Die Krone von Lytar
dazwischen.
»Richtig, mein Kind, es wird dann in unserem Tal wieder eine Priesterin Mistrals geben. Sie ist das Zeichen dafür, dass das dritte und letzte Zeitalter Lytars beginnt. In der Prophezeiung heißt es eindeutig: ›Das Reich wird nicht ohne die Führung der Göttin sein, denn sie wird eine Dienerin erwählen, die es in diese neue Zeit führt.‹«
Ein Raunen ging durch die Menge. Der Bürgermeister sah Elyra strafend an und öffnete den Mund, doch diesmal war es Garret, der ihm zuvorkam und die nächste Frage stellte: »Heißt das, dass die Krone von Lytar noch existiert? Wir dachten alle, sie wäre zerstört?«
»Die Krone Lytars zerstört? Wie sollte dies möglich sein?«, fragte die Hüterin, und ihre Überraschung war ihr deutlich anzumerken.
»Wir dachten, es wäre so«, antwortete der Bürgermeister, der diesmal schneller war als Garret und Elyra.
»Die Krone von Lytar ist keine gewöhnliche Krone. In ihr ruht die Macht, das Reich zu einen. Sie birgt sowohl die Macht des alten Reiches als auch die Hoffnung einer neuen Welt. Nicht einmal der Kataklysmus war imstande, sie zu zerstören. Vielleicht vermögen sogar die Götter selbst nicht, dies zu tun.«
»Wo ist sie? Ist sie hier?«, fragte Elyra, und der Bürgermeister sah gequält nach oben, als wolle er die Götter um Beistand anflehen.
»Nein, das ist sie nicht. Niemand weiß, wo sich die Krone befindet. Wahrscheinlich in den Trümmern der alten Stadt. Wenn Ihr die Krone sucht, seid Ihr hier am falschen Ort.«
Der Bürgermeister räusperte sich und setzte zu einer Erklärung an. »Jener Belior, der unser friedliches Dorf mit seiner Armee aus dem Nichts angegriffen hat, ist auf der Suche nach dieser Krone. Er strebt nach ihrer Macht. Er ist bereit, alles und jeden zu zerstören, der sich ihm in den Weg stellt. Er wird jeden Stein dreimal umwenden, bis er die Krone gefunden hat.«
»Die Krone wird das Reich einen. Wer auch immer sie trägt«, antwortete die Hüterin schlicht.
»Was macht diese Krone so wertvoll?«, überlegte der Bürgermeister laut. »Welche Macht hat dieses Artefakt, dass dieser fremde König uns hier mit Krieg überzieht, um die Krone in seine Hände zu bekommen?«
Die Sera schwieg einen Moment, dann seufzte sie. »Das vermag Euch niemand zu sagen, nur die Könige selbst und die Priesterinnen Mistrals wussten um ihr Geheimnis. Ich selbst weiß nur, dass sie keine Waffe ist. Die Macht der Krone ist subtil, ihre unmittelbaren Auswirkungen unsichtbar. Der Magier, der sie schuf, meinte einst, dass sie ein Werkzeug wäre und somit für jeden Herrscher eine Prüfung. Ist derjenige, der sie trägt, gut und weise, wirkt auch die Krone in diesem Sinn, strebt jemand nach Macht, wird er sie durch die Krone erhalten. Keiner weiß mehr, denn der Letzte, der sie trug, nahm ihr Geheimnis mit in den Tod.«
Der Bürgermeister nickte langsam. »So wisst auch Ihr kaum mehr zu berichten, als unsere alten Legenden sagen.«
»So ist es«, bestätigte die Frau in der Rüstung.
»Das ist bedauerlich, aber wegen der Krone kamen wir auch nicht hierher«, sprach der Bürgermeister weiter. »Wir suchen Dinge, die uns nützlich sein könnten, unsere Heimat zu verteidigen. Eure Worte haben uns tief berührt, aber all dies ist lange her, und heute sind wir es, die in Gefahr sind. Was uns betrifft, steht der Konvent also noch. Aber wir wurden angegriffen. Und deshalb wollen wir uns in diesem Depot nach etwas Brauchbarem umsehen. Ich gebe Euch mein Wort, dass wir keine Kriegsmaschinen entnehmen werden.« Er sah sich um, und alle anderen Mitglieder des Rates nickten, mit Ausnahme von Ralik, dem Zwerg.
Stille kehrte ein, und Ralik fühlte, dass die fünf Gewappneten nun ihn musterten. Er spürte eine Kälte in sich aufsteigen und eine namenlose Angst. Er war wahrlich alt genug, um zu wissen, dass die Hüter keine gewöhnlichen Sterblichen mehr sein konnten. In ihnen hatte sich die Magie mit dem Tod zu etwas verbunden, das er nicht benennen konnte.
»Denkt immer daran«, warnte die dunkle Sera. »Erhebt Ihr die Macht des alten Reiches, bricht der Konvent, und die Prophezeiung nimmt ihren Lauf.«
Daraufhin fuhr ein heller Blitz, gefolgt von einem gewaltigen Donner, durch den Gang. Die Hüter verschwanden wie von Geisterhand, und dort, wo sie zuvor gestanden hatten, teilte sich vor den Augen der fassungslosen Lytarer das zweite Tor aus Stahl und gab den Weg frei in das Innere des Depots.
»Hmpf!«, sagte Lamar. »Wird das Ganze jetzt zu einer
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