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Die Kunstjaegerin

Die Kunstjaegerin

Titel: Die Kunstjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elis Fischer
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alt gewesen, als Sustermans das Porträt von ihm gemalt hatte. Der Briefwechsel und der Versand der Bibel an Baldinucci mussten also kurz vor seinem Tod stattgefunden haben. Und was hätte jemand getan, der das geistige Schaffen eines Mannes zwar hoch schätzte, aber nicht Gefahr laufen wollte, in die Fänge der Inquisition zu geraten? Er hätte es zurückgegeben – zurück an Galileo.
    »Gut, wir sehen nach.«
    Fast euphorisch begann Casagrande, Theresas Fesseln aufzuschneiden. Als sie spürte, wie das Blut wieder in ihre Fingerspitzen strömte, atmete sie auf. War sie jetzt in seinen Augen eine Komplizin, weil sie ihn auf diese Spur gebracht hatte? Umso besser, damit gewann sie Zeit.
    Casagrande zog Dino vom Sofa hoch und schob ihn zu Theresa.
    »Sag ihm, er soll ruhig sein und uns folgen, dann passiert ihm nichts.«
    Theresa ergriff Dino an den Oberarmen, hockte sich zu ihm und versuchte so gelassen wie möglich zu wirken. Ihre Nervosität würde sofort auf ihn überspringen. Doch inzwischen hatte der Betablocker seine Wirkung getan und die Aussicht, hier rauszukommen, beruhigte sie. »Du hast verstanden?«, sagte sie leise und eindringlich. »Wir sind auf Schatzsuche und machen genau das, was der Herr sagt.«
    »Okay«, antwortete Dino noch etwas verschlafen und nahm die Hand seiner Mutter. Die Wärme seiner Finger schmerzte sie, verlieh ihr aber auch Kraft. Was sollten sie jetzt tun? Am besten das, was Casagrande verlangte. Der Weg zu Santa Croce war weit, da konnte viel geschehen. Sie musste weiter daran arbeiten, dass er ihr vertraute – und nicht zu früh einen Fluchtversuch starten.
    Casagrande schob sie aus dem Raum und deutete ihnen, bis zum Ende des Flurs zu gehen. In diesem Moment hörten sie die Polizeisirenen.
    »Ma, che cazzo!« Casagrande stürmte zurück, um aus dem Fenster zu sehen.
    Theresa hatte eine Zehntelsekunde Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Sie packte Dino und rannte den Gang entlang. Als sie Casagrande hinter sich schreien hörte, lief sie in das nächste Zimmer und versperrte die Tür. Schnaufend blickte sie sich um – Sackgasse! Sie hastete zum Fenster und öffnete es. Zweiter Stock!
    In einiger Entfernung war am Wandvorsprung ein dickes Seil für ein Transparent zum gegenüberliegenden Balkon gespannt. Ein Gedanke blitzte auf.
    Casagrande hämmerte von draußen gegen die Tür. Theresa hoffte, dass das Schloss zu massiv war, um es mit einem Schuss zu zerstören. In diesem Moment entdeckte sie einen weiteren kleinen Eingang an der Seite, der sich nicht verschließen ließ. Keuchend schob sie gemeinsam mit Dino einen Tisch und einen kleinen Schrank davor. Wenn er sich in diesen Räumen auskannte, und das nahm sie an, wäre er bald hier. Ihre Barrikade würde Casagrande höchstens fünf Minuten aufhalten. Es half nichts, sie mussten hinaus.
    Der starke Wind hatte sich gelegt, sodass das Seil wenigstens nicht schwankte. Der kleine Balkon auf der anderen Seite war aus massivem Stein, hinter seiner Balustrade waren sie vor Schüssen geschützt – wenn sie es bis dorthin schaffen würden.
    »Dino, mein Schatz, bist du schon ganz wach?«
    Er nickte und lächelte sie an. Ihr Herz krampfte sich zusammen.
    Dieses Vertrauen in seinen Augen. Er würde alles tun, was sie sagte. Theresa wusste, dass er diesen Balanceakt unter normalen Umständen schaffen würde. Aber jetzt? Sie hoffte, dass das Valium schon so weit abgebaut war, dass es seiner Konzentration nicht mehr schadete. Aber er schien hellwach zu sein.
    »Erinnerst du dich an die Übungen auf der Slackline? Genau das machen wir jetzt! Vorsichtig!«
    Wieder nickte er.
    Würde sie ihn in den Tod schicken? Doch es gab keinen anderen Ausweg. Sie hatte die Wahl zwischen dem Seil oder einem zerschossenen Kopf.
    Sie bemerkte ihre zitternde Hand und stöhnte leise. Dann stieg sie auf den Fenstersims, zog Dino nach und drückte ihn fest an sich.
    Sie küsste ihn auf die Wange. »Wir müssen da hinüber. Du kannst das.«
    »Ich weiß. Wenn du da bist, habe ich keine Angst. Du hast mir versprochen, dass mir nichts passieren wird«, erwiderte Dino und machte vertrauensvoll den ersten Schritt auf das Seil.
    Tränen schossen in Theresas Augen. Was war sie nur für eine Lügnerin! Sie hatte versagt, sie hätte ihn beschützen müssen. Es war ihre Schuld, dass er in dieser Situation steckte! Verstohlen wischte sie sich über die Augen, um ihren Sohn nicht zu verunsichern.
    Langsam setzte Dino einen Fuß vor den anderen – tapfer, unerschrocken. Seine

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