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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Gespräch das Vermächtnis seines Vaters kannte: Führe die Medici wieder nach Florenz zurück und mache sie wieder zu den Herren der Stadt. Denn die Medici konnten nicht ohne Florenz und Florenz konnte nicht ohne die Medici sein. Das hatte der Niedergang der Stadt unter Savonarola und dem Galfoniere Piero Soderini gezeigt. Es gab nur einen Weg zur Erfüllung des Vermächtnisses, und der führte über die Cathedra Petri. Darüber dachte Giovanni nach, als er mit den anderen Kardinälen dem sterbenden Pontifex das Geleit gab.
    Kurz nach Mitternacht hauchte Julius seine Seele aus. Klein und zerbrechlich wirkte der Mann, der allen immer als ein Hüne erschienen war. Am anderen Morgen bahrte man seine Leiche in der kalten und zugigen Petersbasilika auf, an einer Stelle, wo es nicht hineinregnete. Das Volk drängte sich in die Basilika und zog gesenkten Hauptes und mit Tränen in den Augen an Giuliano della Rovere vorbei, der in ihren Augen ein großer Papst und ein großer Herrscher gewesen war.
    Nach der Totenwache nahm Giovanni de Medici den Erzpriester des Petersdomes, Kardinal Catalano, zur Seite. »Für wen werdet Ihr im Konklave stimmen?«
    »Das werdet Ihr im Konklave sehen!«
    Giovanni de Medici lächelte und wiegte den Kopf. »Für unseren lieben Bruder Alessandro Farnese werdet Ihr stimmen. Und er hat es mit Sicherheit verdient, vortrefflich, wie er ist. Allerdings wünschen die jüngeren Kardinäle, dass ich auf unseren teuren Julius folge. Ein Wunsch, dem ich mich aus christlicher Nächstenliebe nur schwer entziehen kann. Und wie die jungen, fühlen auch ein paar ältere Brüder dieses Verlangen. Ihr solltet Euch dieser Klugheit nicht verschließen.«
    Der Dominikaner sah den Medici erstaunt an. »Warum sollte ich Euch wählen?«
    »Weil Ihr damit die Schuld sühnen könnt, die Ihr am Ableben des Grafen Giovanni Pico della Mirandola tragt. Ihr müsst wissen, der Princeps Concordiae war einer meiner Lehrer, den ich verehrt und sehr geliebt habe.«
    Fassungslos starrte der Erzpriester den Kardinal an, aber der sprach ungerührt weiter. »Glaubt mir, ich würde es nicht glauben und Euch selbst verteidigen gegen jedermann, wenn nicht stichhaltige Beweise mir das Ausmaß Eurer Sündhaftigkeit und Fehlbarkeit vor Augen geführt hätten.«
    Giacomo musterte den Medici, dann dachte er lange nach. Schließlich presste er hervor: »Wenn Ihr Frà Giocondo zum verantwortlichen Architekten von Sankt Peter macht, werde ich Euch wählen.«
    »Nach Donatos Tod.«
    »Selbstverständlich nach dem Tod Bramantes!«
    Geschickt hatte der Sohn Lorenzos des Prächtigen die Forderung des Erzpriesters in eine offene Wette verwandelt. Frà Giocondo war mindestens so alt wie Bramante. Niemand wusste, wer von den beiden zuerst das Zeitliche segnen würde.
    Als Lucrezia in Begleitung von Antonio auf dem Petersplatz ankam, hatte sich dort bereits eine unüberschaubare Menschenmenge eingefunden, in der sie darauf achten mussten, nicht totgetreten zu werden.
    Zur gleichen Zeit nahm Ascanio Abschied von Bramante. Es gab für den Leibwächter nichts mehr zu tun, und es drängte ihn zu neuen Abenteuern hinaus in die Welt, bevor er träge und alt würde. Zudem hatte er mit Erschrecken festgestellt, dass seine Liebe zu Lucrezia von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, von Monat zu Monat größer wurde. Er fürchtete sich davor, etwas Unbedachtes zu tun, und zog lieber in die Ferne. Ascanio hatte diesen Augenblick gewählt, weil Lucrezia außer Haus war und er nicht wusste, ob er es über das Herz brächte, ihr Lebewohl zu sagen. Die beiden Männer, die so viele Gefahren miteinander überstanden hatten, umarmten sich herzlich und nahmen Abschied voneinander, wohl für immer, wie sie dünkte.
    Lucrezia und Antonio hatten gerade einen guten Platz gefunden, als Kardinal Alessandro Farnese mit undurchsichtigem Gesicht verkündete, dass sie einen neuen Papst hätten, den hoch zu verehrenden Kardinal Giovanni de Medici, der sich Leo X. nannte. Das Volk jubelte, denn Giovanni de Medici war wegen seiner Freigebigkeit und seines heiteren Wesens allseits beliebt. Schon auf dem Rückweg zu Bramantes Palazzo hörten sie ein Epigramm, das wie ein Lauffeuer Verbreitung fand: »Einst hatte Venus geherrscht, dann kam an die Reihe der Kriegsgott. Nun beginnt der Tag, hehre Minerva, für dich.« Damit spielte der Dichter auf die Amouren des Borgia-Papstes Alexanders VI. an und auf die Feldzüge des kriegerischen Papstes Julius II. Von dem Pontifikat Leos X. erwarteten

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