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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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Anruf. Auf Wiederhören.«
    »Wer war das?«, fragte Boris.
    Paul, der vom Klingeln geweckt worden war, blinzelte mit einem Auge.
    »Ihr werdet es nicht glauben. Einer der Sustermans-Experten, die ich wegen der ›Krönung‹ angeschrieben habe. Domenico Casagrande. Er ist auf dem Weg nach Wien und wollte morgen das Gemälde ansehen.«
    »Tja, zu spät. Aber woher hat er deine neue Nummer?«, fragte Flora.
    »Keine Ahnung.«
    »Wenn ich das aufklären dürfte«, mischte sich Leon ein. »Als Thesis persönlicher Handy-Verantwortlicher habe ich eine Nachricht auf die Mailbox der alten Nummer gesprochen. So bleibst du erreichbar, Schatz.«
    »Irgendwie verfolgt mich das Bild. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das will«, sagte Theresa.
    »Nein, es verfolgt dich nicht. Das war lediglich eine Art Nachbeben. Die Menschen, die du kontaktiert hast, wissen eben nicht, was passiert ist«, versuchte Leon sie zu beruhigen.
    »Jetzt sind wir in Giustos Wahlheimat und hätten noch so viel über ihn herausfinden können«, seufzte Flora. »Wir könnten uns morgen die ganzen Medici-Porträts ansehen.«
    »Nein, die sind erstens, wie du selbst gesagt hast, nicht hübsch, und zweitens möchte ich die ganze Sustermans-Geschichte ausblenden. Ich habe das Bild nicht mehr und werde es auch nicht wieder  bekommen.  Außerdem  gehört  dieser  wunderbare  Kurzurlaub Boris. Ich würde viel lieber morgen die Villa ansehen, die er gekauft hat.« Theresa sah ihr Telefon an und überlegte, wieso sie es überhaupt eingepackt hatte. Alle Menschen, die ihr wichtig waren, saßen hier im Auto oder waren am anderen Ende der Welt und sowieso nicht erreichbar.
    »Gut, dann fahren wir nach dem Frühstück zur Villa und später ziehen wir von einem Café zum anderen und vertreiben uns die Zeit mit philosophischen Gesprächen über Glück, Geld und Religion.« Boris drehte sich kurz zu Theresa um. »Aber nicht über Beziehungen, gut?«
    »Wenn du beim Autofahren endlich wieder nach vorne sehen würdest, verspreche ich dir alles.«
    »Das ist ein Wort! Darauf trinken wir noch einen«, sagte Paul, begann ›Buona Domenica‹ von Antonello Venditti zu summen und wollte aufstehen. »Oh, hier schaukelt’s aber.«
    Flora drückte ihn sanft in den Autositz zurück.
    Arcetri, Mai 1639
    Carissimo et illustrissimo mio amico!
    Teuerster Freund!
    Vielen Dank für Eure schnelle Antwort. Ja, wir werden eine Lösung für die Übermittlung finden. Ich habe mit Monsù Giusto in den letzten Wochen, in den Augenblicken, wo wir unbeobachtet waren, viel darüber geredet. Heute kommt er wieder den unwegsamen Pfad von Florenz herauf, um an dem Gemälde weiterzuarbeiten.
    Ach Florenz! Wie vermisse ich diese wunderbare Stadt. Die Verbannung in mein kleines Landhaus, das nur eine Meile von Florenz entfernt liegt, mit der strengen Auflage, nicht nach der Stadt zu gehen, ist schwer zu ertragen.
    Der Klerus hat noch immer Angst, ich würde sofort wieder lehren und über den Gang der Sonne referieren, sobald ich einen Schritt in die Stadt machte. Dabei würde ich nur durch die belebten Straßen schlendern, alte Freunde begrüßen, die wunderbaren Kirchen, allen voran Santa Croce besuchen oder auf der Piazza Signoria im Materialienladen des Benedetto Castelli ein paar neue Arzneien kaufen, denn einen Arzt wollen sie noch immer nicht zu mir lassen.
    Vor Kurzem hat mich der Großherzog der Toskana wieder hier in der Verbannung besucht. Bedeutet meine Verurteilung doch eine blamable Demütigung für ihn, weil sie seine Ohnmacht der Kirche gegenüber offenbart. Ja, der Klerus hat ihn auf seinen Platz verwiesen und demonstriert, wer der Hüter der einzigen Wahrheit ist. Doch der Großherzog setzt Zeichen, die zeigen sollen, dass er nicht gewillt ist, sich ganz zu unterwerfen. Er versicherte mir, dass mein Gemälde in seiner Sammlung berühmter Männer in den Uffizien nicht weggeschafft werden wird.
    Wenigstens mein Abbild sieht noch die Schönheit von Florenz und der Florentinerinnen. Denn hier, wann sehe ich hier das weibliche Geschlecht noch? Niemals. Meine gute Maddalena, mit ihren fast achtzig Jahren, sieht schon fast aus wie ein Manne.
    Wenn sie alle paar Wochen kommt, um mir das Haus zu säubern, habe ich nicht das Gefühl, eine Frau wäre zu Gast. Aber da sie für uns beide unendlich wichtig ist, werde ich kein böses Wort über sie verlieren.
    Seid achtsam mit Eurer Gesundheit, ich bete wie immer für Euer Wohlergehen, denn wir alten Männer haben noch viel vor!
    In inniger

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