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Die Krone von Lytar

Titel: Die Krone von Lytar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Stein ihn an der gepanzerten Schulter traf, drängte er sich in eine Ecke und fing mit lauter und fester Stimme an zu beten. Der Boden unter seinen Füßen bewegte sich, erst leicht, dann stärker, bis ein Brüllen und Tosen, so laut, dass es wie ein körperlicher Schlag war, ihn erschütterte, während das Wasser rasend schnell über seinen Kopf stieg. Es gab nun keine Treppe mehr, und er konnte nicht einmal versuchen zu schwimmen. Doch Argor wollte nicht aufgeben. Er hielt so lange die Luft an, bis es nicht mehr ging. Auch unter Wasser war das Getöse so laut, dass es schmerzte. Beinahe schien es ihm, als ob der Lärm ihn umbringen würde, noch bevor er den Atem verlor, doch dem war nicht so.
    Seltsam, dass das Loslassen so leicht fällt, dachte er, als sein letzter Atemzug entwich und kaltes Wasser seine Lungen füllte. Es war, wie man sagte … sogar das Licht erschien und darin eine Gestalt, die seinen sterbenden Sinnen bekannt vorkam. Ein mächtiger Schlag erschütterte das Gestein und den Körper des Zwerges, die Welt drehte sich … Dann war es vorbei.
     
    Hoch oben, auf dem Hügel über der östlichen Flanke des Damms, stand Elyra. Der Gewittersturm wütete noch immer, Regen und Wind zerrten an ihren Gewändern und peitschten ihr die Haare ins Gesicht. Doch mit einem Mal versiegte das Gleißen an der Basis des Damms, das die ganze Stadt unter ihr taghell erleuchtet hatte, und der Donner verhallte. Stattdessen war im Stein unter ihren Füßen nun ein Zittern zu spüren. Ungläubig sah sie zu, wie plötzlich ein Steinbrocken von der Größe eines Hauses aus dem Damm geschleudert wurde, während ein gleißender Lichtblitz aus dessen Innerem hervorschlug und die Straßen der alten Stadt entlangzulaufen schien, bevor er schließlich verlöschte. Dann gab der gesamte untere Teil des Damms nach.
    Eine Wand aus Wasser stand einen Moment lang wie schwerelos über der Stadt, dann stürzte die schwarze Flut mit einem Brüllen und Donnern, das ihr fast die Sinne nahm, hernieder. Im Licht der nun wieder einsetzenden Blitze vermeinte Elyra zu erkennen, dass die Menschen unter ihr wie angewurzelt verharrten und gar nicht erst versuchten, der Flut zu entgehen. Auf dem Dach der alten Börse richtete sich indessen der Drache auf. Ein Blitz zeigte eine kleine Gestalt an seiner Seite. Der nächste enthüllte, wie sich Drache und Reiter in die Luft erhoben, und ein weiterer, wie zwei gerüstete Soldaten auf dem Dach erschienen, die einen Verwundeten trugen.
    Im Schein der Blitze sah sie auch, wie sich die Wassermassen dem Lager näherten, während eine unsichtbare Hand die Zelte platt zu drücken und wegzufegen schien, bevor die Woge über das Lager hinwegrollte und sich dort, wo soeben noch Zelt und Mensch gewesen waren, eine graue Front erstreckte. Wenige Blitze später hatte die Welle den Hafen erreicht, wo sie ein Schiff durch die Luft wirbelte, als hätte ein Riese es geworfen. Gischt und Brandung schäumten auf, wo das Wasser Häuser wie in einer lässigen Bewegung beiseite wischte. Selbst die alte Börse war nicht hoch genug. Die Welle raste auf sie zu, und ein weiterer Blitz zeigte die Schaumkrone der Flut, die hoch über dem Dach des Gebäudes aufragte. Dicht über dem Wellenkamm vermeinte Elyra ein Glitzern wie von metallenem Gefieder zu erkennen, doch womöglich war es nur ein Nachleuchten der Blitze in ihren geblendeten Augen.
    Als die Welle in die offene See hinausrollte, glaubte sie in der Ferne noch Glocken läuten zu hören, dann wurde es ruhig und still. Ein letzter Blitz zeigte einen leer gefegten Platz, an dem nur noch die alte Börse stand, aus deren hohen Fenstern sich das Wasser in Sturzbächen ergoss. Kein Leben regte sich mehr, als der Sturm, seiner Macht beraubt, verebbte und die dunklen Wolken davonzogen.
    Am Himmel stand ein Stern mit einer atemberaubenden Klarheit, Mistrals Stern, der Stern der Göttin der Welten.
     
    Im Gasthof war es absolut still, als der alte Mann innehielt, um sich seine Pfeife in die Westentasche zurückzustecken. Auch Lamar konnte nichts sagen, und so war es ein junges Mädchen, das die Stille brach.
    »Großvater«, sagte sie leise, »sind sie alle tot?«
    Der alte Mann lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, Saana, das sind sie nicht. Sonst wäre die Geschichte ja schon zu Ende! Erinnerst du dich daran, was Knorre Tarlon und Garret prophezeite?«
    Das Mädchen nickte heftig.
    »Nun«, fuhr der alte Mann fort, »Garret behielt recht. Was Knorre ihnen prophezeit hatte, war

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