Die Kultur der Reparatur (German Edition)
verständlicherweise kaum mehr lesbares Typenschild, sondern auch den Hersteller beziehungsweise den Vertrieb.Die vierstellige Postleitzahl und die kurze Telefonnummer machten mir schnell klar, dass ich da nicht mehr anzurufen brauchte. Aber im Internet fand ich heraus, dass es die Firma offensichtlich immer noch gab.
Meine Erwartung war nicht allzu groß, umso überraschter war ich zu hören, selbstverständlich gäbe es noch die Wartung und die Ersatzteile, ja, auch neue Aufsatzteile für andere Einsatzzwecke könnte ich erstehen. Und das nach beinahe fünfzig Jahren. Die Firma müsste einen Preis für nachhaltiges Wirtschaften erhalten.
Aber zurück zu meinem Problem mit der Schwimmbadpumpe. Ich outete mich in diesem Gespräch nun als Technikfan, der eine gewisse Bewunderung für die Mechanik und die Funktionsweise dieser Geräte hat, und im Laufe des Gesprächs verriet mir der Mitarbeiter, es könnte womöglich noch bei einem Kollegen so ein altmodisches Modell eines für meinen Motor passenden Pumpenaufsatzes herumliegen. Er würde sich schlau machen. Einige Zeit später meldete sich dieser Kollege auch, meinte aber leider, diese Pumpe existiere nicht mehr. Das Ganze ging also wieder von vorne los.
„Und kann ich denn wenigstens die Pumpe des neuen Modells als einzelnes Teil erwerben?“, fragte ich.
„Das können Sie“, antwortete der Mitarbeiter.
„Und was kostet sie in diesem Fall?“
„Mmh ... das abgestrippte Modell ist für rund 1000 Euro zu haben.“
Immerhin. Das war um einiges günstiger als das Komplettmodell. Ich ließ mir nun noch einige Daten geben, um die Pumpe selber anbringen zu können, mit all den nötigen Wasserschläuchen. Er vermittelte sie mir in einem sachlichen Ton, nichts wies darauf hin, dass ich aufs Glatteis geführt wurde. Danach war das Gespräch beendet.
Mit meinem Reparaturwillen hatte ich mich erdreistet, mich durch das Geschäftsmodell hindurchzumogeln: indem ich nicht die gesamte Pumpenmotoreinheit erstand, sondern nur den Pumpenteil und die nötigen Anschlussbauteile. Andere Teile wie Schläuche mit Schellen konnte ich ja selbst beisteuern. Aber nicht nur das. Ich hatte zudem den ungehörigen Gedanken, zu einem Baumarkt zu gehen und mir die nötigen Zusatzteile selbst zu besorgen. Doch daran hatte der Hersteller der neuen Schwimmbadpumpe offensichtlich schon gedacht, denn bei seinen neuen Modellen hatte er aus Gründen, die technisch nicht nachvollziehbar waren, ein Gewinde für den Anschluss des Wasserschlauchs verbaut, das praktisch nicht aufzutreiben war. Es hatte nicht einen halben Zoll, nicht einen Zoll, auch nicht 2/3 oder zweieinhalb Zoll. Nein. Es hatte einen Durchmesser von 3/4 Zoll.
Während des Telefonats hatte bei mir noch kein Warnlicht aufgeblinkt. Erst als ich in einen Baumarkt ging und nach einem 3/4-Zoll-Gewinde fragte und man daraufhin nur mit dem Kopf schüttelte, wusste ich Bescheid. Diese Reaktion wiederholte sich bei jedem Laden, den ich betrat. Selbst Spezialgeschäfte sahen sich nicht in der Lage, ein derartiges Gewinde zu bestellen.
Warum machte die Pumpen-Firma das bloß, überlegte ich. Als ich entsprechende Literatur konsultierte, konnte ich zwar feststellen, dass 3/4-Zoll-Gewinde unter eine DIN-Norm fielen, was aber nichts nützte, wenn niemand sie auf Lager hatte. Noch dazu hatte meine alte Pumpe eines der ganz üblichen Gewinde. Eigentlich konnte ich mir meine selbst gestellte Frage schnell beantworten: Der Betrieb, der die Schwimmbadpumpen produzierte, wollte auf diese Weise verhindern, dass ein ganz normaler Reparateur mit gewöhnlichen Baumarktteilen ein defektes Gerät wieder in Gang setzen konnte. Anders konnte ich es mir nicht erklären.
So klar dies die Absicht des Unternehmens sein musste, so sicher war ich mir, dass ich einen Weg finden würde, um meinen Plan doch noch in die Tat umzusetzen. Mein Ehrgeiz war geweckt.
In einem weiteren spezialisierten Werkzeugladen, den ich mit meinem Ansinnen aufsuchte, hatte mir – ich kannte es ja schon – ein junger Angestellter zu verstehen gegeben, dass sie das Gewinde nicht hätten. Doch ein älterer Mitarbeiter, der aufgrund von früheren Einkäufen eine gewisse Sympathie für mich hegte, mischte sich ein: „Ja mei, der Herr Heckl will immer alles selbst reparieren, da müssen wir doch mal schaun, ob wir nicht eine Möglichkeit finden.“
Ich erzählte noch einmal ausführlich mein Problem, meinte, ich bräuchte ein Gewinde, das wohl DIN-Norm hätte, aber gleichsam nicht
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