Die Krone von Lytar
Mann. Sie trugen große Schwerter und Schilder, auf denen das Wappen Alt Lytars prangte: der Greif mit dem erhobenen Schwert. Darüber hinaus schulterten sie Speere und sahen so aus, als ob sie bereit wären, im nächsten Moment loszumarschieren. Schwarz und offensichtlich aus demselben Material gefertigt wie die Familienschwerter, wirkten ihre metallenen Gesichter hart und unnachgiebig. Sie strahlten eine derartige Bedrohung aus, dass sowohl der Zwerg als auch der Bürgermeister einen Schritt zurückwichen. Auch die anderen, die neugierig hinzukamen, um zu schauen, was die beiden so beeindruckte, hielten inne. Einige schwiegen, andere fluchten leise, als sie die metallenen Krieger sahen.
»Wofür haben sie die Statuen wohl eingelagert? So schön sind die ja nun auch wieder nicht. In meinem Garten würde ich so eine jedenfalls nicht aufstellen!«, rief jemand aus dem Hintergrund und löste damit hier und da ein leises Lachen aus, auch wenn es etwas betreten klang.
Pulver war nun auch dazugetreten und musterte die Statuen intensiv. Dann kniete er sich hin, um den Boden der Kiste genauer zu begutachten. Als er sich langsam wieder aufrichtete, hielt er den Blick misstrauisch auf die Statuen gerichtet. »Ich glaube, das sind keine Statuen«, sagte er, mit Unglauben in der Stimme. »Seht ihr hier den Boden vor der Kiste? Überall sind Fußspuren. Diese Statuen sind hier selbst hineinmarschiert. Sie können sich allein bewegen!«
»Götter!«, hauchte der Bürgermeister. »Dass mir die ja keiner anfasst!« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich hier zu finden hoffte. Kriegsgerät vielleicht, aber doch nicht so etwas!«
»Einfache Katapulte oder Belagerungstürme werden wir hier wohl kaum finden«, sagte Ralik erschüttert, als er die weiten Türen der Kiste langsam wieder schloss. »Ich glaube, das hier ist um vieles schlimmer.«
Garret hatte sich nicht weiter darum gekümmert, was die anderen da so interessierte, sondern sich währenddessen auf eigene Faust daran gemacht, das Depot zu erkunden. Dabei stieß er auf eine mannshohe Kiste, die umlaufende Regale enthielt, auf denen Dutzende von kleinen Statuen standen. Darunter waren zwei Dutzend stählerne Falken, die so fein gearbeitet waren, dass man meinen könnte, jede der stählernen Federn wäre echt. Feine Hauben aus Silberdraht waren über ihre Köpfe gezogen, ähnlich den Hauben, die Falkner bei ihren Tieren verwendeten.
Vorsichtig nahm er eine der Figuren in die Hand. Sie war unverhältnismäßig schwer und fühlte sich in seiner Hand überraschend warm an. Er erkannte das Wappen auf den metallenen Federn.
Interessant, dachte Garret und schmunzelte leicht, denn dieses Wappen gehörte zu dem Falkner von Lytara, einem Freund seines Vaters. Die Falknerei hatte offenbar Tradition in dessen Familie und reichte weit in deren Vergangenheit zurück. Garret sah sich suchend um und entdeckte den Mann in der Nähe des Ausgangs. Vielleicht würde der Freund seines Vaters die Statue interessant finden und ihm mehr darüber erzählen können.
»Hier«, sagte Garret und reichte die Figur an den Falkner weiter. »Ich glaube, das gehörte einmal Eurer Familie.«
Der Mann nahm die Tierfigur vorsichtig entgegen und betrachtete sie nachdenklich. »Ich habe die Geschichten meines Großvaters immer für Märchen gehalten. Aber nun, da ich diesen metallenen Falken mit meinen eigenen Augen sehe … Lass uns kurz ins Freie gehen und dort etwas ausprobieren.«
Garret sah unwillkürlich zum Bürgermeister zurück, und der Falkner lachte. »Ich glaube nicht, dass er etwas dagegen hat. Wir bringen den Falken auch gleich wieder zurück.«
»Nun gut«, meinte Garret, dessen Neugier immer größer wurde. »Wir nehmen ja wirklich nichts mit.«
Zusammen gingen sie zum Eingang des Depots zurück. Draußen auf der Lichtung drehte der Falkner den metallenen Falken in der Hand hin und her und betrachtete ihn von allen Seiten. Sanft strichen seine Finger über das metallene Gefieder.
»Irgendwie glaube ich, dass das hier fliegen kann …«, sagte er und zog die fein gewebte silberne Haube vom Kopf der Statue. Sofort begann der Falke sich zu bewegen und zu strecken, und der Falkner warf die Statue hoch in die Luft.
»Flieg!«, rief er. Ungläubig sahen die beiden zu, wie der kleine Falke einmal mit seinen Schwingen schlug, um dann in einem großen Bogen weiter aufzusteigen, wobei er immer größer und größer wurde. Der Falke wuchs und wuchs, bis die Spannweite seiner Schwingen
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