in das Innere des Damms hinab. Auch Argor wusste nicht, was er noch hätte sagen sollen. Es war alles schon gesagt. Am unteren Ende mündete der Schacht in einen Gang, der, für Argor brusthoch, mit eiskaltem Wasser geflutet war. Der junge Zwerg holte tief Luft, fluchte einmal leise und stieg dann in die eisigen Fluten. Das Wasser machte es ihm schwer voranzukommen, sodass Knorre ihn sanft vor sich herschieben musste. Ein wenig später kamen sie an eine verrostete Tür, die sie mit vereinten Kräften öffneten. Sie führte zu einem weiteren Treppenschacht, und Knorre erklärte, dass man zunächst ein Stück weit unter Wasser hinabsteigen müsse, um auf der anderen Seite wieder nach oben zu gelangen. Argor blieb stocksteif stehen und fuhr sich mit der Hand über seine Bartstoppeln, dann holte er mehrmals tief Luft und schritt entschlossen voran. Nicht einmal als die kalten Fluten über seinem Kopf zusammenschlugen, zögerte er.
Nach der Passage durch den wassergefüllten Tunnel war noch ein letztes verrostetes Tor zu überwinden. Lange Zeit hielt es ihren gemeinsamen Bemühungen, es zu öffnen, stand, bis Knorre schließlich seinen Stab mit beiden Händen nahm und einmal kräftig zuschlug. Die. dabei ausgelöste gleißende Entladung ließ es in Argors ganzem Körper kribbeln und schleuderte das schwere Tor wie durch den Fußtritt eines Riesen nach innen in einen Raum hinein, wo es mit lautem Platschen und wildem Zischen von heißem Metall in dem hüfthohen Wasser versank.
Die Augen des Zwergs weiteten sich, als er sich in dem großen Raum umsah, der bestimmt sechsmal so groß war wie die Schankstube des Gasthofs von Lytara. Sechs massive Röhren von gut acht Schritt Durchmesser führten von der Wand in ihrem Rücken zu großen Zylindern hinüber, die aus Gold, Silber und Kristall gefertigt waren. Argors Blick verirrte sich im Geflecht der Formen, die sich hier ineinander woben.
Über ihnen an der Decke des Raums drehte sich langsam ein Licht, das hell war wie tausend Blitze. Knorre hatte ihn davor gewarnt, direkt hineinzusehen, aber auch aus den Augenwinkeln erkannte er in dem Gleißen helle Schlieren, die sich bewegten, sodass das Licht langsam zu pulsieren, ja fast lebendig schien. Argor bildete sich sogar für einen Moment ein, es wolle ihn verschlingen. Der Boden in dem Raum vibrierte und ließ seine Füße kribbeln, während der Lärm so groß war, dass eine akustische Verständigung unmöglich schien.
Knorre zögerte nicht und führte ihn auf ein verrostetes Metallgerüst hinauf, das an der Hinterseite des Raums stand. Oben auf der Plattform kam ein monumentales Rohr aus der Wand heraus, das aus demselben Material gefertigt war wie das Tor zum Depot. Auf jeder Seite des Rohrs
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