Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Antworten (die im Grunde die gleichen waren).
Auf gesellschaftlicher Ebene kann das NIH-Syndrom gravierende Auswirkungen haben. Schlaue Lösungen werden nicht übernommen, gerade weil sie aus einer anderen Kultur stammen. Dass der winzige Kanton Appenzell Innerrhoden den Frauen nie freiwillig das Stimmrecht gegeben hat (es brauchte einen Bundesgerichtsentscheid im Jahr 1990), ist ein verblüffender Fall von NIH . Oder: Noch heute sprechen wir von der »Entdeckung Amerikas« durch Kolumbus, obwohl Menschen dort schon lange lebten.
Fazit: Wir sind von unseren eigenen Ideen betrunken. Um wieder nüchtern zu werden, halten Sie ab und zu Abstand, und betrachten Sie die Qualität Ihrer Einfälle rückblickend. Welche Ideen der letzten zehn Jahre waren wirklich herausragend? Eben.
WIE SIE DAS UNDENKBARE NUTZEN KÖNNEN
Der Schwarze Schwan
»Alle Schwäne sind weiß.« Während Jahrhunderten war jedermann in Europa von der Gültigkeit dieses Satzes überzeugt. Mit jedem weißen Schwan, den man sah, wurde die Wahrheit unumstößlicher. Ein Schwan in einer anderen Farbe? Undenkbar. Bis im Jahr 1697 Willem de Vlamingh auf seiner Expedition durch Australien zum ersten Mal einen schwarzen Schwan erblickte. Seither ist der Schwarze Schwan zum Symbol für das Unwahrscheinliche geworden.
Sie investieren Geld an der Börse. Jahrein, jahraus dümpelt der Dow Jones ein bisschen vor sich hin. Sie gewöhnen sich allmählich an dieses gemütliche Auf und Ab. Plötzlich kommt ein Tag wie der 19. Oktober 1987, an dem die Börse um 22 % fällt. Ohne Ankündigung. Das ist ein Schwarzer Schwan im Sinne Nassim Talebs. Seit der ehemalige Trader sein gleichnamiges Buch geschrieben hat (2008), ist der Begriff in Investorenkreisen geläufig. Ein Schwarzer Schwan ist ein undenkbarer Vorfall mit einem riesigen Einfluss auf Ihr Leben (Ihre Finanzen, Ihre Gesundheit, eine Unternehmung etc.). Es gibt positive und negative Schwarze Schwäne . Der Meteorit, der Sie erschlägt, Sutters Goldfund in Kalifornien, der Zusammenbruch der Sowjetunion, die Erfindung des Transistors, der Sturz Mubaraks oder eine Begegnung, die Ihr Leben komplett umpflügt – das alles sind Schwarze Schwäne .
Man mag vom früheren amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld halten, was man will. Immerhin hat er an einer Pressekonferenz im Jahr 2002 einen philosophischen Gedanken mit einer Klarheit ausgedrückt wie vor ihm keiner: Es gibt Dinge, die wir wissen (»bekannte Tatsachen«), es gibt Dinge, die wir nicht wissen (»bekannte Unbekannte«), und es gibt Dinge, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen (»unbekannte Unbekannte«).
Wie groß ist das Universum? Hat Iran die Atombombe? Macht uns das Internet schlauer oder dümmer? – Das sind »bekannte Unbekannte«. Mit genügend großem Aufwand können wir zumindest hoffen, diese Fragen dereinst beantworten zu können. Ganz anders bei den »unbekannten Unbekannten«. Den kollektiven Facebook-Rausch hat vor zehn Jahren niemand vorhersehen können. Es handelte sich um eine »unbekannte Unbekannte« – oder eben um einen Schwarzen Schwan .
Warum sind Schwarze Schwäne wichtig? Weil sie, so paradox es klingt, immer häufiger auftreten. Zwar können wir weiterhin für die Zukunft planen, aber Schwarze Schwäne machen unsere Pläne immer öfter zunichte. Rückkopplungsschleifen und nicht lineare Einflüsse wirken zusammen und führen zu ungeahnten Ergebnissen. Der Grund: Unser Denkorgan, das Hirn, ist für ein Leben als Jäger und Sammler ausgelegt. Damals, in der Steinzeit, begegneten Sie kaum je etwas wirklich Außergewöhnlichem. Die Hirschkuh, die Sie jagten, war mal ein bisschen schneller oder langsamer, ein bisschen fetter oder dünner als der Durchschnitt. Alles spielte sich um einen stabilen Mittelwert herum ab.
Heute ist das anders. Ihr Leben kann eine Wendung nehmen, die Ihnen das Zehntausendfache des durchschnittlichen Einkommens beschert. Fragen Sie Larry Page, Roger Federer, George Soros, J. K. Rowling oder Bono. Solche Superreichen gab es zuvor nicht; Ausschläge dieser Größenordnung waren unbekannt. Erst die allerjüngste Menschheitsgeschichte machte sie möglich – darum unsere Mühe mit extremen Szenarios.
Weil Wahrscheinlichkeiten nicht unter null sinken können und unsere Denkmodelle über die Welt fehleranfällig sind, sollten Sie bei allem von einer Wahrscheinlichkeit ausgehen, die zumindest leicht über null liegt.
Fazit: Bewegen Sie sich in Gebieten, wo ein positiver
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