Die Kunst, anders zu leben
Verfügung stehen, alles schaffen kann. Wenn man die Stunden abzieht, in denen man schlafen muss, kommt man auf eine realistischere Zahl von 98 Stunden pro Woche. Und wenn man dann auch noch einen freien Tag abzieht (ein Thema, auf das ich gleich noch zu sprechen kommen werde), kommt man auf 74 Stunden. All diese 74 Stunden oder 4440 Minuten können Sie mit Dingen anfüllen, die Sie gerne tun.
Ich persönlich möchte keine dieser Minuten vergeuden. Ich möchte Marathons laufen, Unternehmen gründen, Webseiten aufbauen, schreiben, mich mit netten Leuten unterhalten, gemeinnützige Organisationen unterstützen, jedes Jahr 20 Länder bereisen – und ab und zu möchte ich natürlich auch schlafen. Habe ich bereits erwähnt, dass ich Kaffee trinke? Ich mag Kaffee.
Ich weiß aus Erfahrung: Wenn ich all diese Dinge nicht täte, wäre ich todunglücklich. Wenn ich zu lange stillsitze, habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn schrumpft. Ich bin sehr interessiert daran, nutzlosen, unnötigen Stress zu reduzieren, aber wenn ich die Möglichkeit habe, etwas Interessantes zu tun, versuche ich, einen Weg dafür zu finden.
WIE SIE SICH ENTSPANNEN UND REGENERIEREN KÖNNEN
Ich halte es für wichtig, die Mehrzahl der 4440 Minuten, die uns jede Woche zur Verfügung stehen, mit sinnvollen Projekten und Kontakten zu verbringen; aber Sie müssen auch herausfinden, wie Sie sich am besten entspannen können. Mir als introvertiertem Menschen gelingt das in der Regel besonders gut, wenn ich allein bin. Vor allem in fremden Ländern, deren Sprache ich nicht spreche, verbringe ich manchmal mehrere Tage hintereinander ohne große Kontakte zu anderen Menschen. Das sind zwar manchmal einsame Tage, aber ich finde nicht, dass Einsamkeit unbedingt etwas Schlimmes ist, wenn sie uns die Möglichkeit gibt, innerlich zur Ruhe zu kommen und uns über die Welt um uns herum Gedanken zu machen.
Wenn ich nicht gerade auf Reisen bin, versuche ich, mir jede Woche einen freien Tag zu nehmen, und zwar von 18 Uhr am Samstag bis 18 Uhr am Sonntag. 90 Prozent dieser Zeit verbringe ich offline; das heißt, ich gehe vielleicht ins Internet, um die Samstags- oder Sonntagszeitung zu lesen, rufe aber keine E-Mails ab und arbeite auch nicht.
WOHER WISSEN SIE, OB SIE JA ODER NEIN SAGEN SOLLEN?
Wenn Ihnen bestimmte Gelegenheiten, Ablenkungen oder sonstige Dinge begegnen, die Ihre Zeit in Anspruch nehmen würden – anhand welcher Kriterien entscheiden Sie dann, ob Sie Ja oder Nein dazu sagen sollen? Natürlich bleibt das (wie immer) Ihnen überlassen; aber ich habe trotzdem ein paar Anregungen für Sie:
Sagen Sie Ja, wenn es sich um Aufgaben handelt, mit denen Sie der Welt ein Vermächtnis hinterlassen können. (Darauf werden wir in Kapitel 11 noch näher eingehen.)
Sagen Sie Ja zu Arbeiten, bei denen etwas Sinnvolles herauskommt. (Definieren Sie Arbeit nicht anhand der investierten Zeit, sondern anhand dessen, was dabei entsteht.)
Sagen Sie Ja zu allem, was Ihnen Spaß macht.
Sagen Sie Nein zu Arbeiten, bei denen nichts Sinnvolles herauskommt (zum Beispiel zu überflüssigen Besprechungen).
Sagen Sie Nein zu stumpfsinniger Routinearbeit.
Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl: Was sagt es? Wenn Sie bei irgendetwas ein schlechtes Gefühl haben, lehnen Sie es lieber ab. Wenn eine Aufgabe Ihnen ein bisschen Angst macht, Sie aber gleichzeitig fasziniert, nehmen Sie sie an.
Wie kann man bestimmte Impulse aus der Außenwelt drastisch reduzieren und dabei gleichzeitig die Anzahl anderer Impulse und Aktivitäten erhöhen? Auf diese Frage gibt es eine ganz einfache Antwort: Wenn Sie bestimmte Aktivitäten einschränken, können Sie sich anderen Dingen dafür intensiver widmen. Sie können fast alles haben, was Sie wollen – aber nicht gleichzeitig. (»Alles – aber nicht alles und jedes«, um es mit den Worten von Zeitmanagement-Guru David Allen auszudrücken.)
Die Kunst der radikalen Isolation zu praktizieren, ist aus zwei Gründen gut für uns: Erstens verbannen wir dadurch alles Überflüssige aus unserem Leben. Aber der zweite Grund ist ebenso wichtig: Wenn Sie zu bestimmten Dingen Nein sagen, können Sie dadurch zu umso mehr anderen Dingen Ja sagen. Und wenn ich die Wahl habe, möchte ich lieber etwas Getanes bereuen, als traurig darüber zu sein, irgendetwas nicht getan zu haben (vielleicht aus Angst oder weil mich irgendwelche anderen Verpflichtungen daran gehindert haben). Man sollte möglichst intensiv leben. Stets ausgeruhte Menschen werden die Welt nicht
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