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Die Kunst, gelassen zu erziehen

Die Kunst, gelassen zu erziehen

Titel: Die Kunst, gelassen zu erziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kunze , Lienhard Valentin
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, dass sie selbstständig denken, eigenständig entscheiden und verantwortungsvoll handeln? Dies können sie aber nur lernen, wenn wir es ihnen von Anfang an zugestehen. Von daher sind sinnvolle Grenzen kein Bollwerk, das Kinder in ihre Schranken verweist, sondern sie dienen vor allem dazu, eine sichere Umgebung zu gewährleisten, und müssen deshalb auch flexibel sein. Einem Säugling mag zum Beispiel der Laufstall ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Spätestens wenn das Kind aber so weit ist, dass es sich fortbewegen kann, wird diese Grenze zur Freiheitsberaubung.
    Die Grenzen müssen also mit den Möglichkeiten des Kindes wachsen, sodass ein Kind innerhalb der gesetzten Grenzen seine Bedürfnisse befriedigen kann. Nehmen wir noch mal den Jungen, der in der Toilette spielen wollte. Mit Wasser spielen zu können ist für ein Kind in diesem Alter ein echtes Bedürfnis. Von daher war es nicht damit getan, ihm in dieser Hinsicht eine Grenze zu setzen. Indem die Mutter ihm die Möglichkeit gab, dieses Bedürfnis in einem für sie akzeptablen Rahmen zu erfüllen, war auch das Spielen an der Toilette kein Thema mehr. Auch für Grenzen gibt es in diesem Sinn keine Patentrezepte.
Achtsam Grenzen setzen
    Wichtig ist, dass wir einerseits klar und andererseits auch flexibel sind. Es ist durchaus nicht schädlich, dass es mal einen Keks oder ein Eis vor dem Essen gibt und mal nicht. Auch dass wir mal müde sind oder schlechte Laune haben und nicht mit unserem Kind spielen wollen, ist vollkommen in Ordnung. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern es geht um Menschlichkeit und Authentizität. So ist es auch durchaus natürlich, dass die Grenzen des einen Elternteils enger gesetzt sind als die des anderen, wenn es keine extremen Formen annimmt. Auch in Bezug auf Grenzen passt das Bild des Surfens: Um auf den Wellen des Lebens surfen zu lernen, helfen uns keine starren Haltungen, sondern Gegenwärtigkeit und Flexibilität.
Hilfe beim Grenzenziehen
    Folgende Anregungen können uns als Orientierung beim Setzen von Grenzen dienen:
»So wenig wie möglich, so viel wie nötig«. Das heißt, am besten setzen wir nur so viele Grenzen, wie unbedingt nötig sind, um eine sichere und zum Forschen und Entdecken einladende, vorbereitete Umgebung zu gewährleisten.
Jedes Mal, bevor wir »Nein« sagen oder etwas verbieten wollen, können wir fragen: »Warum eigentlich nicht?« Wir wollen als Menschen nicht nur mit anderen verbunden sein, sondern auch ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen. Niemand möchte ständig nach den Gesetzen eines anderen leben und sich diesen beugen müssen. Wenn wir zu oft »Nein« sagen, ist das geradezu eine Aufforderung, diese enge Begrenzung infrage zu stellen und gegen sie anzugehen. Wenn ein Kind jedoch die Erfahrung macht, dass wir ihm sein eigenes Leben so weit wie möglich zugestehen, wird es auch sehr viel eher bereit sein, nachzugeben oder einen KOMPROMISS zu schließen.
Je weniger Regeln wir aufstellen, umso bereitwilliger werden sie eingehalten und nicht so schnell vergessen. Kinder unter drei Jahren können Regeln eh kaum einhalten. Sie sind noch nicht reif für eine solche Abstraktion und müssen eine Grenze immer wieder physisch erfahren. So reicht es beispielsweise nicht, wenn wir einem zweijährigen Kind verbieten, die Besteckschublade auszuräumen. Wenn es in die Phase kommt, wo genau dies interessant wird, ist es viel sinnvoller, eine Kindersicherung anzubringen – und eine für das Kind zugängliche Schublade einzurichten, wo es mit geeigneten Dingen hantieren kann.
Wenn wir »Nein« sagen, ist es wichtig, dem Kind zu gestatten, sein Missfallen über diese Grenze deutlich zu machen. Es darf fühlen, was es fühlt, nur die Art, wie es diese Gefühle ausdrückt, sollte angemessen sein, das heißt vor allem, dass es weder sich noch andere verletzt. Toben und Wüten gehören bei Kindern zur natürlichen Entwicklung. In derEvolution des Menschen waren die Überlebenschancen höher, wenn ein Kind seine Bedürfnisse deutlich artikulierte. Wenn so etwas geschieht, ist es ähnlich wie bei einem Gewitter – einfach ruhig abwarten, bis es vorbei ist, und dann OHNE VORHALTUNGEN und Predigten wieder Kontakt zum Kind herstellen.
Was für die Gefühle von Kindern gilt, gilt auch für ihre Wünsche. Diese dürfen ruhig unrealistisch und unvernünftig sein. Was
Kinder gar nicht gebrauchen können, sind Erklärungen, warum ihre Wünsche irrational sind, denn Vernunft entsteht erst

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