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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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alten kriegerischen Sitten werden sich von ganz allein zerstören. Der Wettbewerb wird sich selbst auffressen. Unsere Aufgabe ist es, eine gesittete Gesellschaft zu erschaffen. Wenn du dich selbst für frei erklärst, dann lässt du das Gleiche auch für andere gelten, was bedeutet, dass du nicht auf sie einwirken wirst. Du wirst sie auch nicht misshandeln.
    Verzichte darauf, freie Republiken zu gründen oder in ein Land zu ziehen, in dem es mehr Freiheiten gibt. Erkläre einfach dich selbst zu einem unabhängigen Staat. Ziehe niemand anderen heran, üb keinen Zwang aus. Das ist die einzige Methode, durch die wir eine wirkliche Revolution einleiten können. Sobald jeder von uns seine Freiheit und Verantwortung anerkennt, werden unsere Fesseln von uns abfallen. Um frei von schlechten Manieren zu sein, müssen wir selbst gesittet auftreten und die schlechten Manieren anderer ignorieren.
    Gastfreundschaft hat ihren eigenen Lohn. Wenn wir Menschen bei uns aufnehmen, dann werden sie uns ihre Türen öffnen, wenn wir unsererseits darauf angewiesen sind. Gut zu anderen Menschen zu sein ist die einzige Versicherungspolice, die man benötigt. Genau wie du deinen Freunden und Nachbarn in Zeiten der Not hilfst, werden sie dir helfen, wenn sich das Blatt wendet. Einer meiner Pläne ist es, bei jedem Vollmond ein offenes Haus auszurufen. Freunde und Nachbarn werden wissen, dass sie an solch einem Tag vorbeikommen und mit guter Gesellschaft, gutem Wein, gutem Bier, gutem Essen und Frohsinn rechnen können.
    Wer höflich ist, protestiert gegen die vielen Grobheiten des Alltagslebens. Mobiltelefone sind grob. Vor einigen Tagen saß ich im Pub mit einem Freund zusammen, der mir einen Vortrag über die großartige Revolution der Kommunikation durch die Handys hielt. Dann erhielt er eine SMS, und wir saßen schweigend da, während er eine Antwort tippte. Ein neuer Horror, schlimmer noch als Handys, sind Fernsehapparate in den Zügen. Zugfahrten boten früher eine Oase der Ruhe. Man konnte ein Buch lesen oder aus dem Fenster schauen. Nun jedoch will man an jeder Rückenlehne Fernsehschirme installieren, damit du während der Fahrt mit Nachrichten und Werbung bombardiert werden kannst. Ist das nicht grob? Es ist, als säße während der gesamten Reise ein Verkäufer neben dir, der unablässig auf dich einredet. Wo immer man ist, hat man das Gefühl, angeplärrt zu werden. Das können wir mühelos ändern, indem wir selbst nicht herumschreien. Sei herzlich. Finde die Freiheit in deinen Manieren.
    SEI ANMUTIG

24
    Selbstgefällige Puritaner
müssen sterben
    Eines der Symptome des sich nähernden
Nervenzusammenbruchs ist der Glaube, dass die
eigene Arbeit schrecklich wichtig sei und dass es alle
möglichen Katastrophen mit sich bringen würde,
Urlaub zu machen.
Bertrand Russell
    Der Puritanismus führt zur Selbstgefälligkeit. Sobald man sich der Lehre der Prädestination zuwendet, der Vorstellung, dass es auf der Welt für das Heil Auserwählte gibt und dass die Übrigen zur Hölle fahren werden, und sobald man die Idee verinnerlicht, dass weltlicher Erfolg und Vermögen Zeichen von Gottes Billigung des eigenen Verhaltens sind, kann man sehr leicht zu einem unerträglichen Tugendbold und machtbesessenen Eiferer werden.
    Der Lebensansatz des existenziellen, anarchischen, mittelalterorientierten Gelegenheitsarbeiters ist jedoch ein ganz anderer. Wenn alles eitel und das Leben absurd ist, warum sollen wir uns dann nicht dem Moment hingeben? Der mittelalterliche Mensch lacht über das Leben; ihm fehlt die religiöse Arroganz des Puritaners. Die mittelalterliche Theologie stand der Philosophie der Untätigkeit nahe, die schon der Taoismus befürwortete. Der Taoist zielt darauf ab, überhaupt keine Anstrengungen zu unternehmen, da sämtliche Handlungen nichtig und vergeblich sind. Der Mensch ist völlig belanglos. Die Schlacht zwischen den beiden Tendenzen des menschlichen Geistes zieht sich über viele Jahrhunderte hin und wird symbolisiert durch den englischen Bürgerkrieg, in dem die lebenslustigen Cavaliers gegen die gestrengen Roundheads standen. »In unserer Armee«, erklärt ein General der Cavaliers seinem Gegner Lord Fairfax, »haben wir die menschlichen Sünden: das Trinken und die Hurerei, aber in Eurer gibt es die Sünden jener beiden Teufel: die des religiösen Stolzes und die der Rebellion.«
    In Shakespeares Stück Was ihr wollt wird die Arroganz der Puritaner satirisch durch die Gestalt des engstirnigen Malvolio wiedergegeben,

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