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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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gelernt – bei der besten Lehrmeisterin der Welt, bei ihrer Mutter. Sie spürte plötzlich die Falle. Warum sollte eine Gräfin so freundlich mit einer Hure umgehen, auch wenn ihre Vergangenheit selbst sehr zweifelhaft war? Im Gegenteil, in diesem Fall gab es sogar noch mehr, was dagegen sprach. Sacht zog sie ihre Hand zurück, ließ sich aber nichts anmerken.
    »Was kann ich für Agostino tun?«, fragte Imperia einsichtsvoll.
    »Ihr müsst aus seinem Leben gehen.«
    »Aus seinem Leben gehen? Gut. Und was tut Agostino für mich?«
    »Verlangt, was Ihr wollt. Er ist großzügig. Einen Palazzo. Eine lebenslange Rente. Was immer Ihr wollt.«
    »Was ich will?«
    Die Gräfin nickte. Imperias Gesicht nahm einen harten Ausdruck an. In ihr reifte ein Entschluss, der ihr immer besser gefiel, je länger sie darüber nachdachte. Damit wäre allen geholfen.
    »Ich werde Agostino niemals wiedersehen«, sagte sie tonlos und sachlich. »Ich schwöre es. Ihr werdet einen unwiderlegbaren und unbezweifelbaren Beweis dafür erhalten. Dafür wird Agostino meine Tochter Lucrezia rechtmäßig adoptieren. Und er wird ihr einen standesgemäßen Mann geben, mit dem auch Lucrezia einverstanden ist. Zwanzigtausend Dukaten werden für meine Tochter beim Bankhaus der Fugger hinterlegt. Treuhänder in allen Angelegenheiten ist Messèr Donato Bramante, Baumeister zu Rom. Der Handel gilt, wenn meine Bedingungen erfüllt sind.«
    Die Gräfin musterte sie eine Weile erstaunt und stimmte dann zu. Imperia kam es so vor, als ob Lucrezia d’Este die Dimension des Handels erahnte. Diese gab ihr zum Abschied einen Kuss auf die Wange und flüsterte ihr ins Ohr: »Ich bewundere Euch, es ist wirklich das Beste. Alles wird so geschehen, wie Ihr es wollt. Auf mein Wort als Mutter!«
    Eine Woche später wurden im Bankhaus der Fugger in Rom zwanzigtausend Golddukaten für Lucrezia, Tochter der Imperia, deponiert. Kurz darauf bezeugte und beurkundete der Papst höchstpersönlich die Adoption der Lucrezia durch Agostino Chigi. Ausgenommen von der Adoption blieb die Verfügungsgewalt über das Eigentum der Lucrezia, und ausdrücklich wurde ihr zugestanden, dass eine eventuelle Verheiratung durch ihren Adoptivvater von ihrer Zustimmung abhängig war. Vorerst wohnte sie weiter bei Bramante.
    Einige Tage später stand Imperia in der Loggia und blickte auf die Dompfaffen und Zeisige, die sich in dem Springbrunnen tummelten, den sie so sehr liebte. Die Nachmittagssonne tauchte den Garten in ein goldenes Licht. Kein Lüftchen bewegte sich, und es duftete nach trockenem Gras. Sie nahm einen großen Schluck aus dem Glas mit Rotwein, das sie in der rechten Hand hielt, die linke stützte sie auf die Balustrade. Eine tiefe Gelassenheit lag in ihren Augen. Ihr ganzes Gesicht drückte fast so etwas wie Zufriedenheit mit ihrem letzten Geschäft aus. Sie kannte ihren Ruf als die göttliche Hetäre, als die am meisten umworbene und die teuerste Kurtisane von Rom. Das sollte ihr niemand mehr nehmen können.
    Mitten in der Nacht hörte Bramante, wie jemand heftig an die Tür seines Hauses pochte. Er legte die Bibel beiseite. Beim Abendessen hatte er versucht, mit Lucrezia zu sprechen, doch sie war für seine vernünftigen Argumente nicht zugänglich gewesen. Er war immer noch schlecht gelaunt wegen dieses Streits und sprang aus dem Bett. Mit einem unwirschen Knurren warf er sich einen Mantel über. Auf der Treppe stieß er mit Ascanio zusammen, der sein Schwert in den Händen hielt. Im Vestibül stand Imperias Kammerdiener. Er war völlig außer Atem und wirkte erschüttert.
    »Was ist passiert?«, fragte Bramante. Sein Herz zog sich vor Angst zusammen.
    »Kommt, kommt schnell, Madonna Imperia liegt im Sterben!«
    Die Nachricht traf Bramante wie ein Beil. Nach einer Schrecksekunde packte er den Boten an der Schulter und rüttelte ihn kräftig. »Wie, im Sterben? Sag endlich, was geschehen ist, du Schuft!«
    »Messèr, sie hat Gift getrunken, Messèr Donato!«
    »Gift? Bist du sicher, dass sie nicht vergiftet worden ist, sondern Gift getrunken hat?«
    »Vollkommen!«
    »Aber warum? Warum ist sie nicht zu mir gekommen? War sie denn nicht glücklich?« Er blickte zu Ascanio und rief ihm zu. »Wecke Lucrezia, rasch! Und dann komm mit ihr zu Chigis Palazzo!« Dann stürmte er aus dem Haus.
    Böiger Wind kam auf. Als Bramante durch die Straßen eilte, pfiff er heulend um die Giebel der Häuser. Tiefschwarze Wolken ballten sich in atemberaubender Geschwindigkeit über der Ewigen Stadt

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