Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kunst engagierter Gelassenheit

Die Kunst engagierter Gelassenheit

Titel: Die Kunst engagierter Gelassenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Niederberger
Vom Netzwerk:
und Gelassenheit nur logisch, nicht aber im wirklichen Leben, einen Widerspruch darstellen, erfahren
wir vor allem dort, wo wir quasi innerlich angekommen sind und wirklich das tun, was zu unserem Wesen und zu unserer Bestimmung gehört. »Gelassenheit gewinnt man nur in der Besinnung auf das Wesentliche«, sagte der frühere Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Georg Moser (1923 – 1988). Dasselbe gilt für ein echtes Engagement. Dieses können wir nur leben, wenn wir uns auf das Wesentliche besinnen und das tun, wofür wir im tiefsten Innern brennen.
    Brennen ohne auszubrennen
    Ich bin das heimliche Feuer in allem
und alles duftet von mir.
Und wie der Odem im Menschen, Hauch der Lohe,
so leben die Wesenheiten und werden nicht sterben,
weil ich ihr Leben bin.
Ich flamme als göttlich feuriges Leben
über dem prangenden Feld der Ähren.
Ich leuchte im Schimmer der Glut,
ich brenne in Sonne, in Mond und Sternen,
im Windhauch ist heimlich Leben aus mir
und hält beseelend alles zusammen.
    Hildegard von Bingen (Mystikerin, 1098 – 1179)
    Vor 30 Jahren lief in den Kinosälen der Abenteuerfilm Am Anfang war das Feuer von Jean-Jacques Annaud. Die Neandertaler-Gruppe
der Ulam wird im Film vom »Homo erectus«-Stamm überfallen. Nach den Kämpfen geht der Steinzeitsippe auch noch das Feuer aus. Weil sie nicht wissen, wie man neues Feuer entfacht, drohen sie zu erfrieren. Drei junge Jäger machen sich darum auf die Suche nach neuem Feuer. Sie begegnen unterwegs vielen Gefahren und Kämpfen mit Mensch und Tier. Eines Tages retten sie die von Kannibalen gefangene Ika. Sie ist ein »Homo sapiens« und zeigt ihren Rettern die Technik des Feuerbohrens. Und als Happy End verlieben sich Ika und Naoh ineinander und treiben mit gemeinsamem Nachwuchs die menschliche Evolution einen Schritt voran.
    Wir mögen über diesen seichten Science-Fiction-Streifen müde lächeln. Die Thematik ist aber zumindest als Metapher aktuell, existenziell und uns wohl bekannt: Seit je brennt in uns ein Feuer und wir nehmen es für selbstverständlich. Irgendwann erlischt es aber wegen eines inneren Kampfes oder eines äußeren Sturms. Wir sind oder fühlen uns ausgebrannt und die Welt wirkt auf einmal bedrohlich. Und wir wissen nicht, wie man neues Feuer entfacht und wie wir wieder zum Brennen gelangen. Darum machen wir uns auf den Weg nach neuem Feuer und müssen durch Prüfungen hindurch, ehe wir begreifen, wie es entzündet, geschürt und gepflegt werden kann.

    Amors Pfeil und Bürgers Groll
    Nicht alle erleben am Anfang das große Feuer. Bei manchen ist es nicht die Leidenschaft, die sie zur Berufswahl oder zu einem freiwilligen Engagement bewegt. In vielen Fällen genügt es, dass ein Freund oder eine Freundin sie fragt, ob sie bei dieser oder jener Aktion mitmachen würden. Oder irgendein
Zufall führt sie dazu, diese oder jene Ausbildung zu machen. Blicken wir in unserer Biografie zurück, blättern in alten Tagebüchern, betrachten Fotoalben aus der Kindheit und der Jugend, so kommen uns wohl zahlreiche Momente und Situationen in den Sinn, wo wir für jemanden oder etwas brannten und Feuer fingen: für das erste Fahrrad, ein Paar Ski, die erste Reise im Flugzeug, für Hobbys sportlicher oder musikalischer Art und irgendwann für die erste große »Flamme«, als wir uns Hals über Kopf verliebten. Auch am Anfang unserer Berufswahl und nach Weiterbildungen, Stellen- und Ortswechseln hat vermutlich ein Feuer in uns gebrannt und unser Herz war voller Begeisterung, Faszination und Enthusiasmus. Wann und wo, warum und wofür Menschen brennen, ist höchst unterschiedlich:
    »Ich spüre das innere Feuer bei einer neuen Liebschaft.« (Mann, 48 Jahre)
    »Feuer spüre ich, wenn ich in meinem Beruf als Journalist einem Thema auf der Spur bin oder eine längere Radiosendung abmische.« (Mann, 38 Jahre)
    »Kinder geben mir Feuer, um mich für sie einzusetzen, vor allem für benachteiligte und schwache Kinder.« (Frau, 37 Jahre)
    »Inneres Feuer spüre ich, wenn eine Idee meiner Fantasie entspringt, wenn eine Zusammenarbeit mit spannenden Menschen in Aussicht steht oder wenn Ideen und Vorstellungen eine Chance zur Verwirklichung haben.« (Frau, 57 Jahre)
    »Es lodert Feuer in mir, wenn es darum geht, etwas Neues zu schaffen, vielleicht sogar an der Realisierung von Visionen mitzuarbeiten. « (Frau, 38 Jahre) »Inneres Feuer brennt, wenn ich vom Ziel
meines Handelns ganz überzeugt bin und wenn ich das Gefühl habe, mit anderen an einem wichtigen und großen Ziel

Weitere Kostenlose Bücher