Die Kunst, anders zu leben
Natürlich empfinde ich das als unangenehm; doch nachdem ich mir in letzter Zeit beim Joggen ein paar Verletzungen zugezogen habe und Jolie am Sprunggelenk operiert werden musste, halte ich es für unklug, auf eine Krankenversicherung zu verzichten, solange wir in Amerika leben.
Von solchen unvermeidlichen Ausnahmen abgesehen, achte ich sehr darauf, meine Ausgaben mit meinen allgemeinen Wertvorstellungen in Einklang zu bringen. Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist, dass Erfahrungen, die mein Leben bereichern, mir in der Regel wichtiger sind als »Sachen«. Mit »Sachen« meine ich Dinge, die ich mir ins Haus stellen oder legen kann, während Erfahrungen etwas sind, was ich tue. Konzerte, verlängerte Wochenenden in nahegelegenen Städten, Abendessen mit Freunden – all das sind Erfahrungen. Kleidungsstücke, Haushaltsartikel, eigentlich alles, was physischen Raum in Anspruch nimmt, fällt bei mir in die Kategorie »Sachen«. Solche Ausgaben versuche ich zu vermeiden oder zumindest einzuschränken.
Weil ich weiß, dass das Leben mich bisher reich beschenkt hat, achte ich nicht zuletzt auch darauf, der Welt etwas zurückzugeben, indem ich Geld in andere Menschen investiere. Auf all diese Ideen werde ich im Folgenden noch näher eingehen.
EIN PAAR GRUNDPRINZIPIEN
Nun möchte ich Ihnen ein paar persönliche Vorschläge für den Umgang mit Ihren Finanzen machen, wobei mir jedoch wichtig ist, dass Sie sich dabei an Ihren eigenen Wertvorstellungen orientieren. Ich glaube nicht, dass meine Art, mit Geld umzugehen, unbedingt für alle Menschen der beste Weg ist. Ich weiß aber auch, dass viele Leute mit sich selbst nicht im Reinen sind, wenn es darum geht, wofür sie ihr Geld ausgeben. Egal, wie Sie Ihre Finanzen managen möchten – es wird Ihnen sehr helfen, wenn Sie sich vorher über Ihre Wertvorstellungen im Klaren sind.
Zeit ist nicht Geld. Ich schätze Genügsamkeit teilweise als Mittel zum Zweck, aber sie stellt für mich auch einen persönlichen Wert dar. Wenn ich in manchen Lebensbereichen sparsam bin, kann ich in anderen dafür umso mehr Geld ausgeben. Zwischen diesen beiden Dingen besteht aber nicht unbedingt immer ein direkter Zusammenhang – wenn ich beschließe, mir an einem Abend die zwei Euro für die Busfahrt nach Hause zu sparen und stattdessen lieber zu Fuß zu gehen, bedeutet das nicht, dass ich mir deshalb ein Round-the-World-Ticket für 4000 Euro kaufen kann. Wenn ich die Sache streng aus der Perspektive »Zeit ist Geld« betrachten würde, wäre es für mich sogar wesentlich günstiger, mit dem Bus nach Hause zu fahren (Zeitaufwand: zehn Minuten), statt zu Fuß zu gehen (Zeitaufwand: 30 Minuten). Aber diese Inkonsequenz stört mich nicht, weil es nicht mein Ziel ist, ein perfekt durchorganisiertes Leben zu führen. Mir ist es vielmehr wichtig, Dinge nicht aus reiner Gewohnheit oder einfach nur deshalb zu tun, weil ich nicht den Mut habe, meine Angst vor Veränderungen zu überwinden (siehe Kapitel 3).
»Aufgeschobene Belohnungen« können eine Form von Lebensvermeidung sein. Gratifikationsaufschub, auch als »aufgeschobene Belohnung« bezeichnet – also das Prinzip, jetzt etwas zu opfern in der Hoffnung, es sich dafür irgendwann in Zukunft gönnen zu können – hat sowohl positive als auch negative Seiten. Ich schreibe dieses Buch ein Jahr, bevor es veröffentlicht wird, verzichte dafür auf andere Einkünfte und investiere viel Zeit in der Hoffnung, dass Sie es irgendwann lesen werden – und das alles nur, weil ich an dieses Projekt glaube. Außerdem habe ich in diesem Monat 300 Euro auf mein Sparkonto eingezahlt – ebenfalls ein Opfer, das ich gerne gebracht habe.
Aber die Praxis des Belohnungsaufschubs kann Menschen auch als Vorwand dienen, bestimmten Entscheidungen über ihr gegenwärtiges Leben aus dem Weg zu gehen. Das ist ein Aspekt meines finanziellen Lebens, bei dem Ausgewogenheit mir sehr wichtig ist – es macht mir nichts aus, Geld für die Zukunft anzusparen, aber nicht auf Kosten meines heutigen Lebensgenusses. Stellen Sie sich vor, Sie sparen 40 Jahre lang, verschieben alle möglichen Chancen bis zum Zeitpunkt Ihres Ruhestands und werden dann, einen Tag bevor Sie in Rente gehen, von einem Bus überfahren? Es ist besser, für die Zukunft vorauszuplanen, aber darüber das Leben in der Gegenwart nicht zu vergessen.
Es gibt keine »guten Schulden«. Ich weiß, dass eine Debatte darüber geführt wird, ob bestimmte Arten von Schulden »gut«, andere dagegen »schlecht«
Weitere Kostenlose Bücher