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Die Kunst, kein Egoist zu sein - Precht, R: Kunst, kein Egoist zu sein

Titel: Die Kunst, kein Egoist zu sein - Precht, R: Kunst, kein Egoist zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard David Precht
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beruflichen Alltags. Englische Elite-Universitäten legen großen Wert auf das soziale Engagement ihrer Studenten. Warum nicht auch deutsche Unternehmen? Ein Ethos frei nach Bill Gates: »Natürlich hätte ich das Geld, das ich durch meinen Erfolg mit Microsoft verdient habe, meinen Kindern schenken und es für Yachten oder andere Dinge ausgeben können. Aber ich habe mich entschieden, das Geld für die Ärmsten zu verwenden. Das ist die Freiheit unseres ökonomischen Systems. Und ich hoffe, dass mehr Menschen meinem
Beispiel folgen. Mit anderen reichen Spendern teile ich ein wunderbares Gefühl: Ich genieße es zu helfen. Diese Aufgabe ist sehr erfüllend.« 21 Anfang August 2010 startete Gates mit seinem Milliardärskollegen Warren Buffet eine Initiative, bei der vierzig US-amerikanische Milliardäre sich bereit zeigten, mindestens die Hälfte(!) ihres Vermögens dem Gemeinwohl zu spenden.
    Sollte sich dieses erfüllende Gefühl in Deutschland nicht freiwillig einstellen, besteht immer noch die Möglichkeit, dass der Staat den DAX-Konzernen dabei hilft. Eine zusätzliche Zehn-Prozent-Steuer auf den Netto-Gewinn als Spende für das Gemeinwohl könnte denen helfen, die ihre Verpflichtung bislang noch nicht fühlen. Und Josef Ackermann bräuchte dann auch nicht mehr an den Armen vorbeigehen - er hat ihnen ja schon gegeben …
     
    Unsere Weise zu wirtschaften muss nachhaltiger und verantwortungsvoller werden. Dieses Umdenken betrifft den Staat, die Unternehmen, Banken und Bürger gleichermaßen. Gefordert ist ein neues unternehmerisches Ethos. Auf allen Ebenen müssen Instrumente wirksam werden, welche die Spielräume für Fahrlässigkeit, Gier und Missbrauch verkleinern und die soziale Verantwortung fördern.
     
    Ob in Unternehmen oder in der Gesellschaft - das Ziel ist es, moralisch fühlende und denkende Milieus zu etablieren, die zur Nachahmung anregen. Aber wie geht das?
     
    • Die Wiederkehr der Tugend. Wie sich Bürgersinn fördern lässt

Die Wiederkehr der Tugend
    Wie sich Bürgersinn fördern lässt
    Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen Unten und Oben.
    Transparent an der Köpenicker Str.
    in Berlin-Kreuzberg
     
    Die Grenze verläuft nicht zwischen Unten und Oben, sondern zwischen Dir und mir.
    Auf einer Häuserwand nahebei
    Der Rathenauplatz ist der wohl schönste Park der Stadt Köln. Eingekeilt von Altbauten der Gründerzeit liegt er wie ein kleines Stück Pariser Grünfläche mitten im Kwartier Lateng, dem Kölner Studentenviertel. Rundherum entfernen sich sternförmig die Straßen. Das geschachtelte Hellgrün der Platanen filtert das Licht, die Stämme gescheckt mit ewigem Rost. Im Sommer überschreien spielende Kinder die Vögel. Ungezählte Menschen sitzen an Gartentischen. Ein Dunst von Kölsch und Gelassenheit umhüllt die Gesichter. Und am Abend beleuchten bunte Lichterketten die nicht müde werdenden Kinder und die entspannten Seelen ihrer Eltern.
    Der Rathenauplatz ist ein Ort der Nachbarschaft, der Zusammengehörigkeit, der Komplizität. Das war nicht schon immer so. Der Platz hat viel hinter sich. Gleich zu Anfang einen Streit um seinen Namen. Eigentlich sollte er nach dem preußischen Monarchen Friedrich Wilhelm IV. heißen. Aber die Kölner, die nicht viel von den Preußen hielten, einigten sich schlicht auf »Königsplatz« - nach welchem König auch immer. 1923 wurde er zum
Rathenauplatz, im Gedenken an den ermordeten Außenminister, im Dritten Reich zum Horst-Wessel-Platz, und dann ging es wieder zurück zu Rathenau. In den 1980er Jahren war der Platz ein dunkles verwahrlostes Gelände mit Gestrüpp, Ratten und einer Springbrunnenruine; eine Oase für Obdachlose und Fixer.
    Die Anwohner schrieben der Stadt Briefe. Sie baten darum, den Park wieder herzurichten, so dass man ihn auch bei Nacht gefahrlos betreten könne. Die Stadt ignorierte die Bürger. Eine Bürgergemeinschaft entstand gegen den Hundedreck und die Rattenplage. Und aus der Initiative erwuchs ein Verein. Viele Bewohner des Viertels wirkten dabei mit, dass der Park hergerichtet wurde. Sie organisierten ihre Bürgerinteressen selber, erarbeiteten Vorschläge und machten der Stadt Druck. Zwei Kinderspielplätze entstanden, Beete, ein separater Hundebereich und vieles mehr. Obwohl die Stadt die Bürgschaft verweigerte, eröffnete der Verein vor zehn Jahren eine schmucke, inzwischen preisgekrönte Sommergastronomie im Park. Die Stadt beteiligte sich nicht einmal an den dafür notwendigen

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