Die Kunst, frei zu sein
Partei gewinnt. Sonst würden sie jegliches Ergebnis begrüßen, denn wenn sie das Mehrheitsvotum wirklich für richtig hielten, würden sie ihre politische Loyalität an dem Willen der Mehrheit ausrichten. Stattdessen jedoch beklagt sich der Tory-Wähler, wenn die Labour Party siegt, und bleibt weiterhin Anhänger der Konservativen Partei. Die Liberalen in Amerika sind gegen Bush, doch für die Demokratie. Aber wer gegen Bush ist, lehnt die Demokratie im Grunde ab. Man will nicht einsehen, dass die Schuld nicht bei Bush, sondern beim gesamten System liegt. Wenn du an die Demokratie glaubst, solltest du dich wirklich nicht beklagen, wenn die Partei mit den meisten Stimmen die Regierung stellt.
Der armselige Geist des Parlaments dringt in die fernsten Winkel des Königreichs ein. Die Bürokraten, die verdrossenen Sicherheitspolizisten, strecken ihre Fühler überallhin aus. Kürzlich versuchte ich, in unserem Gemeindesaal einen Tanz auf der Tenne zu organisieren. Eine unkomplizierte Aufgabe, hätte man annehmen sollen. Aber nein. Nachdem ich mich mit Stapeln von Formularen herumgeschlagen hatte, um eine Genehmigung für eine öffentliche Festveranstaltung zu erhalten, die achtzig Personen ermöglichen sollte, nach der Musik einer Geige und eines Akkordeons zu tanzen, gab ich auf, weil wir für dieses eine Ereignis gemäß den Sicherheitsvorschriften 1400 Pfund für eine Notbeleuchtung hätten aufbringen müssen. Ein Großunternehmen hätte sich 1400 Pfund gewiss leisten können, aber unser Gemeindesaalfonds, der sich aus den Einnahmen von Whist-Veranstaltungen und Diavorträgen speist, reichte einfach nicht aus. Also bschloss ich, die Party privat abzuhalten. Ich schickte Einladungen an alle Anwohner und an unsere Freunde. Am Tag der Feier schlugen wir vor, dass jeder fünf Pfund spendete, damit wir die Bands, die Alabama 3 und Louis Eliot, bezahlen konnten. Die Teilnehmer brachten Getränke mit, Victoria bereitete einen mächtigen Schinken zu, und wir boten Baguettes an. Außerdem hielten wir die Party tagsüber ab und bezeichneten sie als Tanztee, damit die Kinder daran teilnehmen konnten. Der Tanztee begann um 16 Uhr und endete um 20.30 Uhr. Alle tranken ausgiebig, der Saal füllte sich mit Rauch, man tanzte, und Bauern, Hippies, Nachbarn und Freunde amüsierten sich köstlich. Wir machten sogar einen kleinen Gewinn, der in den Gemeindesaalfonds eingezahlt wurde.
Es ist absurd, dass wir der Regierung zwischen einem Viertel und der Hälfte unseres Einkommens für das Privileg zahlen, bevormundet und tyrannisiert zu werden. Sogar von dem angeblich unterdrückten mittelalterlichen Bauern erwartete man nur, dass er zehn Prozent seines Gewinns und seiner Produktion abführte. Wenn ihm das missfiel, was hätte er dann von Steuern in Höhe von vierzig Prozent gehalten? Früher wurden die puritanischen Neigungen des Parlaments zudem häufig durch die lebenslustigere Monarchie ausgeglichen. Heutzutage ist sie jedoch leider durch die Regierung der Langweiligen abgelöst worden. Ich jubele, wenn Prinz Charles eine seiner verschrobenen Ansichten äußert. Er wendet sich gegen den bourgeoisen Konsens und hat den Mut, Meinungen vorzubringen, die den etablierten Ansichten widersprechen.
Es gibt eine konkrete Alternative zu den gewählten Regierungen: Anarchie oder Selbstregierung oder Verwaltung der eigenen Angelegenheiten ohne äußere Autorität. Anarchie hat, wie gesagt, einen schlechten Ruf. Doch in Wirklichkeit handelt es sich um eine sehr vernünftige und klare Grundhaltung, die Dinge zu organisieren, weil sie die Bedeutung lokaler Lösungen betont. Einige unserer brillantesten Denker, Männer wie William Godwin, Proudhon, Kropotkin, Oscar Wilde, Tolstoi oder Gandhi, waren, wie erwähnt, Anarchisten. Sie alle sahen im Scheitern großer Zentralregierungen ein Prinzip gesellschaftlicher Ordnung und bemühten sich um Alternativen, die auf individueller Freiheit und einem Föderationssystem der Selbstregierung beruhten.
Das hat in der Vergangenheit bereits funktioniert. Wir können nur unsere eigene Schwäche dafür verantwortlich machen, wenn uns Regierungen unterwerfen. Der erste Schritt besteht darin, das Problem einzugestehen und uns die »Unzulänglichkeit des Autoritätsprinzips« zu verdeutlichen. Anarchie hat mit dem Kampf zwischen kreativen und eingeschüchterten Geistern zu tun, und die Schlacht muss in uns selbst beginnen. Wir müssen unsere eigene Würde, Macht und Kreativität erkennen, damit unsere Trägheit
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