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Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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weltumspannendes Unternehmen nahm sich das Kontor geradezu klein, überraschend sachlich und schlicht aus. An den Wänden standen Regale mit Kontorbüchern. Weiter gab es Stehpulte für die drei Schreiber, die Chigi beschäftigte, den Armlehnstuhl für ihn selbst sowie vier Holzschemel für Besucher.
    Chigi wollte dem Papst die Füße küssen, wie es der Brauch war, doch Julius II. winkte ab.
    »Setz dich, und hör zu!«, befahl er kurz angebunden. Kaum hatte sich der Bankier auf einem Holzschemel niedergelassen, hob der Papst zu einer Rede an. Was er kühn mit Worten malte, verjüngte ihn, weil es das Feuer in seinen Augen entfachte. Chigi staunte, welche Jugendlichkeit und Leidenschaft Julius II. ausstrahlte. Sein ganzes Leben hatte dieser in Erwartung dieses Amtes verbracht. Nie hatte er daran gezweifelt, dass sein Haupt eines Tages die Tiara krönen würde. Selbst in den bitteren Stunden, als ihn Rodrigo Borgia und Ascanio Sforza ausmanövrierten, Rodrigo als Alexander VI. die Cathedra Petri bestieg und er lange Jahre das harte Brot des Exils essen musste, hatte ihn der Glaube an die Mission der della Rovere nicht verlassen. Und nun, wo er es endlich erreicht hatte, war er ein alter Mann. Was er sich vorgenommen hatte, würde er nun nicht mehr alles verwirklichen können. Obwohl ihn alle Welt als Krieger sah, wünschte er sich nichts sehnlicher als den Frieden.
    »Aber es muss Gottes Frieden sein, sonst taugt er nichts, sonst ist es keiner. Seit Jahr und Tag fallen die Venezianer in den Kirchenstaat ein und rauben Uns Stadt um Stadt. Wenn Wir einen Friedensvertrag mit ihnen schließen, werden sie das für Schwäche halten und nur umso rücksichtsloser in Unsere Lande einfallen. Allein Gottes Frieden hat Bestand. Deshalb müssen Wir den Kirchenstaat wiederherstellen, unbotmäßige Vasallen empfindlich an ihre Lehenspflicht erinnern und dem Kaiser, dem französischen und dem englischen König ins Gedächtnis rufen, dass sie Diener Christi sind, also auch Diener des Stellvertreters Christi, denn sie haben ihre Herrschaft von Gott, also auch durch und von Uns. Sie zu einen, um sie nach Jerusalem zu führen, wird die zweite wichtige Aufgabe sein.
    Ein neuer Kreuzzug ist vonnöten. Wenn Europa befriedet und das Heilige Land befreit sein wird, wenn also Gottes Frieden auf Erden herrscht, dann wird Rom zum zweiten Jerusalem werden, als Stadt des Heils. Und dieses Heil muss den Menschen in die Augen springen. Diese hochheilige Stadt soll das Herz und den Geist der Menschen bilden durch die Werke der Architektur und der Kunst, nämlich durch Gottes Verherrlichung, die sie mit den Sinnen wahrnehmen werden. Erschüttert, gereinigt und geläutert, wenn sie nach Rom pilgern. Die Mitte von Christi Reich aber, ihr spirituelles Zentrum und zugleich den Fels der Macht bildet die Kirche von Sankt Peter. Von Christus über Petrus haben Wir die Aufgabe erhalten, Gottes Statthalter auf Erden zu sein. Das muss und soll die Peterskirche verkünden als geistlicher und herrschaftlicher Mittelpunkt des neuen Reiches. Und weil Unsere Jahre für all das nicht ausreichen werden, wird Unser Neffe Galeotto Unser Werk fortsetzen.«
    Der Papst legte eine kurze Pause ein und ließ seine Worte auf den Bankier wirken. Galeotto della Rovere war von seinem Onkel erst kürzlich zum Kardinal kreiert worden. Chigi ahnte, worauf das zielte, zumindest, was seine Rolle in dem Ganzen sein würde.
    »Deshalb wird das Grabmal Unseres Onkels und Unser eigenes, das der junge Bildhauer begonnen hat, zum Garant für den Triumph der Kirche. Und genau deshalb soll es auch in der Mitte der Kirche stehen. Dafür muss Platz geschaffen, dafür muss sie ausgebaut werden. Anschließend werden Wir auch die Basilika instand setzen lassen. Nur, mein lieber Sohn, Borgia hat ein Loch in den Kassen hinterlassen. Für all das brauche ich Geld!«
    »Ihr wisst, dass meine Bank Euch immer zur Verfügung steht!«, sagte Chigi mit einem leichten Nicken.
    Julius II. lächelte hintersinnig und erhob sich. Auch der Bankier wollte aufstehen, aber der Papst legte ihm seine rechte Hand auf die Schulter.
    »Wir wollen mehr, Agostino. Deshalb sind Wir zu dir gekommen. Im Vatikan haben die Wände Ohren. Was Wir dir jetzt sagen, soll niemand außer uns beiden je erfahren. Du wirst Unsere Finanzen überwachen. Schick einen Kommissar, dem du vertraust und den Wir als Mönch tarnen, in die apostolische Kämmerei, damit er ein Auge auf die Verwaltung hat. Priester können nicht mit Geld umgehen.

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