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Die Kunst des Pirschens

Titel: Die Kunst des Pirschens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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einen Daseinszustand begriff, als Ordnungsbeziehung zwischen dem einzelnen und der Weit - eine Beziehung, die nicht gestört werden kann, ohne daß es zum Tod des einzelnen führte. Da ich keine Möglichkeit sah, meine Situation zu verändern, war ich zu dem Schluß gelangt, daß mein Leben sich dem Ende zuneigte. Mein Gefühl, zum Untergang verurteilt zu sein, schien alle Lehrlinge zu verärgern. Ich beschloß daher, mich ein paar Tage von ihnen zu trennen, um meine düstere Stimmung und damit die Spannung der anderen zu vertreiben.
    Als ich zurückkehrte, sah ich sie draußen vor der Haustür der Schwesterchen stehen, als hätten sie auf mich gewartet. Nestor kam zu meinem Wagen gelaufen, und noch bevor ich den Motor abstellen konnte, platzte er mit der Nachricht heraus, daß Pablito weggelaufen war. Er sei gegangen, um zu sterben, sagte Nestor, nach Tula, in die Stadt seiner Vorfahren. Ich war entsetzt. Ich fühlte mich schuldig.
    La Gorda teilte meine Skrupel nicht. Sie strahlte und verströmte Zufriedenheit.
    »Dieser kleine Lump hat es besser, jetzt da er tot ist«, sagte sie. »Wir alle werden von nun an harmonisch miteinander leben, wie wir es sollten. Der Nagual sagte uns, du würdest eine Veränderung in unser Leben bringen. Nun, das hast du getan. Pablito wird uns nicht mehr belästigen. Du bist ihn los. Sieh nur, wie glücklich wir sind. Wir sind viel besser dran ohne ihn.«
    Ich war empört über ihre Gefühllosigkeit. Ich sagte mit allem Nachdruck, dessen ich fähig war, daß Don Juan uns alle sehr sorgfältig in der Ordnung für das Leben eines Kriegers unterwiesen hätte. Ich beteuerte, daß die Makellosigkeit des Kriegers von mir verlangte, daß ich Pablito nicht so einfach sterben ließ.
    »Und was, meinst du, wirst du tun?« fragte la Gorda.
    »Ich werde eine von euch dazu bringen, mit ihm zu leben«, sagte ich, »bis zu dem Tag, an dem ihr alle, einschließlich Pablito, von hier fortgehen könnt.«
    Sie lachten mich aus, sogar Nestor und Benigno, die, wie ich geglaubt hatte, Pablito am nächsten standen. La Gorda lachte länger als alle anderen, offenbar wollte sie mich herausfordern.
    Ich suchte moralische Unterstützung bei Nestor und Benigno. Sie blickten fort.
    Ich appellierte an la Gordas bessere Einsicht. Ich flehte sie an. Ich führte alle Argumente ins Treffen, die mir einfielen. Sie sah mich mit höchster Verachtung an.
    »Kommt, gehen wir«, sagte sie zu den anderen.
    Sie schenkte mir ein ganz nichtssagendes Lächeln. Sie zuckte die Schultern und verzog mit einer unbestimmten Geste die Lippen.
    »Du kannst gern mit uns kommen«, sagte sie, »vorausgesetzt, du stellst keine Fragen und redest nicht über diesen kleinen Lumpen.«
    »Du bist eine formlose Kriegerin, Gorda«, sagte ich. »Das hast du mir selbst gesagt. Warum verurteilst du also Pablito?«
    La Gorda antwortete nicht. Aber sie gab mir zu verstehen, daß ich sie getroffen hatte. Sie runzelte die Stirn und wich meinem Blick aus.
    »La Gorda gehört zu uns!« schrie Josefina mit schriller Stimme.
    Die drei Frauen drängten sich um la Gorda und zerrten sie ins Haus. Ich folgte ihnen. Auch Nestor und Benigno kamen herein.
    »Was hast du vor, willst du eine von uns mit Gewalt zwingen?« fragte mich la Gorda.
    Ich sagte ihnen allen, daß ich es für meine Pflicht hielt, Pablito zu helfen, und daß ich für jeden von ihnen das gleiche tun würde.
    »Glaubst du denn wirklich, du könntest es abwenden?« fragte mich la Gorda, und ihre Augen funkelten vor Zorn.
    Ich wollte wütend losbrüllen, wie ich es schon einmal in ihrer Gegenwart getan hatte, aber diesmal waren die Umstände anders. Ich konnte nicht.
    »Ich werde Josefina mitnehmen«, sagte ich. »Ich bin der Nagual.«
    La Gorda versammelte die drei Schwesterchen hinter sich und schirmte sie mit ihrem Körper ab.
    Sie schickten sich an, ihre Hände zu verschränken. Irgend etwas in mir wußte, daß, wenn sie dies täten, ihre vereinigten Kräfte ungeheuerlich gewesen wären und ich keine Aussicht gehabt hätte, Josefina mitzunehmen. Meine einzige Chance bestand darin zuzuschlagen, bevor sie Gelegenheit hatten, sich zu einer Gruppe zusammenzuschließen. Ich gab Josefina mit den flachen Händen einen Stoß, so daß sie in die Mitte des Zimmers taumelte. Bevor sie Zeit hatten, sich wieder zu vereinigen, schlug ich Lydia und Rosa. Sie krümmten sich vor Schmerzen. La Gorda trat mir mit einem Zorn entgegen, wie ich ihn noch nie bei ihr erlebt hatte. Es war wie der Angriff eines wilden

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