Die Kunstjaegerin
Ihrem Provider aus.« Sein Stift trommelte nun im Stakkato auf dem Tisch.
Durfte er sich einfach an ihren Telefonanbieter wenden?
Brauchte er dazu keinen richterlichen Beschluss? Doch das sollte nicht ihre Sorge sein, sie hatte nichts zu verbergen. Nichts Anstößiges oder Unsittliches auf der Mailbox. Floras Ansagen löschte sie immer gleich.
»Ich habe nicht ewig Zeit!«, schnauzte Kiesling und hielt die Hand auf.
Wie ihre Freundin diesen Typen einmal nett finden konnte!
»Ich muss es erst aus dem Auto holen. Einen Moment, bitte.«
Ohne den Chefinspektor anzuschauen, eilte sie die Treppen hinunter.
Vor dem Geschäft lungerte immer noch die Zivilstreife in spe herum – Frau Rumpolter. Die Lockenwickler-Dame stand neben ihr und zeigte auf Theresa. »Nein, die war’s nicht, ich hab doch schon um 5 in der Früh den Einbruch bemerkt. Vier Stunden vor Ihnen, übrigens. Wissen’s, der Waldi …«, hörte Theresa im Vorbeigehen und war dem Dackel für seine schwache Blase unglaublich dankbar.
Fünf Minuten später drückte sie Kiesling wortlos das Telefon in die Hand. Der öffnete es, holte die Speicherkarte heraus, schrieb sich die Nummer auf und wollte ihr gerade den Apparat zurückgeben, als er stockte. Stirnrunzelnd betrachtete er das Innenleben des Geräts nochmals genauer, dann schien er sich sicher.
»Da ist eine Wanze.«
»Die bevölkern gerade wieder den Kindergarten, aber wie kommen sie in mein Handy?« Theresa stöhnte. Doch schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie eben etwas verwechselt hatte.
Geschockt sah sie Kiesling an.
Sofort nach ihrer Heimkehr rief sie Flora an und erzählte ihr von dem Fund.
»Ich glaub’s nicht!«, sagte ihre Freundin.
»Doch, ehrlich.«
»Das war rhetorisch, Thesi. Natürlich glaube ich dir. Ich mache sofort einen Rundruf. Krisensitzung heute Abend bei dir. Werden wir übrigens gerade jetzt auch abgehört?«
»Nein, Kiesling hat Handy samt Kleingetier mitgenommen.«
»Wie telefonierst du jetzt?«
»Dinosauriermäßig übers Festnetz. Wir sehen uns.«
Theresa ging in den Garten und versuchte, auf der Slackline ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Ein Fuß vor den anderen.
Doch ihre Gedanken kreisten nur um die Wanze. Wer bespitzelt mich? Und wieso?
Abwurf. Noch mal. Theresa versuchte sich zu konzentrieren.
Werde eins mit der Aufgabe. Linker Fuß, rechter Fuß … Natürlich wegen des Bildes! Der Geheimbund. Aber die hatten es doch schon … kontrolliert atmen. Was wollen die von mir? Wer sind die überhaupt? Abwurf.
»Blödes Ding! Taugt überhaupt nichts!«, schrie Theresa. Soll doch Dino damit spielen. Sie ging ins Haus und begann zu zeichnen. Aus ihrem Stift floss ein bedrohliches Gewitter, mittendrin die Regenbogenmaschine. Blitz, Donner, Absturz. Im letzten Moment fuhren Rettungsfallschirme aus. Als Illustratorin konnte sie leicht ein Happy End zaubern. Und im wirklichen Leben?
Theresa dachte angestrengt nach. Wann hatte sie sich mit den Hunden schlafen gelegt und war mit der Wanze aufgewacht? Sie wollte nicht, dass jemand in ihre Welt eindrang! Kein Beobachter, Stalker oder wer auch immer. War ihre Paranoia also doch berechtigt gewesen? Apropos – gab es im Haus Wanzen oder Kameras? Waren die hier gewesen? Panisch stand sie auf und begann, nach verräterischen Spuren Ausschau zu halten.
»Mama, was machst du da?«, fragte Dino und blickte erstaunt von seiner Formel-1-Rennstrecke auf, an der er selbstvergessen gezeichnet hatte.
»Nichts, mein Schatz. Ich suche nur etwas.«
»Kann ich dir helfen?«
»Ich weiß nicht genau, wonach ich suche, aber danke, das Angebot ist lieb von dir. Ich habe eine bessere Idee, gehen wir zum Spielplatz?«
Da würde ein Fremder sofort auffallen. Da war sie in Sicherheit – nur vor wem?
»Also, wer hört Thesi ab?«, fragte Flora. »Du, Leon?«
»Bist du wahnsinnig?«, antwortete er entrüstet. »Ich bin zwar ein bisschen eifersüchtig, aber zu solchen Mitteln würde ich nie greifen. Wobei mich die Technologie durchaus interessiert.«
Theresa, die durch die offene Küchentür alles gehört hatte, kam mit einem Tablett voller Tramezzini ins Wohnzimmer. »Mehr gibt es heute nicht. Krisenfutter. Leon, bitte keine technischen Ausführungen. Und an alle anderen: Leon würde das niemals tun!
Da steckt das Bild dahinter.«
»Ich sag’s ja. Die Illuminaten«, murmelte Flora, bevor sie sich ein Schinken-Tramezzino nahm.
»Flora, bitte!«, seufzte Paul.
»Ich muss sie schon wieder verteidigen, ich habe nämlich eine
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