Die Kunst des Pirschens
Adlers aussieht. Mit dem dritten Blitzstrahl erblickt der Sehende ein durchdringendes übermenschliches Auge. Und der vierte und letzte Strahl enthüllt, was der Adler tut.
Der Adler verschlingt die Bewußtheit aller lebenden Geschöpfe, die, einen Moment vorher noch lebendig auf Erden und nun tot, wie ein endloser Schwarm von Leuchtkäfern in den Schnabel des Adlers schweben, um ihrem Besitzer, dem Grund ihres gewesenen Lebens, zu begegnen.
Der Adler sortiert diese winzigen Flämmchen, glättet sie flach, wie ein Gerber eine Haut streckt, und verzehrt sie; denn Bewußtheit ist die Speise der Adlers.
Der Adler, jene Macht, die das Schicksal aller lebenden Wesen regiert, spiegelt alle diese Lebewesen gleichzeitig und zugleich wider. Es ist daher dem Menschen unmöglich, den Adler anzubeten, ihn um Wohltaten zu bitten, auf seine Gnade zu hoffen. Der menschliche Teil des Adlers ist zu unbedeutend, als daß er die Welt bewegen könnte.
Nur am Tun des Adlers kann der Sehende erkennen, was der Adler will. Obwohl der Adler sich durch die jeweiligen Umstände eines Lebewesens nicht rühren läßt, gewährt er doch jedem dieser Wesen eine Gabe. Sie alle, ein jedes auf seine Art und nach seinem Recht, haben - wenn sie es wollen - die Macht, die Flamme ihrer Bewußtheit zu behalten; die Kraft, sich dem Ruf, der sie zum Sterben und zum Gefressenwerden bestimmt, zu widersetzen. Jedem lebenden Wesen wird - wenn es dies will die Kraft gewährt, einen Durchlass zur Freiheit zu suchen und dort hindurchzugehen. Dem Sehenden, der den Durchlass sieht, und den Geschöpfen, die durch ihn hindurchgehen, ist klar, daß der Adler diese Gabe gewährt hat, um die Bewußtheit weiterbestehen zu lassen.
Zu dem Zweck, die Lebewesen zu diesem Durchlass hinzuführen, hat der Adler den Nagual geschaffen. Der Nagual ist ein Doppelwesen, dem die Regel offenbart wurde. Der Nagual - sei es in Gestalt eines Menschen, eines Tieres, einer Pflanze oder sonst eines lebenden Dings - fühlt sich kraft seines Doppeltseins gedrängt, diesen verborgenen Durchlass zu suchen.
Der Nagual tritt paarweise auf, als Mann und als Frau. Ein doppelter Mann und eine doppelte Frau werden erst dann zum Nagual, wenn jedem von ihnen die Regel verkündet wurde und jeder von ihnen sie in vollem Umfang akzeptiert hat.
Dem Auge des Sehenden erscheint ein Nagual-Mann oder eine Nagual-Frau als ein leuchtendes Ei mit vier Abteilungen. Anders als der gewöhnliche Mensch, der zwei Seiten hat, nämlich eine linke und eine rechte, hat der Nagual eine linke Seite mit zwei längs gerichteten Teilen und eine rechte, ähnlich zweigeteilte Seite.
Der Adler schuf den ersten Nagual-Mann und die erste Nagual-Frau als Sehende und setzte sie sogleich in die Welt, damit sie sähen. Er gab ihnen vier weibliche Krieger, die Pirscher waren, drei männliche Krieger und einen männlichen Kurier, die sie nähren, fördern und zur Freiheit führen sollten.
Die weiblichen Krieger heißen die vier Himmelsrichtungen, die vier Ecken eines Quadrats, die vier Stimmungen, die vier Winde, die vier verschiedenen weiblichen Charaktere, aus denen die menschliche Rasse besteht.
Die erste ist der Osten. Sie wird die Ordnung genannt. Sie ist optimistisch, fröhlich, sanft, ausdauernd wie eine stetige Brise.
Die zweite ist der Norden. Sie wird die Stärke genannt. Sie ist einfallsreich, schlicht, direkt, verlässlich wie ein starker Wind.
Die dritte ist der Westen. Sie wird Gefühl genannt. Sie ist nach innen gekehrt, reumütig, schlau, verstohlen, wie ein kalter Windstoß.
Die vierte ist der Süden. Sie wird Wachstum genannt. Sie ist nährend, laut, scheu, warm, wie ein heißer Wind.
Die drei männlichen Krieger und der Kurier repräsentieren vier Typen der männlichen Aktivität und Persönlichkeit.
Der erste Typ ist der kenntnisreiche Mann, der Gelehrte; ein edler, zuverlässiger, heiterer Mann, ganz dem Vollbringen seiner Aufgabe hingegeben, was immer sie sein mag.
Der zweite Typ ist der Mann der Tat, höchst unbeständig, ein großartiger, temperamentvoller, wankelmütiger Gefährte.
Der dritte Typ ist der Organisator hinter den Kulissen; der geheimnisvolle unbekannte Mann.
Über ihn kann nichts gesagt werden, weil er über sich selbst nichts bekannt werden läßt.
Der Kurier ist der vierte Typ. Er ist der Gehilfe, ein verschwiegener schwermütiger Mann, der sich gut bewährt, wenn er richtig geführt wird, der sich aber nicht allein behaupten kann.
Um die Sache zu vereinfachen, zeigte der Adler
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