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Die Kugel und das Opium

Die Kugel und das Opium

Titel: Die Kugel und das Opium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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Trubel angesehen. Damals war ich jung, ich hatte keine Ahnung, ich wusste nicht, was das ist: Politik, ich fand, das ist nicht leicht, für die Partei und die Regierung, so viele Leute, Tag und Nacht Demonstrationen und Kundgebungen, und dann die Besetzung vom Tiananmen und die ganzen Reden und wie sie zusammen gesungen haben, Flugblätter, Hungerstreik und alles. Auf dem Herzen des Vaterlandes, dem Tiananmen, ging es drunter und drüber. Ach, und dann ist am Abend vom 3 . Juni etwas passiert, das war der direkte Grund dafür, dass ich den Militärwagen angezündet habe, das hat mich einfach zu sehr aufgeregt.
    LIAO YIWU:
    Was war das?
    ZHANG MAOSHENG:
    Nach dem Abendessen bin ich wie immer vor die Tür gegangen und ziellos durch die Gegend gebummelt. Da komme ich an die Fuchengstraße und sehe, wie da ein Haufen Leute an der Straße steht und diskutiert. Ich habe mich neugierig unter die Leute gemischt, um mal zu sehen, was los ist. Da war eine furchtbar traurige Frau mit einem kleinen Lieferwagen, die stand dort und heulte. In dem Wagen lag ein Junge, er war voller Blut. Die Leute drumherum redeten alle durcheinander, fuchtelten mit den Armen und machten sehr böse Gesichter. Ich hörte, wie sie erzählten, dass der Bub erst acht Jahre alt war; als die Truppen vorbeikamen, hat er gerade auf dem Rasen neben der Straße gespielt. Jetzt sagen Sie selbst, was versteht schon so ein acht Jahre alter Bub? Ein Soldat hat ein ganzes Magazin leergemacht und ihn einfach totgeschossen. Verdammt! Damals hat es in meinem Kopf einfach einen Schlag getan, und da brannte ich – waren das denn noch Menschen? Schlimmer als die Tiere! Da hätte ich gern selbst ein Gewehr gehabt, wenn ich einen Soldaten getroffen hätte, den hätte ich auf der Stelle aus dem Weg geräumt! Ich weiß auch nicht, wie lange es gedauert hat, die Leute sind auseinandergelaufen, ich weiß nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin, ich weiß nur noch, dass mir ganz schwindlig war, meine Brust war verstopft, und ich habe die ganze Zeit geheult.
    Tags darauf, also am Nachmittag des 4 . Juni, bin ich auch unterwegs gewesen. An einer Stelle nicht weit weg von dem Krankenhaus der Universität Beijing, da habe ich viele Bürger gesehen, die mit Verwundeten auf Tragen in Richtung Eingang rannten, wobei das Blut nur so herunterplatschte. Damals hat noch ein Student von der Pädagogischen Universität irgendwo oben gestanden und eine Rede gehalten, von wegen dies und jenes, wie viele Leute von Kugeln getroffen worden sind und nicht mehr zu retten waren. Er sagte, diese Tiere haben den Verstand verloren, das Rote Kreuz ist im Einsatz, aber die gehen auch auf die los, und wie die Volksbefreiungsarmee ihre Gewehre auf die einfachen Leute richten kann? Was ich da hörte, machte mich wütend und traurig zugleich, ich dachte an den toten Buben vom Abend vorher, das stach mir noch mehr ins Herz, ich wollte einen Soldaten suchen und gemeinsam mit ihm untergehen. Herr Lehrer Liao, sagen Sie selbst, musste damals, in dieser Situation, nicht jeder Chinese, der noch einen Rest von Gewissen hatte, genau denselben Impuls spüren wie ich? Ich wischte mir die Tränen ab, ging weiter und kam an die Madian-Brücke, wo die Studenten Militärlaster, die in den Süden der Stadt unterwegs waren, aufgehalten hatten. So eine Situation, die kann man heute nur noch im Film sehen, irgendwie großartig und chaotisch, als hätten auf der Straße formlose Pulverfässer herumgelegen. Die Bürger schimpften, was das Zeug hielt, der Geifer flog nur so durch die Luft, am Anfang habe ich mir ständig das Gesicht abgewischt, aber dann hat es mich nicht mehr geschert. Ständig ist mir jemand auf die Füße getreten und hat irgendwelche Dinge in Richtung Soldaten geschmissen. Die Studenten haben sich an den Händen gehalten, die Straßenmitte blockiert und sich zwischen die Leute und die Soldaten gestellt. So hielten sie ziemlich lange die Sache in der Schwebe. Die Soldaten sind alle aus dem Laster raus, haben nichts Gutes von sich gegeben, sich gegenseitig vorgeschoben, gezerrt und gezogen und mit der Faust gedroht. Ich konnte nicht mehr länger zusehen! Die Wut, die sich so lange in mir aufgestaut hatte, stieg mir in den Kopf. Ich schrie: Das geht nicht! Das geht auf keinen Fall! Ihr dürft auf keinen Fall zulassen, dass die Schweine wieder irgendwelche Unschuldigen abschlachten! Landsleute, wir müssen alles tun, dass sie mit dem Morden aufhören!
    Anschließend machte ich zwei Schritte auf einmal

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