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Die Kunst engagierter Gelassenheit

Die Kunst engagierter Gelassenheit

Titel: Die Kunst engagierter Gelassenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Niederberger
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Freiheit für
ein sinnvolles Engagement bremsen, behindern oder verunmöglichen.
    Buddha spricht von den acht Weltgesetzen, an denen man ihrer Vergänglichkeit wegen nicht hängen und anhaften soll: Gewinn und Verlust, Ehre und Verachtung, Lob und Tadel, Freude und Leid. Seit Buddha kamen einige Mechanismen hinzu, die das Loslassen schwieriger und komplexer machen:
    »Der Geist klammert sich immer wieder an neue Objekte. In meiner Erfahrung wird das Anhaften immer subtiler. Wenn der Geist gelernt hat, ganz grobe Sinnesgenüsse loszulassen, richtet er sich vielleicht eher auf soziale Anerkennung, auf Status, auf bestimmte Ideen oder auf bestimmte meditative Zustände. Wenn diese weniger wichtig werden, folgen noch subtilere Anhaftungsobjekte.« (Zen-Lehrerin, 41 Jahre)
    Ich fragte meine Bekannten, wann ihnen das Loslassen am schwersten falle. Viele Antworten kamen mir bekannt vor, wenige überraschten mich.
    Materielles
    Eine befreundete Schauspielerin und Drehbuchautorin schrieb:
    »Es gibt ein paar Kleidungsstücke, an denen ich hänge. Es kann an dem Stoff liegen, der sich auf meiner Haut angenehm anfühlt. Oder eine Erinnerung, die ich damit verknüpfe. Manchmal drücke ich mich über diese zweite Haut gern aus.«

    Von meinem Vater habe ich zwei Mäntel geerbt. Diese haben etwas Sakrales an sich. Wenn ich tief in die Taschen greife und danach an den Fingern schnuppere, kann ich auch nach sieben Jahren noch leicht Pfeifentabak riechen. Manche Menschen hängen an Kleidern, andere an Büchern oder CDs, Musikinstrumenten oder Schmuckstücken. Meistens hängen wir am immateriellen Wert der Dinge, vor allem an Beziehungen und Erinnerungen, die wir mit den Dingen verbinden.
    Menschen
    »Manchmal fällt es mir schwer, meine beiden Jungs loszulassen und in fremde Obhut zu geben. Gut loslassen kann ich Ängste, was die Entwicklung der beiden Jungs betrifft. Sie werden ihren eigenen Weg finden und meistern, da spüre ich ein großes Vertrauen und Zuversicht in das Universum und in die beiden Jungs.« (Frau, 37 Jahre)
    Loslassen von Menschen fällt in verschiedenen Situationen schwer. Sehr schwer tun sich die meisten Eltern im sukzessiven Loslassen ihrer eigenen Kinder. Das ist verständlich und gleichzeitig erstaunlich. Denn Ziel jeder Erziehung sollte ja sein, Menschen in die Selbstverantwortung zu führen und zu entlassen. »Gib Kindern Wurzeln, solange sie klein sind, und Flügel, wenn sie größer werden«, lautet ein osteuropäisches Sprichwort.
    Loslassen von Menschen bedeutet für viele junge Paare oder Singles Verzicht auf eigene Kinder. Manche wünschen sich sehnlichst eigene Kinder und es funktioniert aus verschiedenen Gründen und trotz medizinischer Hilfen nicht. Und andere finden nicht den geeigneten Partner, um diesen
Traum zu verwirklichen. Was immer der Grund für den Verzicht auf eigene Kinder sein mag: Erstens braucht es einen oder mehrere Momente, wo man sich bewusst und mit allem Schmerz von diesem archaischen Menschheitstraum löst. Und zweitens braucht es ein alternatives Ziel oder Projekt, das einem ähnlich sinn- und wertvoll erscheint, damit man sich fortan nicht nur durch den Mangel an Kindern negativ als »kinderlos« definiert.
    Das Loslassen von Menschen fällt bei Trennungen und Scheidungen, aber auch beim Tod von Partnerinnen und Partnern dann besonders schwer, wenn ungelöste Konflikte im Raum stehen und keine echte Versöhnung mehr möglich ist oder war.
    Unerledigte Aufgaben
    »Schlecht loslassen kann ich Unerledigtes. Ich stehe ab und zu nachts auf und schreibe Dinge auf, damit ich sie loslassen kann.« (Frau, 45 Jahre)
    Ideale, Bilder, Fixierungen
    Wir tragen viele Vorstellungen und Wünsche in uns, wie unser Leben verlaufen soll, was gut und schlecht, anzustreben und zu meiden ist. Wir halten in der Regel ein langes Leben für wertvoller als ein kurzes Leben, Gesundheit auf jeden Fall besser als Krankheit, harmonische Beziehungen sinnvoller als Auseinandersetzungen, Schönheit angenehmer als Hässlichkeit, Jugendlichkeit attraktiver als Alter, Erfolg und Reichtum erstrebenswerter als Scheitern und Armut. Nicht nur von anderen Menschen, der Politik, der Welt und Gott tragen wir fixe
Vorstellungen in uns und sind enttäuscht oder unzufrieden, wenn sich die Wirklichkeit anders präsentiert als unsere Ideale. Enttäuschungen sind – wie es das Wort sagt – das Ende von vorausgegangenen Täuschungen, Illusionen und falschen Idealbildern. Enttäuschungen sind trotz des momentanen Schmerzes

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