Die Kunst, nicht abzustumpfen
der Menschheit sind.« Roberts Jungks (1990, 38) Leitspruch lautet: »Ich hoffe, denn nur dann werde ich sein.«
Die »Trotzmacht des Geistes« steht im Mittelpunkt des Werkes von Viktor Frankl, dem Begründer der Logotherapie, die als »Dritte Wiener Schule der Psychotherapie« (nach Sigmund Freuds Psychoanalyse und Alfred Adlers Individualpsychologie) gilt. In seinem autobiographischen Text »… trotzdem Ja zum Leben sagen« schildert der Neurologe und Psychiater seine Erfahrungen als Gefangener im Konzentrationslager Auschwitz und deren Konsequenzen für die ärztlich-psychotherapeutische Arbeit mit Menschen:
Demnach »eröffnet sich auch noch in den schwierigsten Situationen und noch bis zur letzten Minute des Lebens eine Fülle von Möglichkeiten, das Leben sinnvoll zu gestalten,« so Frankl. Sei es durch ein schöpferisches Leben, in der Arbeit; sei es durch ein genießendes Leben, im Erleben von Schönheit in Kunst oder Natur; oder sei es noch in der letzten Möglichkeit, selbst im Extrem des Lagers, »in der Weise, in der sich der Mensch zu dieser äußerlich erzwungenen Einschränkung seines Daseins einstellt.« (Frankl 1992, 110)
Frankl verweist auf die Häftlinge, die trotz Hunger und Müdigkeit ihre Apathie und Gereiztheit überwunden haben, »hier ein gutes Wort, dort den letzten Bissen Brot spendend. Und mögen es auch nur wenige gewesen sein – sie haben Beweiskraft dafür, dass man dem Menschen im Konzentrationslager alles nehmen kann, nur nicht die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen. Und es gab ein ›So oder so‹!« (Frankl 1992, 108). Selbst im Konzentrationslager bot sich nach Frankl »tausendfältige Gelegenheit«, sich gegen oder für die Menschenwürde zu entscheiden.
Umso mehr muss dies heute für uns, Bürger eines demokratischen und wohlhabenden Rechtsstaates wie der Bundesrepublik gelten. Unsere Handlungs-Spielräume, für Menschenwürde einzutreten und Sinn zu verwirklichen, sind um vieles größer als für die KZ-Häftlinge. Dennoch erscheint mir der Appell, den Viktor Frankl (1992, 133) damals an seine Mithäftlinge richtete, aktueller denn je: Es gelte, »den Dingen und dem Ernst unserer Lage ins Gesicht zu sehen und trotzdem nicht zu verzagen, sondern im Bewusstsein, dass auch die Aussichtslosigkeit unseres Kampfes seinem Sinn und seiner Würde nichts anhaben könne, den Mut zu bewahren.« Übersetzt für die Gegenwart sind diese Sätze eine Erinnerung daran, dass es sinnvoll ist, sich zu engagieren, ganz unabhängig davon, wie erfolgversprechend dieses Engagement auch zu sein scheint.
Viktor E. Frankl beobachtete auch den wichtigen Zusammenhang zwischen Hoffnung und Gesundheit, der heute durch die medizinische Forschung bestätigt wird. Demnach ist Hoffnung ein bedeutender Resilienzfaktor. So ist Frankl überzeugt, dass zu seinem Überleben in Auschwitz nicht zuletzt seine »Entschlossenheit beigetragen haben mag, das verlorene Manuskript (meines ersten Buches ›Ärztliche Seelsorge‹) zu rekonstruieren. Ich begann damit, als ich an Fleckfieber erkrankt war und mich auch des Nachts wach halten wollte, um nicht einem Gefäßkollaps zu erliegen. Zu meinem 40. Geburtstag hatte mir ein Kamerad einen Bleistiftstummel geschenkt und ein paar winzige SS-Formulare herbeigezaubert, auf deren Rückseite ich nun – hoch fiebernd – stenographische Stichworte hinkritzelte.« (zit. in Lukas 1997, 24).
Trotz des hohen Fiebers und der minimalen Überlebenschancen bewahrte Frankl seine Hoffnung und gesundete.
Der Verlust von Hoffnung hingegen wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus. So schildert Frankl (1992, 122f.) einen Mithäftling, der (aus Enttäuschung darüber, dass Auschwitz nicht zu einem erwarteten Termin befreit wurde) jäh in Hoffnungslosigkeit versank und innerhalb weniger Tage starb. In den Lagern wurde ein Mithäftling, der die Hoffnung verloren hatte, als »Muselmann« bezeichnet; in aller Regel starb er innerhalb kurzer Zeit. Ähnliche Erfahrungen wurden auch in Kriegsgefangenenlagern gemacht: Menschen, die ihre Hoffnung nicht aufrechterhalten konnten, erkrankten und starben besonders schnell an Cholera, Typhus, Tuberkulose oder anderen Krankheiten.
Die Zusammenhänge zwischen Hoffnungslosigkeit und Krankheit bzw. Hoffnung und Gesundheit wurden u. a. schon von Sigmund Freud benannt und von Alexander Mitscherlich (1967), Gerd Overbeck (1984) u. v. a. untersucht. Auf dem 3. Weltkongress für Psycho-Onkologie
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