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Die Kunst, anders zu leben

Die Kunst, anders zu leben

Titel: Die Kunst, anders zu leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Guillebeau
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einmaliges Abenteuer; für mich dagegen bestand sie nur aus völlig normalen Arbeitstagen.
    Wie ich zum Nomaden wurde
    Landkarten haben mich schon immer fasziniert. Als Kind blätterte ich oft stundenlang in Atlanten herum, dachte mir Autorouten quer durch die Vereinigten Staaten aus, lernte die Namen der Hauptstädte sämtlicher Länder auswendig und träumte von fernen Orten. Glücklicherweise machte ich schon in meiner Kindheit verschiedene kulturübergreifende Erfahrungen, die mir die Ähnlichkeiten und Unterschiede der Bewohner ferner Länder nahebrachten. Ich kam in Virginia zur Welt, bin aber an verschiedenen Orten aufgewachsen – unter anderem in Montana, Alabama und auf den Philippinen. Meine Eltern wohnten in verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten, also reiste ich mindestens zweimal im Jahr als unbegleiteter Minderjähriger quer durch die USA, wobei ich mehrmals umsteigen musste. Nach ein paar Reisen kannte ich die Flughäfen in Atlanta, Minneapolis und Salt Lake City besser als jeder andere Zehnjährige, und es machte mir Spaß, die mir zugewiesene Begleitperson absichtlich im Gedränge zu »verlieren« und allein durch die Korridore des Flughafengebäudes zu wandern.
    Reisen ist das Einzige, wofür man bezahlen muss und was einen trotzdem reicher macht.
    ANONYM
    Als Jolie und ich im Jahr 2002 nach Westafrika übersiedelten, wurde mir das Reisen noch mehr zur zweiten Natur. Während unserer letzten zwei Jahre in Übersee war ich als Programmdirektor für Mercy Ships tätig, die ärztliche Hilfsorganisation, von der wir damals nach dem Attentat vom 11. September erfahren hatten. Im Rahmen dieser Tätigkeit musste ich immer wieder kreuz und quer durch die Gegend reisen, mich mit Regierungschefs treffen, Häfen inspizieren und Kliniken besichtigen.
    Auf einem Flug von Sierra Leone nach Guinea entdeckte ich eine Flasche Wasser, die mit Klebeband an einer Wand des Flugzeugs befestigt war und die Aufschrift »Feuerlöscher« trug. Glücklicherweise brauchten wir sie nicht zu benutzen. Bei einem anderen Flug an die Elfenbeinküste rollte unsere kleine, uralte Turboprop-Maschine schon die Startbahn entlang, als ein Afrikaner im Anzug neben dem Flugzeug hergelaufen kam und es mit hektischen Handbewegungen zu stoppen versuchte. Zu meinem Erstaunen hielt das Flugzeug tatsächlich an, und er durfte einsteigen – aber erst, nachdem er dem Kopiloten ein Bündel Geldscheine in die Hand gedrückt hatte.
    Die Reisen waren zwar körperlich anstrengend, aber in emotionaler Hinsicht äußerst inspirierend. Ich wurde regelmäßig um Schmiergelder angegangen, lernte Französisch, als ich in der Villa des Präsidenten von Guinea festgehalten wurde, und musste mich bei meinen Übernachtungen in Missionshäusern mit Händen und Füßen gegen Malariamücken wehren. Von den Mücken war ich natürlich nicht so begeistert, aber alles andere war faszinierend.
    Nachdem ich ein Jahr lang auf diese Weise quer durch Afrika gereist war, wollte ich mehr von der Welt kennenlernen. Einmal sollte ich von Liberia nach Benin (in Westafrika) und dann ins südafrikanische Johannesburg fliegen. Da die Flugverbindungen in Afrika begrenzt sind, rechnete ich mir aus, dass es billiger sein würde, von Benin nach Europa und von dort aus weiter nach Johannesburg zu fliegen. Und weil das eine lange Reise war, beschloss ich, einen Zwischenstopp von mehreren Tagen in Europa einzulegen, bevor ich meinen Flug fortsetzte.
    Ich war vorher schon mehrmals in Europa gewesen, aber immer nur in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden und noch nie allein. Als der Reiseberater meinen Flug buchte, entdeckte ich, dass es mich nicht mehr kosten würde, nach Budapest zu fliegen anstatt nach Paris. Fantastisch. Von Budapest aus fuhr ich mit dem Zug nach Prag und hatte während dieser sechs Stunden jede Menge Zeit, darüber nachzudenken, wo ich in meinem bisherigen Leben schon überall gewesen war.
    Ich begann, in Gedanken alle Länder zusammenzuzählen und kam auf eine Summe von ungefähr 50. »Nicht schlecht«, dachte ich, »aber was muss ich tun, um bis auf 100 zu kommen?« Als ich begann, den finanziellen und zeitlichen Aufwand dafür zu berechnen, wurde mir klar, dass es mich ungefähr 20 000 Euro und mehrere Jahre regelmäßiger Reisetätigkeit kosten würde, die nächsten 50 Länder zu schaffen. Ich staunte darüber, wie relativ gering diese Summe war. Meine Freunde zu Hause kauften sich Autos (damals waren es normalerweise Geländewagen oder

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