Die Kunstjaegerin
schlechte Mutter, weil sie ihm jetzt den Eintritt in eine Religions-und Glaubensgemeinschaft verwehrte?
»Ach, Paul hat recht, reden wir über etwas anderes«, riss Flora sie aus den Gedanken. Sie bestellte noch ein Glas Champagner und nahm Paul den Kopfhörer ab. »Neues Thema.
Was ist euer größter Wunsch und wie können wir gemeinsam daran arbeiten, ihn zu verwirklichen?« Mit einem Seitenblick auf Boris fuhr sie fort: »Ohne dass man dafür tief in die Tasche greifen muss.«
»Das ist gemein, niemals darf ich …«
»Mais oui, natürlich darfst du! Du darfst mir den nächsten Drink spendieren«, lallte Paul und hob sein leeres Glas in die Höhe. »Das ist mein größter Wunsch zurzeit.« Er deutete nach vorne. »Habt ihr den Kapitän gesehen? Der hat die Kontrolle über mein Leben und ist noch keine 25.«
Leon rechnete nach. »Schule, Ausbildung, die Anfangszeit als Co-Pilot – ja, da könnte man in dem Alter schon fliegen.«
»Mon dieu! Ein junger Bub! Mit 25 war ich noch in meiner Sturm-und-Drang-Zeit … und …« Paul überlegte.
»Niemals nüchtern? Bist du jetzt auch nicht«, sagte Flora und klopfte ihm auf die Schulter. »Keine Angst, falls die Zwei im Cockpit betrunken sind, gibt es noch immer den Autopiloten.« Sie tätschelte weiter.
»Flora!« Theresa sah sie vorwurfsvoll. »Bitte, mach keine Witze!
Wir müssen ihm gut zureden. Und versuchen, ihn zu beruhigen.«
So hatte sie ihren überkorrekten Freund noch nie erlebt.
»Schau Paul, was gäbe es Schöneres, als mit mir gemeinsam zu sterben?«, lachte Flora und nahm einen Schluck von seinem Whisky.
Na ja, sie versuchte es wenigstens, dachte Theresa, und kuschelte sich an Dino.
In der Ankunftshalle wurden sie von einer kleinen, quirligen Italienerin begrüßt.
»Das ist Adriana Noni«, stellte Boris die Frau vor. »Sie ist meine Assistentin bei allen Angelegenheiten in Italien.« Er gab ihr die Hand und hielt sie etwas länger als notwendig. Theresa registrierte es sofort, zwinkerte Flora zu und beschloss wachsam zu sein.
»Ich habe sie gebeten, uns heute abzuholen, damit Dino sie kennenlernt. Morgen Abend, wenn wir auf der Gala sind, wird sie auf ihn aufpassen.«
Adriana überreichte Dino ein großes Känguru, dessen Beutel mit Süßigkeiten gefüllt war. »Ciao bello. Weißt du was? Wir werden einen Italienischkurs machen. Das hier sind ›dolci‹. Und nun gehen wir zur ›macchina‹,« sagte sie in nahezu akzentfreiem Deutsch.
Sie nahm Dino an der Hand und die anderen folgten ihnen zum Ausgang, wo ein geräumiger Van stand.
Als sie sich von Adriana verabschiedet und ihre Plätze eingenommen hatten, programmierte Boris das Navigationsgerät und fuhr los. »Ich habe ein besonderes Hotel ausgesucht. Wenn wir schon in einer Stadt mit Geschichte sind, und uns diese Geschichte in letzter Zeit so beschäftigt hat, sollten wir auch in einem richtigen Palazzo wohnen. Ich hab das Hotel Lorenzo de’ Medici ausgewählt.«
»Toller Name, ich bin gespannt.« Flora holte ihre Kamera aus der Tasche und begann aus dem fahrenden Auto zu fotografieren.
»Ich wette, da finde ich einiges, was ich für meine Ausstellung verwenden kann.«
»Und ob, für dich ist das Hotel besonders interessant! Es hat im 19. Jahrhundert den Fratelli Alinari gehört.«
»Wirklich? Hoffentlich hängen noch ein paar Bilder dort«, rief Flora begeistert.
»Da muss ich gleich wieder an eure Verschwörungstheorien denken. Wer waren die Fratelli Alinari?«, fragte Leon neugierig und versuchte Paul wegzudrücken. Dessen Kopf lag schwer auf seiner Schulter, während er selig vor sich hin schlummerte.
»Die Brüder sind so etwas wie die Begründer der modernen Fotografie«, antwortete Flora und machte eine Aufnahme vom schlafenden Paul. »Oh, damit werde ich ihn wunderbar erpressen können.«
Sie beugte sich vor und drückte Boris einen Kuss auf die Wange.
»Danke, dass du dieses Hotel ausgewählt hast, du denkst wirklich immer an andere. Dafür werden wir morgen Abend nur für dich da sein.«
»Das ist lieb von dir. Das Lorenzo de’ Medici hat aber noch einen anderen Vorteil: Es ist nicht weit vom Palazzo Pitti entfernt, wo die Gala stattfindet. Ich …«
Boris wurde durch das Klingeln von Theresas Handy unterbrochen. Sie nahm ab und lauschte ihrem Gesprächspartner.
Sie schaute ungläubig in die Runde und sagte nach kurzer Zeit: »Es tut mir leid, ich bin eben Florenz gelandet und muss Ihnen sagen, dass das Bild gestohlen wurde.
Ja, leider … Aber danke für den
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