Die Kunst des Pirschens
Josefina, ihr träumt zusammen?« rief Pablito atemlos.
Die Überraschung, die in seiner Stimme lag, entsprach der Schockwelle, die über die anderen hinwegging.
»Was hat Eligio genau zu euch beiden gesagt?« fragte Nestor, nachdem das Staunen nachgelassen hatte.
»Er sagte, ich soll versuchen dem Nagual zu helfen, sich an seine linke Seite zu erinnern«, sagte la Gorda.
»Weißt du, wovon sie redet?« fragte mich Nestor.
Es war ganz ausgeschlossen, daß ich es hätte wissen sollen. Ich sagte ihnen, sie müßten die Antworten schon bei sich selber suchen. Aber keiner von ihnen machte irgendwelche Vorschläge.
»Er hat Josefina auch noch andere Dinge gesagt, an die sie sich ebenfalls nicht mehr erinnern kann«, sagte la Gorda. »Wir sind also wirklich in einer Bredouille. Eligio sagte, daß du eindeutig der Nagual bist und uns helfen mußt, aber du bist es nicht für uns. Nur wenn du dich an deine linke Seite erinnerst, kannst du uns dorthin führen, wohin wir gehen müssen.«
Nestor sprach väterlich auf Josefina ein und forderte sie auf, sich zu erinnern, was Eligio zu ihr gesagt hatte, aber mich bedrängte er nicht weiter, mich an irgend etwas zu erinnern, was in irgendeinem Code verschlüsselt sein mochte, denn keiner von uns konnte sich einen Vers darauf machen.
Josefina seufzte und runzelte die Stirn, als lastete eine schwere Bürde auf ihr, die sie niederdrückte. Tatsächlich sah sie wie eine zusammengepreßte Stoffpuppe aus. Ich beobachtete sie echt fasziniert.
»Ich kann nicht«, sagte sie schließlich. »Ich weiß, worüber er redet, wenn er mit mir spricht, aber ich kann jetzt nicht sagen, was es ist. Es will nicht heraus. «
»Erinnerst du dich an irgendwelche Wörter?« fragte Nestor. »Irgendwelche einzelnen Wörter?«
Sie streckte die Zunge heraus, wackelte mit dem Kopf hin und her und brüllte.
»Nein, ich kann nicht«, sagte sie nach einer Weile.
»Welche Art des Träumens praktizierst du, Josefina?« fragte ich.
»Die einzige Art, die ich kenne«, fauchte sie zurück.
»Ich habe euch erzählt, wie ich selbst es mache«, sagte ich. »Erzähle mir jetzt, wie du es praktizierst.«
»Ich schließe die Augen und sehe diese Mauer«, sagte sie. »Es ist wie eine Nebelmauer. Dort erwartet Eligio mich. Er führt mich durch sie hindurch und zeigt mir Dinge, glaube ich. Ich weiß nicht, was wir tun, aber wir tun irgendwelche Dinge zusammen. Dann bringt er mich zurück zu der Mauer und läßt mich gehen. Und ich komme zurück und vergesse, was ich gesehen habe. «
»Wie kam es, daß du mit la Gorda zusammen gingst?« fragte ich.
»Eligio sagte mir, ich soll sie holen«, sagte sie. »Wir beide warteten auf la Gorda, und als sie in ihr Träumen ging, packten wir sie und zerrten sie hinter diese Mauer. Das haben wir zweimal gemacht.«
»Wie packtet ihr sie?« fragte ich.
»Ich weiß nicht!« antwortete Josefina. »Aber ich will auf dich warten, und wenn du dein Träumen übst, werde ich dich packen, und dann wirst du es wissen.«
»Kannst du einfach jeden packen?« fragte ich.
»Sicher«, sagte sie lächelnd. »Aber ich tu es nicht, weil es Vergeudung ist. La Gorda packte ich, weil Eligio mir sagte, daß er ihr etwas sagen wollte, weil sie klarer im Kopf ist als ich. «
»Dann muß Eligio dir die gleichen Dinge gesagt haben, Gorda«, sagte Nestor mit einer Entschiedenheit, die ich noch gar nicht bei ihm kannte.
La Gorda machte eine ungewöhnliche Gebärde, wobei sie den Kopf senkte, den Mund seitlich verzog, die Schultern zuckte und die Arme über den Kopf hob.
»Josefina hat dir gerade gesagt, was geschah«, sagte sie. »Es ist mir ganz unmöglich, mich zu erinnern. Eligio spricht mit einem anderen Tempo. Er spricht, aber mein Körper kann ihn nicht verstehen. Nein. Nein. Mein Körper kann sich nicht erinnern. So ist es. Ich weiß, er sagte, daß dieser Nagual hier sich erinnern und uns dahin führen wird, wohin wir gehen müssen. Mehr konnte er mir nicht sagen, denn es gab so viel zu sagen, und es war so wenig Zeit. Er sagte, daß irgend jemand, aber ich weiß nicht mehr wer, ganz besonders auf mich wartet.«
»Ist das alles, was er sagte?« fragte Nestor eindringlich.
»Als ich ihn das zweite Mal sah, sagte er, daß wir alle uns früher oder später an unsere linke Seite erinnern müssen, wenn wir dorthin gehen wollen, wohin wir gehen müssen. Aber dieser hier ist der erste, der sich erinnern muß.«
Sie zeigte auf mich und stieß mich wieder an, wie sie es vorhin getan hatte. Die
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