Die Krone von Lytar
Garret und klopfte dem Zwerg auf die Schultern. Dann runzelte er die Stirn. »Ich frage mich nur, warum es keinen von uns getroffen hat.«
»Zuerst kam das Elmsfeuer zu mir«, überlegte Elyra. »Und danach zu Argor, obwohl Garret viel näher an der Platte gestanden ist als wir.«
»Ich glaube, ich kann euch sagen, warum«, sinnierte Tarlon und musterte die Platte an der Stelle, wo sein Schwert noch immer auf dem Siegel haftete und der Schwerkraft zu trotzen schien. »Ihr seid beide nicht aus Lytara.«
»Aber wir leben doch schon immer dort!«, widersprach Elyra.
Tarlon schüttelte jedoch den Kopf. »Dein Wappen befindet sich zwar ebenfalls auf der Türe, Elyra. Aber du selbst stammst nicht aus Lytar. Vielleicht war das Elmsfeuer deswegen erst bei dir. Immerhin hattest du das passende Schwert dabei. Argor hatte weder ein Schwert, noch gehört er einer der Familien von Alt Lytar an.« Vorsichtig legte er seine Hand auf den kühlen Stahl. »Argor hat Glück gehabt, dass ihn der Blitz nicht getötet hat.«
»Zwerge sind eben zäh«, antwortete Argor. »Aber das nächste Mal werde ich Abstand halten.« Er strich sein Haar glatt. »Ist das Tor jetzt wenigstens auf?«
»Nein«, bedauerte Tarlon und nahm den Knauf seines Schwerts vom Siegel, das sich daraufhin von der Stahlwand löste und auf den Boden gefallen wäre, hätte Garret es nicht rechtzeitig aufgefangen. »Seht euch das an, wenn ich mich nicht sehr irre, hat uns das Tor gerade den Weg zu einem Schlüssel freigegeben. Seht ihr? Hier!«
In der Tat war nun dort, wo sich zuvor das Siegel befunden hatte, ein senkrechter Schlitz zu sehen. Tarlon zögerte nicht lange und schob sein Schwert einer Eingebung gehorchend langsam in den Schlitz hinein. Es passte exakt, und als er es bis zum Heft hineingeschoben hatte, hörten sie ein leises Klicken. Tarlon wollte sein Schwert daraufhin wieder herausziehen, aber es ließ sich nicht mehr bewegen.
»Genau so habe ich es mir gedacht«, sagte er und nickte zufrieden. »Die Schwerter sind der Schlüssel. Deshalb hieß es immer, sie dürften nicht verloren gehen! Doch leider haben wir nur drei der sieben Schlüssel bei uns.« Er sah seine Gefährten an. »Wir müssen also ins Dorf zurück und die Schwerter und ihre dazugehörigen Familien herbringen.«
7
Das Depot
Sie brachen sofort auf, nachdem ein jeder von ihnen noch einmal vom Bach getrunken hatte. Ohne dass sie sich zuvor darüber verständigt hatten, fielen sie in einen Dauerlauf, den alle Bewohner des Dorfes von klein auf lernten. Zwanzig Minuten rennen, fünf Minuten gehen.
»Der Mensch ist ein seltsames Tier«, hatte der Schmied einst zu Tarlon gesagt, als ihm dieser dabei geholfen hatte, ein Pferd zu beschlagen. »Ein Pferd hält nur etwa zwanzig Meilen durch, danach muss man ihm entweder eine Pause gönnen oder man reitet es kaputt. Im Vergleich dazu kann ein Mann zu Fuß innerhalb eines Tages größere Distanzen zurücklegen. Hast du es also eilig, dann reite ein Pferd. Willst du dagegen möglichst weit kommen, gehe zu Fuß.«
Die Freunde waren nicht ganz so schnell, wie sie es sich gewünscht hatten. Dennoch erreichten sie bereits am ersten Tag die alte Handelsstraße, auf der noch immer die Spuren der gegnerischen Truppen zu sehen waren. Schon bald erreichten sie die Stelle, an der Sera Tylane ermordet worden war, und legten eine Pause ein, um nach ihrem Leichnam zu suchen, den sie gerne nach Hause zurückgebracht und dort begraben hätten. Doch sie konnten ihn nirgendwo entdecken.
»Vielleicht haben ihn wilde Tiere gefunden und davon geschleppt«, mutmaßte Argor, glaubte aber selbst nicht daran.
So knieten sie auf der grasbewachsenen Straße an der Stelle nieder, an der die Herrin Tylane geköpft worden war, und beteten für ihre Seele. Elyra weinte nicht, sondern blickte stumm in die Ferne, und als Tarlon sie besorgt betrachtete, hoffte er inständig, dass sie ihn niemals mit diesem Ausdruck in den Augen ansehen würde.
Danach ruhten sie sich noch etwas aus, brachen aber schon bald wieder stillschweigend auf. Elyra warf keinen einzigen Blick zurück.
Sie hatten Glück mit dem Wetter, und auch des Nachts, wenn sie rasteten, ereignete sich nichts, was ihre Reise gestört hätte. Schließlich erreichten sie am späten Morgen des dritten Tages nach ihrem Aufbruch vom Depot endlich das Dorf.
Was sie sahen, überraschte sie nicht wenig. Zwar waren hier und da noch immer Spuren des Kampfes zu sehen, dennoch bot das Dorf einen eher fröhlichen
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