Die Kunst, frei zu sein
Vorladung an die Wand heften und sie Besuchern zeigen. Ich lache über eure Vorladung! Wen kümmert sie denn?
Welche Rolle spielt die Furcht in meiner mittelalterlichen Utopie? Gewiss, die hier behandelten Ängste waren damals unbekannt, weil es keine Regierungen oder Institutionen heutigen Zuschnitts gab. Trotzdem bildete die Furcht einen zentralen Teil des damaligen Lebens: nämlich die Gottesfurcht und die Angst, nicht erlöst zu werden. Doch sie gehörte einer ganz anderen Kategorie an als unsere lähmenden Ängste. Die mittelalterliche Furcht konnte nützlich sein. Laut dem heiligen Thomas von Aquin förderte sie die Erlösung: »Denn wer ohne Furcht ist, kann nicht gerechtfertigt werden … der Anfang der Weisheit ist die Furcht vor dem Herrn.«
Thomas schildert die Furcht nicht als destruktive, sondern als kreative Kraft. Sie bot keinen Grund, vor dem Leben zurückzuschrecken und, wie heute, Trost im Einkaufen und Fernsehen zu suchen. Furcht war eine Art Bescheidenheit. Thomas scheint zu sagen: Akzeptiert eure Furcht und setzt sie ein, nutzt sie. In der guten alten Zeit des Merry Old England war Furcht etwas, mit dem man sich mutig, den »Bogen aus brennendem Gold« in der Hand, auseinandersetzte. Fürchte die Furcht nicht! Spring auf das Pferd! Weise die Tyrannen der Gesundheit und Sicherheit ab!
FAHR MIT DEM FEUERWAGEN
12
Vergiss die Regierung
Man hat den Menschen gelehrt zu glauben,
die Menschen würden einander in Stücke reißen,
wenn sie keine Priester hätten, die ihr Gewissen lenken,
und keine Herren, an die sie sich wegen ihres Unterhalts
wenden können, und keine Könige, die sie wohlbehalten durch
die unerklärlichen Gefahren des politischen Ozeans steuern.
William Godwin, Über die politische Gerechtigkeit, 1793
Demokratie, wie sie sich die Politiker vorstellen,
ist eine Regierungsform, das heißt eine Methode,
die Menschen tun zu lassen, was ihre Führer wünschen,
allerdings unter dem Eindruck, dass sie tun,
was sie selbst wünschen.
Bertrand Russell,
»Freedom versus Authority in Education«, 1928
Bitte beachten Sie: Personen, die einen Kredit aufnehmen
wollen, könnten Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme haben,
wenn ihr Name nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt ist.
Brief vom Gemeinderat an den Autor mit der Aufforderung,
sich für die Wahl registrieren zu lassen, 2006
Die Politik ist nichts weiter als ein Mittel, um in der Welt
aufzusteigen. Einzig mit dieser Absicht widmen sich Leute
der Politik, und ihr ganzes Verhalten richtet sich danach.
Dr. Johnson, in:
Boswell, Das Leben Samuel Johnsons, 1775
Ich bin Anarchist.
Pierre-Joseph Proudhon, 1848
In unseren westlichen, mehr oder weniger liberalen Demokratien kommt uns selten in den Sinn, dass wir vielleicht auch ohne Regierung leben könnten. Ein gewaltiger, zentralisierter Staat scheint eine so unvermeidbare Realität zu sein, dass wir bestenfalls die Hoffnung nähren, alle fünf Jahre für eine etwas andere Oligarchie zu stimmen, um die schlimmsten Exzesse der vorherigen zu korrigieren. Außer dem Parlament als Organisationsinstrument fällt uns nichts ein. Wir schimpfen über die Trottel an der Macht und wählen dann eine neue Gruppe von Trotteln. Wir glauben an »Reform«, jenen endlosen, unnützen Prozess der Einmischung. Hoffnung triumphiert über Erfahrung.
Regierungen tun zu viel, und das meiste davon tun sie schlecht. Zum Beispiel sollen sie uns vor Angriffen schützen. Aber darauf verstehen sie sich nicht sonderlich gut. Im Gegenteil, sie ermutigen andere, uns anzugreifen, indem sie selbst den ersten Angriff führen. Man schaue sich nur das Beispiel Irak an. Die Terroristen haben viel weniger von uns getötet, als wir durch die Entscheidung, Männer in den Krieg zu schicken, getötet haben. Während ich diese Zeilen schreibe, sind mindestens 27000 Zivilisten im Irak umgebracht worden, während islamische Terroristen in Großbritannien etwa 50 Menschen ermordet haben. Machthaber schätzen Terroristen, weil diese als Argument für die Notwendigkeit einer Regierung und den angeblich von ihr gelieferten Schutz dienen. Sie lieben Kriege, weil Regierungen dadurch ihre Existenzberechtigung erhalten: Sie sollen uns vor den Ungläubigen retten. Dabei wird der Feind durch die Regierung selbst erschaffen, wie George Orwell in 1984 aufzeigte. Die Alternative – Anarchie oder Selbstregierung – wird als Weg in die Gesetzlosigkeit und ins Chaos charakterisiert. Doch dazu der Pazifist und Verfasser von Krieg und Frieden, Leo
Weitere Kostenlose Bücher